Archiv

Wiehl dreht an der Steuerschraube: keine Erhöhung!

nh; 3. Feb 2016, 11:40 Uhr
ARCHIV

Wiehl dreht an der Steuerschraube: keine Erhöhung!

nh; 3. Feb 2016, 11:40 Uhr
Wiehl - Aufgrund positiver Entwicklungen verzichtet die Stadt auf die geplante Erhöhung der Hebesätze - Mit großer Mehrheit verabschiedet der Rat den Haushaltsplan mit einem Defizit von knapp 4,5 Millionen Euro.
Von Nils Hühn

Während in den umliegenden Kommunen fast überall die Hebesätze für Gewerbesteuer sowie Grundsteuer A und B nur eine Richtung kennen, und zwar nach oben, geht die Stadt Wiehl nun einen anderen Weg. Aufgrund der von Bürgermeister Ulrich Stücker angestrebten Stadtstrategie erwartet die Kämmerei, dass Aufwendungen eingespart werden. Beim erwarteten Betrag der Gewerbesteuer haben sich „inzwischen positive Entwicklungen ergeben“, berichtete Kämmerer Axel Brauer. Durch die geplante Steuererhöhung von 430 Prozent auf 440 Prozent sollten dieses Jahr 400.000 € mehr eingenommen werden. Dies erreicht die Stadt nach Berechnung mit aktuelleren Zahlen aber auch mit dem alten Hebesatz. „Die Verwaltung schlägt vor, für 2016 auf die Hebesatzerhöhungen zu verzichten“, erklärte Brauer.

Der Verzicht auf die Hebesatzerhöhung bei der Gewerbesteuer führt zu einer Mehrbelastung der Gewerbesteuerumlage von 76.500 €. Die Mindereinnahmen bei der Gewerbesteuer A betragen 3.200 € und bei der Grundsteuer B 300.000 €. Durch den Verzicht verschlechtert sich der Ergebnisplan um 380.000 € und das Jahresminus steigt auf knapp 4,5 Millionen Euro. Der Betrag wird aus der Ausgleichsrücklage entnommen, die Ende dieses Jahr rund 7,3 Millionen Euro betragen wird.


Obwohl der Wiehler Haushalt zum vierten Mal in Folge ein Defizit aufweist und auch für die kommenden drei Jahre kein Ausgleich zu erwarten ist, strotzten die Haushaltsreden der meisten  Fraktionen von Zuversicht. Zu einem Flug über die Stadt lud die CDU-Doppelspitze Larissa Gebser und Axel Teichmann ein. Und was sahen sie? „Eine tolle Stadt“ und „besondere Dörfer“, so Teichmann. Die CDU will die Stadt „profilieren, entwickeln und sichern.“ Ein ehrgeiziges Ziel formulierte Gebser: „30.000 Einwohner und 12.000 sozialversicherungspflichtige Arbeitsverhältnisse im Jahr 2026!“ Die größte Fraktion im Rat begrüßte den Verzicht der Erhöhungen und stimmte dem Haushaltsplan zu.

Auch die SPD votierte für das vorgelegten Zahlenwerk. „Wiehl ist immer noch eine tolle Stadt, in der man sich wohlfühlt“, beschrieb der Vorsitzende Karl Ludwig Riegert. Da der Wettbewerb unter den Kommunen immer intensiver werde, müsse der Weg der Modernisierung der Stadt weiter gemeinsam gegangen werden, so Riegert. „Wer die Zukunft gestalten will, muss in der Gegenwart den Mut zu erforderlichen Entscheidungen aufbringen.“

„Gibt es zwei Wiehls im Oberbergischen?“, fragte sich Jürgen Körber von den Grünen angesichts der Reden von CDU und SPD. Ein gesamtheitliches Konzept konnte er „noch“ nicht erkennen. In vielen Punkten könne seine Fraktion dem Zahlenwerk zustimmen, wie der Sanierung des Gymnasiums, aber dennoch lehnten die Grünen den Haushalt ab. Die UWG-Fraktion hatte gleich mehrere Faktoren, die ihr missfielen: Steuererhöhungen wegen des Kombibades, Nichteinrichtung einer Sparkommission, Verzehr der Rücklagen und die Vernachlässigung der Dörfer. Dennoch stimmte die UWG für den Etat.

Die FDP freute sich besonders über den Verzicht der Hebesatz-Erhöhung. „Zum Erreichen von Zukunftsfähigkeit gehören auch geordnete Finanzen“, erklärte Fraktionschef Rolf Gurbat, der sich ebenfalls eine Sparkommission wünschte. Er sprach zudem von benötigtem Mut, um die Zukunft zu gestalten. Jüngst hatte er den Eindruck, dass „Investitionen für die Zukunft“ die Stadt an den „Rand des Untergangs“ bringen würde. „Da der Haushaltsentwurf der alten Politik folgt, die wir Jahr für Jahr abgelehnt haben, können wir dem Haushalt nicht zustimmen“, erklärte hingegen Matthias Lammerich für die Linken. Sollte im kommenden Jahr mit „Augenmaß bei den Investitionen“ gearbeitet werden, könne sich seine Fraktion eine Zustimmung vorstellen.

Bei der abschließenden Abstimmung wurde der Haushalts- und Stellenplan gegen die Stimmen von Grünen und Linken mit großer Mehrheit beschlossen. Der Wirtschaftsplan des Abwasserwerks konnte sogar einstimmig verabschiedet werden. Lediglich beim Wirtschaftsplan der Freizeit- und Sportstätten Wiehl gab es keine große Einigkeit. Mit den Stimmen von CDU, SPD, FDP wurde der Plan dennoch mehrheitlich verabschiedet.

„Da ich erst 104 Tage im Amt bin, will ich nicht 28 Jahre zurückblicken, sondern in die Zukunft“, erklärte Bürgermeister Ulrich Stücker, der sich verständlicherweise freute, dass der Haushalt von einer breiten Basis getragen wird. Er betonte dabei, dass sein angestrebtes Stadtentwicklungskonzept kein Sparkonzept wird. Entwicklung ginge auch immer mit Investitionen einher. In diesem Jahr investiert die Stadt übrigens 16,5 Millionen Euro in die Infrastruktur.

Haushaltsplan 2016

Ergebnisplan
Erträge: 58,88 Millionen Euro
Aufwendungen: 63,37 Millionen Euro
Defizit: 4,49 Millionen Euro.

Hebesätze (wie 2015)
Grundsteuer A: 260 Prozent
Grundsteuer B: 430 Prozent
Gewerbesteuer: 430 Prozent.
  
WERBUNG