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Wenn es bei der Fahrt zum Fußballtraining der Kinder kracht

Red; 15. Aug 2015, 10:00 Uhr
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Wenn es bei der Fahrt zum Fußballtraining der Kinder kracht

Red; 15. Aug 2015, 10:00 Uhr
Oberberg - Oberberg-Aktuell informiert in dieser Rubrik über Rechtsfragen - Der Service wird präsentiert von Fincke Rechtsanwälte Bergneustadt - Heute geht es um eRückabwicklung von Lebensversicherungsverträgen .
Damenfußball wird immer populärer. So ist auch die rüstige Großmutter Rosi besonders stolz auf ihre minderjährige Enkelin Elli. Denn Elli macht gerade Karriere in der Mädchenmannschaft des örtlichen Fußballvereins. Rosi ist auch gerne dazu bereit, ihre Enkelin mit ihrem Pkw zu einem Auswärtsspiel im Rahmen der Kreismeisterschaft zu fahren. Auf dem Weg dorthin kommt es zum Verkehrsunfall. Rosi wird verletzt; es entsteht Sach- und Personenschaden. Zunächst nimmt Rosi wegen ihrer Schmerzensgeld- und Schadensersatzansprüche die Sportversicherung des Fußballvereins in Anspruch. Diese zahlt – man glaubt es kaum – nicht. Nach den Versicherungsbedingungen bestehe nur für Vereinsmitglieder und „offiziell eingesetzte“ Helfer Versicherungsschutz. Zu diesem Personenkreis gehöre Rosi nicht. Schließlich entscheidet sich Rosi dazu, den Amateurfußballverein ihrer Enkelin gerichtlich auf Schadensersatz in Anspruch zu nehmen.

Über genau diesen Fall hatte nun der Bundesgerichtshof in letzter Instanz mit Urteil vom 23.07.2015 zu entscheiden (Az. III ZR 346/14): Am Anfang der juristischen Prüfung steht immer die Suche nach einer Anspruchsgrundlage. Oft ergibt sich diese aus einer vertraglichen Beziehung. Rosi dagegen konnte sich nicht auf einen Vertrag zwischen ihr und dem Fußballverein berufen, da sie seitens des Fußballvereins nicht offiziell damit beauftragt wurde, das Stürmertalent Elli zum Auswärtsspiel zu fahren. Der Bundesgerichtshof musste daher entscheiden, ob als Anspruchsgrundlage eine – bei Jurastudenten unbeliebte weil komplizierte – Geschäftsführung ohne Auftrag in Betracht kam. Im Rahmen der Geschäftsführung ohne Auftrag kann der Geschäftsführer (= Rosi) ausnahmsweise gegenüber dem Geschäftsherrn (= Sportverein) Ersatzansprüche geltend machen, wenn er zwar zu der Geschäftsführung nicht ausdrücklich beauftragt war, die Übernahme der Geschäftsführung jedoch dem Interesse und dem wirklichen oder dem mutmaßlichen Willen des Geschäftsherrn entsprach. Ein Beispiel: Ein Sturm deckt das Hausdach ihres im Urlaub weilenden Nachbarn teilweise ab. Ein anschließender Starkregen lässt erhebliche Wassersschäden befürchten. Sie veranlassen daher zunächst auf eigene Kosten die Abdichtung des Nachbardaches. Ausdrücklich beauftragt hierzu waren sie seitens ihres Nachbarn nicht. Trotzdem können sie von ihm Ersatz der entstandenen Kosten verlangen, weil das Abdichten des Daches dem mutmaßlichen Willen und dem Interesse ihres Nachbarn entsprach.  In Rosis Fall kam eine Geschäftsführung ohne Auftrag deshalb in Betracht, weil Rosis „Bringdienst“ nicht nur im Interesse der Enkelin und deren Eltern, sondern auch im Interesse der Fußballmannschaft und damit auch des beklagten Sportvereins lag.

Im Ergebnis lehnt der Bundesgerichtshof eine Haftung des Sportvereins aber ab. Der Bundesgerichtshof geht davon aus, dass die Großmutter sowohl im Verhältnis zu ihrer Enkelin und deren Eltern, als auch im Verhältnis zum Sportverein aus reiner Gefälligkeit handelte. Aus einem reinen Gefälligkeitsverhältnis lassen sich aber keine Schadensersatzansprüche ableiten. Der Bundesgerichtshof stellt klar, dass dies auch im Bereich der Geschäftsführung ohne Auftrag gilt. Die Großmutter habe ihre Enkelin zum Kreismeisterschaftsspiel fahren wollen, um dieser die Teilnahme zu ermöglichen. Die Großmutter sei dabei auf freiwilliger Grundlage tätig geworden. Zwischen der Großmutter und dem Sportverein sei daher kein Schuldverhältnis mit wechselseitigen Rechten und Pflichten zustande gekommen. Vielmehr handele es sich, wenn minderjährige Mitglieder eines Amateursportvereins von ihren Familienangehörigen oder Angehörigen anderer Vereinsmitglieder zu Sportveranstaltungen gefahren werden, grundsätzlich und auch im Verhältnis zum Sportverein um eine reine Gefälligkeit.

  

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