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Wenn Milch zur Ramsch-Ware wird

bv; 23. May 2016, 15:15 Uhr
Bild: Bernd Vorländer --- Andrea und Bernd Müller (re.) machen sich große Sorgen um die Existenz ihres Bauernhofes, Landwirtschafts-Präsident Bernhard Conzen sieht den Handel in der Pflicht, faire Preise zu zahlen.
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Wenn Milch zur Ramsch-Ware wird

bv; 23. May 2016, 15:15 Uhr
Oberberg – Bauern sehen ihre Lage aufgrund des Preisverfalls als existenzgefährdend an – Auch im Oberbergischen könnte ein Höfesterben drohen.
Von Bernd Vorländer


„Wenn wir unseren Sohn nicht hätten, wäre morgen am Tag Schluss.“ Bernd Müller ist geladen. Gemeinsam mit seiner Frau Andrea und Sohn Philipp betreibt der 49-Jährige einen Bauernhof in Engelskirchen-Wallefeld. Noch vor Jahren hat er nach einer Familien-Konferenz ordentlich investiert in seinen Betrieb, als der Sohn bekundete, den Bauernhof in der nächsten Generation weiterführen zu wollen. 180 Milchkühe, 160 Hektar landwirtschaftliche Nutzfläche und 40 Hektar Wald gehören zu dem Betrieb, der jeden Tag 4.000 Liter Milch an die Genossenschaft weitergibt. Doch die Milch ist nichts mehr wert, der Preis kennt nur noch eine Richtung – steil nach unten. Gerade mal 22 bis 24 Cent pro Liter Milch werden vom Handel noch akzeptiert, für Bernd Müller sind aber mindestens 30 Cent pro Liter notwendig, um halbwegs kostendeckend zu arbeiten. Insofern lebt er derzeit von der Substanz und sein Sohn Philipp hofft inständig“, dass es einfach irgendwann wieder aufwärts geht“.


Kreislandwirt Helmut Dresbach und auch der Präsident des Rheinischen Landwirtschafts-Verbandes, Bernhard Conzen, kennen eine Vielzahl von Beispielen, die der Situation von Bernd Müller gleichen. Beide war auf den Müller-Hof geeilt, um auf die „dramatische Lage“ der Milchbauern und den „beispiellosen Sinkflug“ des Milchpreises aufmerksam zu machen. Conzen sah Handel und Politik in der Verantwortung, einem Strukturbruch in der Milchviehhaltung entgegenzutreten. Die Konzentration auf lediglich nur noch wenige große Handelsketten sorge dafür, dass der Preis immer stärker diktiert werde und die Fairness gegenüber den Erzeugern auf der Strecke bleibe. Wenn in deutschen Nachbarländern Händler zugesagt hätten, Preise für Milch nicht weiter zu senken, "sind auch Aldi, Lidl & Co gefordert, endlich Verantwortung gegenüber deutschen Milchbauern zu zeigen“, so Conzen.   

Helmut Dresbach betonte, dass die oberbergischen Milchbauern keine Chance hätten, sich im Bereich der Landwirtschaft umzuorientieren. „Das Bergische ist Milchland. Hier kann man nichts anderes machen, das geben Boden und Klima nicht her“, war Dresbach überzeugt. 280 Milchviehbetriebe gibt es noch in der Region. Der Landwirtschaftsverband befürchtet landesweit ein Höfesterben von bis zu 30 Prozent. Das würde bedeuten, dass auch in Oberberg bis zu 80 Betriebe auf kurz oder lang ihre Stalltüren endgültig schließen würden.
  
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