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Die letzte Ruhestätte im Wandel der Zeit

fj; 29. Jul 2015, 15:38 Uhr
Bild: privat --- Die Vorstellung, unter einem Baum die letzte Ruhestätte zu finden, scheint für viele Menschen tröstlich.
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Die letzte Ruhestätte im Wandel der Zeit

fj; 29. Jul 2015, 15:38 Uhr
Oberberg - Gestorben wird immer, sagt der Volksmund – Doch wie man sich zur letzten Ruhe bettet, ist dem Wandel der Zeit unterzogen – OA sprach mit Bestatter Dirk Sträßer über Veränderungen.
Der Tod ist ein stiller Mann, aber er bezwingt jeden, weiß ein deutsches Sprichwort. Er blüht allen und auf das wie und wann hat man wenig Einfluss. Worauf man jedoch Einfluss hat, ist die Bestattung und damit der Rahmen, in dem Weggefährten und geliebte Menschen Abschied nehmen. Im Zusammenhang mit den Themen Tod, Trauer und Abschied von Trends zu sprechen, mag dabei nicht angemessen erscheinen, zutreffend ist es aber allemal. Denn auch hier vollzieht sich ein stetiger Wandel.

Die Bestattungskultur hat sich auch im Oberbergischen in den vergangenen 20 Jahren stark verändert, weiß Bestatter Dirk Sträßer, Inhaber eines Beerdigungsinstituts in Gummersbach-Dieringhausen. Grund hierfür ist unter anderem der Wunsch, die eigene Beerdigung zu individualisieren, der letzten Ruhestätte eine persönliche Note zu geben und so dem Tod seine Anonymität zu nehmen. Da geben die Lieblingslieder des Verstorbenen der Trauerfeier eine persönliche Note und die letzte Ruhestätte, Sarg oder Urne, zieren ausgefallene Motive. Auch die Möglichkeit, Sarg oder Urne bemalen zu lassen, wahlweise auch von den Angehörigen selbst, hat Sträßer im Portfolio.

Noch exklusiver ist die Umformatierung der eigenen Asche zu Edelsteinen. Hier wird die Asche des Verstorbenen in einem langwierigen, chemischen Verfahren zu funkelnden Steinen gepresst, so genannten Erinnerungssteinen, die die Hinterbliebenen zu Hause aufbewahren oder mit sich führen können. Wohl nichts für Heimatverbundene, aber ebenso möglich, ist die Seebestattung. Auch sie kann bei Sträßer geordert werden. Versenkt wird die Asche aber nicht in Agger oder Wupper, sondern im Mittelmeer. „Hier verzeichnen wir einen leichten Anstieg“, so Sträßer.

Immer größerer Beliebtheit erfreuen sich vor allem naturnahe Bestattungen beziehungsweise alternative Urnenbestattungen. „Vor allem Ruhestätten in Bestattungswäldern werden immer häufiger angefragt“, erklärt der Gummersbacher. Dabei handelt es sich um eine alternative Form der Urnenbestattung: Die Asche Verstorbener ruht in biologisch abbaubaren Urnen an den Wurzeln eines Baumes, mitten in der Natur.


Doch so friedlich und tröstend der Gedanke auch sein mag, seine letzte Ruhestätte unter einem Baum, dem Sinnbild des Lebens, zu finden, so ist er leider nicht die einzige Erklärung für die steigende Beliebtheit dieser Bestattungsform. Denn so ausgeprägt der Wunsch nach einer individuellen Bestattung auch sein mag, man muss sie sich erstmal leisten können. Urnen oder Särge nach den eigenen Vorstellungen gestalten zu lassen, sind Extras, die nicht jeder bezahlen kann. Noch teurer schlägt die Umformatierung der Asche zu Edelsteinen zu Buche, die Sträßer als „sehr kostspielig“ beschreibt. Eine Urnenbestattung ist da ungleich günstiger.

„Noch vor 20 Jahren wünschten sich 60 Prozent aller Verstorbenen beziehungsweise ihre Angehörigen eine Erdbestattung auf einem Friedhof. Das hat sich komplett verändert: Bei rund 70 Prozent aller Bestattungen, die ich heute durchführe, handelt es sich um Urnenbestattungen“, so Sträßer. Hier entfällt die Grabpflege und auch ein Grabstein muss nicht unbedingt angeschafft werden. Dass da der Bestattungswald, der innerhalb der Urnenbestattung eine naturnahe und würdevolle Alternative zur herkömmlichen Urnenwand darstellt, „im Kommen“ ist, verwundert nicht.

„Die kommunalen Friedhofsgebühren steigen fast jährlich. Viele Menschen können sich eine Bestattung mit Trauerfeier auf dem kommunalen Friedhof und einem Grab mit Sarg und Grabstein, das über viele Jahre gepflegt werden will, einfach nicht mehr leisten“, so der Bestatter. Hinzu kommt, dass Familien heutzutage oft weit verstreut leben. „Wenn die Kinder und Enkel in Hamburg, Köln und Berlin leben, wer soll das Grab im heimischen Oberberg dann pflegen?“, gibt Sträßer zu bedenken. Darum würden auch pflegefreie Gräber häufiger angefragt. Hierfür werden auf Friedhöfen beispielsweise Wiesenflächen geschaffen, auf denen die Urne beigesetzt werden kann. Auf die Identität des Verstorbenen verweist eine kleine Grabplatte.

Wer bei Sträßer eine Bestattung im Wald ordert, findet seine letzte Ruhe im RuheForst Wildenburger Land in Wissen, im FriedWald Lohmar-Heide bei Siegburg oder im Trostwald Odenthal. Einen solchen privat betriebenen Bestattungswald gibt es im Oberbergischen noch nicht. Trotzdem sind kleine Begräbniswälder auch im Kreis zu finden. So ist es seit August 2013 möglich, sich auf dem Friedhof Wiehl-Steinacker im Wurzelbereich eines Baumes bestatten zu lassen. „Diese Möglichkeit ist Wiehlern oder Personen mit einem starken Bezug zu Wiehl vorbehalten. Trotzdem erreichen uns auch Anfragen von außerhalb“, erklärt Simone Steinborn von der Wiehler Friedhofsverwaltung, dass die Waldbestattung in den vergangenen Jahren massiv nachgefragt wird. Eine Vergrößerung der Fläche ist in Planung. Seit Januar dieses Jahres ist die Bestattung am Fuße eines Baumes auch in Gummersbach möglich. Auf dem Westfriedhof bildet ein Mix aus rund 140 Jahre alten sowie neu gepflanzten Buchen die Möglichkeit der Waldbestattung und wird „gut nachgefragt“, wie Jascha Baumert von der Stadt Gummersbach bestätigt.

Die Trauerfeiern, so zeigt es Sträßers Erfahrung der vergangenen Jahre, finden dagegen immer seltener in den Friedhofshallen der Kommunen statt. „Verstärkt wird in Kirchen, Gemeindehäusern, aber auch in privaten Räumen der Bestatter getrauert. Auch hier sind meiner Meinung nach die kommunalen Gebühren ausschlaggebend“, so der Gummersbacher. Dafür wird aber immer mehr Wert auf eine individuelle Gestaltung gelegt. Wie bei so vielen Dingen im Leben, ist auch die Bestattung ein Spagat zwischen dem, was man sich wünscht und dem, was man sich leisten kann.
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