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Schüler brennen für Poetry Slam

ze; 3. May 2016, 14:44 Uhr
Bilder: Fenja Jansen/ Alexander Nusch (Text) --- (v. li.) Die „Slammer“ Jessica Richter, Elena Paffen, Luzi Hochhardt, Emine Kahraman und Murat Özmen mit Lehrerin Christina Mühlig (re.).
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Schüler brennen für Poetry Slam

ze; 3. May 2016, 14:44 Uhr
Marienheide – Mit Herz und Seele legen sich die Schüler des Poetry-Slam-Kurses an der Gesamtschule Marienheide für ihre Kunst ins Zeug – Dichterwettstreit am 28. Mai.
Von Zita Engelberth

„Ich wäre fast gestorben, es war schrecklich“, erinnert sich Christina Mühlig an ihren ersten Auftritt bei einer Poetry-Slam-Veranstaltung. Nun sieht die Deutschlehrerin, die an der Gesamtschule Marienheide einen Poetry-Slam-Kurs leitet, die Nervosität ihrer Schüler vor einem Auftritt mit anderen Augen - Zumal die vorgetragenen Texte selbst verfasst sind und viel Persönliches wiedergeben. „90 Prozent der Kursteilnehmer sagen am Anfang, sie würden sich nicht trauen, etwas vorzutragen“, sagt Mühlig und gesteht, dass es ihr ebenso ging. Nach ihrem Debüt bei einem Dichterwettsreit befindet sie sich nun mehr auf Augenhöhe mit den Teilnehmern ihres Kurses und weiß, was sie von ihnen verlangt.

Als die Lehrerin vor drei Jahren an die Gesamtschule Marienheide kam, bemerkte sie schnell, dass das Angebot für Sport, Musik oder Naturwissenschaften gut ausgebaut war, vermisste aber einen literarischen Bereich, in dem sich die Schüler ausleben können. Ein Jahr später startete sie den Poetry-Slam-Kurs, der in der Q1 als Projektkurs angeboten wird. Der Rat „Vergesst erstmal alles, was ihr im Deutschunterricht gelernt habt“, den sie ihren Kursteilnehmern zu Beginn gibt, scheint zunächst verwunderlich, schafft jedoch Freiraum, die eigene Kreativität zu entfalten. „Es ist viel mehr und viel spannender als nur Gedichte zu schreiben“, erklärt Schülerin Emine Kahraman ihre Begeisterung für den Kurs. Außerdem habe man die Chance zu zeigen, womit man sich beschäftigt, ergänzt Elena Paffen. Denn alle dieser Schüler verbindet das eine: Die Liebe zum Schreiben, die sie im Poetry Slam auf außergewöhnliche Weise erfahren und ausleben können.



Die moderne Form des Dichterwettstreits stammt aus den USA und findet seit einigen Jahren in Deutschland seinen zweitgrößten Schauplatz. Die einzigen Regeln liegen in einer zeitlichen Begrenzung von meist fünf bis sechs Minuten, dem Verbot der Benutzung von Requisiten und der Vorgabe, dass die Texte selbst verfasst sein müssen. Als freie Kunstform gilt der Poetry Slam auch wegen seines uneingeschränkten Themenfelds, dessen sich die Slammer bedienen dürfen. Ob ernst oder lustig, in Reimen oder ungereimt, findet der Dichterwettstreit in allen Altersklassen Anhänger. Das Urteil, wer bei einem Wettbewerb in die nächste Runde kommt, fällt das Publikum. Die Dichter aus Marienheide stellten sich solch einer Publikums-Jury schon beim Festival der Künste der Theodor-Heuss-Akademie, auf Veranstaltungen in Reichshof-Eckenhagen, Essen, Aachen, Wermelskirchen, Bonn oder Gütersloh.

Auch durch Eigeninitiative treiben die 18 bis 19 Jahre alten Slammer ihre Leidenschaft voran, es „entwickelt sich ein Fieber“ beschreibt Lehrerin Mühlig die Entwicklung in der Gruppe. Bei der Entfaltung der „eigenen Stimme“ lernten manche Schüler sogar ganz neue Seiten an sich kennen. Sein fröhliches Wesen schlage auf dem Papier in ernste Schriften um, erklärt zum Beispiel Murat Özmen. „Der Kleine versteht nicht, doch er fragt nicht, die Schreie in seinem Kopf sind laut genug“, dichtete er beispielsweise über einen kleinen Jungen auf der Flucht. Für alle Teilnehmer ist das Schreiben auch zu einem Ventil für Wahrnehmungen und Gefühle geworden. „Als ich im Internet Berichte über eine Journalistin las, die ein Flüchtlingskind an der ungarischen Grenze trat, war ich so wütend – ich musste einfach schreiben“, erklärt Murat. Die Slammer kann man am Samstag, 28. Mai, ab 18 Uhr bei einem Wettstreit im Pädagogischen Zentrum der Gesamtschule Marienheide in der Pestalozzistraße 7 erleben. Eintritt, Lachen und Gänsehaut sind gratis.
  

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