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Einigkeit dahin – Rat erlebt Wortgefecht

bv; 25. Jun 2015, 10:28 Uhr
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Einigkeit dahin – Rat erlebt Wortgefecht

bv; 25. Jun 2015, 10:28 Uhr
Gummersbach – Im Gummersbacher Stadtparlament gerieten Bürgermeister und SPD-Fraktionsvorsitzender aneinander.
Der Mann war sichtlich angefressen. „Wir lassen uns von niemandem vorschreiben, mit wem wir zu sprechen haben“, blaffte Gummersbachs Bürgermeister Frank Helmenstein in Richtung des SPD-Fraktionsvorsitzenden Thorsten Konzelmann. Es war der Höhepunkt einer für Gummersbacher Verhältnisse sehr lebhaften Debatte über die Notwendigkeiten und Verpflichtungen, die der ansteigende Zuzug von Flüchtlingen in die Stadt mit sich bringt. SPD-Ratsmitglied Jürgen Gogos hatte für seine Fraktion den Antrag im Rat eingebracht, angesichts der sich bis zum Jahresende verdoppelnden Zahl der Hilfe suchenden Menschen und der Tatsache, dass die Mitarbeiter im Sozialamt schon jetzt mit dem Rücken zur Wand stünden, eine zusätzliche, hauptamtliche Koordinierungskraft im Bereich der Flüchtlingshilfe einzustellen. „Es fehlt an ausreichender psychosozialer Betreuung“, so Gogos.

Bereits dieses Ansinnen stieß bei Helmenstein auf Verwunderung. „Das ist ein seltener Vorgang, dass die Politik einen Personalvorschlag macht“, mokierte sich der Rathauschef darüber, dass die SPD nicht im Vorfeld das Gespräch mit der Verwaltung gesucht habe. Beigeordneter Raoul Halding-Hoppenheit betonte, dass intern eine Prüfung laufe, ob eine personelle Aufstockung notwendig sei. Doch das ansonsten in trauter Eintracht dahin segelnde Gummersbacher Rats-Schiff hatte da schon Schlagseite.

SPD-Fraktionsvorsitzender Thorsten Konzelmann war bereits zuvor unruhig auf seinem Stuhl herumgerutscht, als der Bürgermeister bekundet hatte, dass man in der Kreisstadt keine runden Tische zur Flüchtlingshilfe benötige. „So etwas ist ein Fall fürs Phrasenschwein. Wir arbeiten hier jeden Tag an diesem Thema.“ Also machte sich der Chef-Sozialdemokrat auf, um den Löwen im Bürgermeister-Käfig noch ein wenig zu reizen. Seines Wissens sei der Stellenplan Bestandteil des Haushalts. Und den würde schließlich der Rat bestimmen – und nicht die Verwaltung. Die Bemerkung des Beigeordneten, wonach es mehrere Arbeitskreise der Stadt mit Institutionen und sozialen Trägern über die Ausgestaltung der Flüchtlingshilfe gebe, kommentierte Konzelmann spitz: „Es gibt da wohl zu viele Arbeitskreise. Da ist offenbar Koordinierung nötig.“


Sachinformationen wurden aber auch geliefert. Halding-Hoppenheit hatte dargelegt, dass aktuell 382 Flüchtlinge in Gummersbach eine Bleibe gefunden haben. Zwei Drittel von ihnen sind Familien. Die dezentrale Unterbringung habe sich bewährt. „Wir haben keine sozialen Brennpunkte und keine Probleme.“ Derzeitig rechne die Verwaltung damit, dass Gesamtkosten von 2,5 Millionen Euro im Jahr 2015 stünden. Lediglich rund eine Million Euro davon seien durch Landes- und Bundeszuweisungen abgesichert. Dankbar sei man für zahlreiche Unterstützungsangebote aus der Bürgerschaft, etwa Begleitung bei Behördengängen oder dem Weg zum Arzt, die bei der Stadt koordiniert würden. Zu rechnen sei jedoch damit, dass sich angesichts der Krisenlage in bestimmten Regionen der Welt die Zahl der Flüchtlinge bis Jahresende noch deutlich erhöhen werde.

Der Antrag der SPD wurde schließlich in den Hauptausschuss verwiesen. Ein Antrag der FDP, der die Verabschiedung einer Resolution an die Landesregierung NRW vorsah, die Kosten und Versorgung der Flüchtlinge in voller Höhe zu erstatten, wurde vom Rat verworfen. Stattdessen, so kündigte Rathauschef  Helmenstein an, gebe es eine Initiative aller oberbergischen Bürgermeister an die Landtags- und Bundestagsabgeordneten der Region, die eine Verbesserung der Finanzausstattung für die Kommunen bei der Bewältigung dieser gesamtgesellschaftlichen Aufgabe zum Ziel habe.
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