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Ein Rettungsdienst für die Seele

bv; 14. Jul 2015, 16:29 Uhr
Bild: Bernd Vorländer --- Horst Rau freut sich über den VW Bus, der künftig der Notfallseelsorge zur Verfügung steht.
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Ein Rettungsdienst für die Seele

bv; 14. Jul 2015, 16:29 Uhr
Oberberg – Die Notfallseelsorge Oberberg hilft rund um die Uhr Menschen, die oft abrupt mit dem Tod eines Familienangehörigen oder Partners konfrontiert werden.
Von Bernd Vorländer

Trümmer, Hektik, Betroffenheit, Verzweiflung – wer in den ersten Minuten nach einem Unglück am Ort des Geschehens  eintrifft, gerät oft in einen emotionalen Ausnahmezustand. Hier die Rettungsdienste, die mit einem hohen Maß an Professionalität versuchen, Menschen zu retten oder zu bergen und das Chaos ordnen. Mittendrin nicht selten Überlebende und Angehörige von tödlich Verletzten. Ihnen ist das Entsetzen ins Gesicht geschrieben. Sie benötigen vor allem eines – Hilfe. Hier setzt die Notfallseelsorge Oberberg an, die seit 15 Jahren in der Region Menschen bei existenziellen Grenzerfahrungen betreut und unterstützt.

„Wir schenken Zeit, hören zu, sitzen aber oft auch nur dabei und sind einfach da“, sagt Horst Rau, Geschäftsführer des Fördervereins der Notfallseelsorge Oberberg. Man erkennt sie leicht an ihren lilafarbenen Jacken, die Frauen und Männer, die als Feuerwehr für die Seele unterwegs sind. Sie werden immer dann gerufen, wenn es wirklich schwer wird, begleiten Polizisten beim Überbringen einer Todesnachricht, trösten die Familie, schweigen, wenn Worte das Unsagbare nicht mehr auszudrücken vermögen.


Die Notfallseelsorger – im Oberbergischen sind es 54 – brauchen eine Ausbildung, natürlich eine Portion Lebenserfahrung und müssen sich der Herausforderung, die auf sie wartet, bewusst sein. „Die meisten entscheiden sich aus voller Überzeugung für diese Tätigkeit“, weiß Horst Rau. Es sind Menschen mit unterschiedlichen Berufen, unterschiedlicher religiöser Grundhaltung  und unterschiedlicher Lebensgeschichte, die mit viel Feingefühl auf die Bedürfnisse von Menschen in Extremsituationen eingehen. „Dieses Projekt ist beispielgebend, denn wir bündeln alle Konfessionen unter einem Dach, arbeiten auch mit muslimischen Gemeinden zusammen“, erklärt Horst Rau. Rund um die Uhr an 365 Tagen im Jahr stehen kreisweit Notfallseelsorger zur Verfügung, werden von den Rettungsdiensten, der Polizei oder der Leitstelle informiert und machen sich auf den Weg, der nie leicht ist. Koordiniert werden sie von zwei Vertretern der Kirchen – Gisbert von Spankeren und Andreas Groß.

Als sich 2012 abzeichnete, dass die Notfallseelsorger immer öfter gerufen wurden, gründete sich ein Förderverein, der sich fortan um Organisation und die Beschaffung von Finanzmitteln kümmerte. Und der auch Antworten weiß, wenn ein Notfallseelsorger aufgrund seiner Arbeit selbst Hilfe benötigt. „Natürlich haben wir beim Mitgliederstand des Vereins noch Luft nach oben, müssen uns noch mehr in den Köpfen der Oberberger verankern“, sagt Horst Rau. Der frühere Leiter der Feuerwehr Wiehl ist einer der Motoren des Vereins. Ein Todesfall in der Familie habe sein eigenes Wertegerüst vor Jahren verschoben. „Plötzlich weiß man, was wirklich wichtig ist im Leben – und was nicht“, so Rau, der seit einigen Wochen auch ein Fahrzeug für die Notfallseelsorge organisieren konnte. Der VW-Bus der Feuerwehr Waldbröl wurde für den symbolischen Beitrag von einem Euro erworben, umgerüstet und soll künftig von den Rettungsdiensten bei Einsätzen mitgeführt werden, damit Notfallseelsorger für Gespräche mit verzweifelten Menschen einen mobilen Rückzugsort haben.

Weitere Informationen gibt es auf der Homepage des Vereins.
  
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