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Mordprozess: „Eigentlich tut es mir leid“

pn; 24. May 2016, 17:17 Uhr
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Mordprozess: „Eigentlich tut es mir leid“

pn; 24. May 2016, 17:17 Uhr
Köln/Wipperfürth – Im Prozess um den Taximord im vergangenen Jahr in Wipperfürth gibt der Angeklagte die Tat zu, zeigt sich dabei aber meist eher verwirrt und wenig reuig.

Von Peter Notbohm

Nachdem Andreas K. (Name geändert) am ersten Prozesstag noch geschwiegen hatte, ließ sich der 23-Jährige am Dienstag ausführlich zu seiner Tat im vergangenen Jahr ein, wonach er einen 63-jährigen Taxifahrer mit 20 Stichen erstochen haben soll. Das Verbrechen gab er zwar unumwunden zu, die Frage nach dem Warum interessierte dabei aber nicht nur das Gericht und den Staatsanwalt. Denn erneut fand der Prozess auch unter regem Zuschauerinteresse statt. Eine Antwort sollten allerdings weder Justiz, noch Angehörige wirklich bekommen. Zu verwirrt wirkten, beziehungsweise einsilbig waren die Antworten, die der Angeklagte von sich gab. Zwar bohrte der Vorsitzende Richter Peter Koerfers immer wieder intensiv nach und bestand darauf, dass der Beschuldigte sich präziser äußern solle, dies allerdings eher selten mit echtem Erfolg.

„Wenn ich wüsste, warum ich das getan habe, wäre ich ein Stückchen weiter“, antwortete der in einer Essener LVR-Klinik Untergebrachte. Zuvor hatte er zugegeben, dass sich alles in etwa so abgespielt habe, wie es Staatsanwalt Wolfgang Heß in seiner Anklageschrift verlesen hatte. Zunächst habe er den Tag in einem Fitnessstudio begonnen, danach über den Tag verteilt sieben Liter Bier konsumiert, ehe der Arbeitslosengeld II-Empfänger am Abend beschloss, mit einem Taxi von Much nach Wipperfürth in seine Heimat fahren zu wollen, um dort noch Drogen zu erstehen. Den Einwurf, dass er dorthin gefahren sei, um sich umzubringen, ließ der Richter nicht gelten, sondern pochte auf die während der Untersuchungshaft getätigten Aussagen des Angeklagten, wonach es wohl eher nur um die Drogen gegangen sei.

Die Tatsache, dass er weder Geld dabei gehabt habe, noch etwas auf seinem Konto war, sei ihm zwar bewusst gewesen, dennoch glaubte er, sich die Betäubungsmittel organisieren zu können. Nachdem er die Taxifahrt über 89,90 Euro nicht zahlen konnte, sei es zunächst noch zu Vermittlungsversuchen, auch mit einem anderen Taxifahrer, gekommen. Sogar einen Schuldschein habe er dem späteren Opfer ausstellen wollen. Umso unbegreiflicher wirkt die anschließende, völlige unvorhersehbare und brutale Tat.

„Wir haben normal geredet, dann habe ich das Messer gezogen und auf ihn eingestochen. Er hat nur ‚Ach Gott‘ und ‚Hilfe‘ gerufen“, erzählte der 23-Jährige völlig emotionslos weiter, während ihm gegenüber die Angehörigen ob der seelenlosen Schilderungen teilweise in Tränen ausbrachen. Weder habe er sich über den Taxifahrer geärgert, noch Angst vor der Polizei gehabt. Beim ersten Messerstich habe er sich wie die berühmte Horrorfigur Michael Myers gefühlt, diesen aber nicht kopieren wollen. „Das wäre ja total schwachsinnig“, wurden seine Erklärungen immer abstruser.

Nach der Tat sei er über sich selbst erschrocken, anschließend weggerannt, habe die Nacht in der Garage seiner Oma verbracht, ehe er am nächsten Tag festgenommen wurde. Auf die direkte Frage von Staatsanwalt Heß, ob ihm die Tat im Nachhinein leid täte, antwortete er lediglich: „Eigentlich schon.“ Auf die Entgegnung „Eigentlich?“ stammelt er nur noch: „Es tut mir leid, aber ich kann es auch nicht mehr gut machen.“

Der Prozess wird am Mittwoch, den 24. Mai fortgesetzt.

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