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Gegenwind für Windkraftanlagen

js; 19. Jun 2015, 12:56 Uhr
Bilder: Jessica Schöler --- Johannes Mauelshagen (Gemeinde Morsbach, v.l.), Bürgermeister Jörg Bukowski, Thomas Held (Altus AG), Dr. Franz Straubinger (Hatzfeldt-Wildenburg´sche Verwaltung), Dr. Reiner Huba (Altus AG).
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Gegenwind für Windkraftanlagen

js; 19. Jun 2015, 12:56 Uhr
Morsbach – Der geplante Windpark im Grenzbereich der Gemeinden Reichshof, Kirchen und Morsbach stand bei einem Informationsabend im Fokus - Projektgesellschaft bezog Stellung zu den Auswirkungen auf die Tierwelt, die Landschaft und den Lautstärkepegel in den angrenzenden Gebieten.
Mit einer öffentlichen Informationsveranstaltung ging die Firma Altus AG gestern Abend auf die Morsbacher Bevölkerung zu. In der Kulturstätte des Schul- und Sportzentrums Hahner Straße gab man Einblick in das geplante Windkraft-Vorhaben im Grenzbereich der Gemeinden Reichshof, Kirchen und Morsbach. Die Projektgesellschaft mit Sitz in Karlsruhe will einen Windpark mit insgesamt sechs Anlagen (drei Windräder in Friesenhagen, zwei in Morsbach, eins in Reichshof) errichten. In Friesenhagen-Steeg sollten bisher drei zusätzliche Parks mit jeweils vier Anlagen entstehen. Die tatsächliche Anzahl der Windräder steht allerdings noch nicht fest, weil der Bau eines Windparks durch den Bestand von Rotmilanen nicht möglich sein wird.



[Dr. Reiner Huba trug die Planungen vor.]

„Nebenwirkungen wird es geben. Diese dürfen den Nutzen aber nicht überragen“, stellte Bürgermeister Jörg Bukowski zu Beginn der Veranstaltung fest. Auf die Nebenwirkungen, also die Folgen für Mensch und Natur, ging Dr. Reiner Huba von der Altus AG in einem Vortrag ein. Er gab dem Publikum einen Überblick über die bisherige Planung, in die auch Untersuchung und Prognosen zu Schall, Landschaftsbild und Tierwelt eingeflossen sind.




Anhand von Fotosimulationen stellte die Projektgesellschaft den künftigen Blickwinkel aus verschiedenen Ortslagen dar. Obwohl die Anlagen 800 Meter von Siedlungen und 600 Meter von Einzelbebauungen entfernt errichtet werden sollen, sind die Windräder beispielsweise im 1,5 Kilometer entfernten Wenderhagen oder von der Siedenberger Straße (3,5 Kilometer) gut zu erkennen. Schallprognosen hätten gezeigt, dass tagsüber ungefähr 55 Dezibel im direkten Umfeld der Windkraftanlagen, also die Lautstärke eines normalen Gesprächs, zu erwarten seien, berichtete Dr. Huba. Im weiteren Umkreis nehme der Geräuschpegel immer weiter ab, bei einer Entfernung von 1,5 bis 1,7 Kilometern seien es ungefähr 35 Dezibel. Diese Lautstärke sei mit leiser Musik oder einem Flüstern vergleichbar.


Befürchtungen, dass Rotmilane oder Fledermäuse durch die für Morsbach geplanten Anlagen gefährdet werden, räumte Dr. Huba aus. Es gäbe zwar zwei Rotmilan-Horste in der Umgebung der Windräder, man halte aber eine vorgeschriebene Schutzzone von 1,5 Kilometern ein. Die Flugbahnen der Vögel seien ein Jahr lang untersucht und aufgezeichnet worden. Eine Kollision mit den Rotorblättern der Anlagen sei nicht zu befürchten. Bürgermeister Bukowski versicherte, dass die Gemeinde die Untersuchungen kritisch überprüft habe. Der örtliche Naturschutzbund habe zudem eine umfangreiche Dokumentation angelegt. Um den Bestand der Fledermäuse müsse man sich ebenfalls nicht sorgen, versicherte Dr. Huba. Das in Morsbach ansässige Große Mausohr gehe unterhalb der Baumgrenze auf Beutezug, eine Flughöhe, die von den 200 Meter hohen Windrädern überschritten werde.




Nach dem Vortrag konnten die anwesenden Bürger Fragen an die Experten richten. Dabei stießen Dr. Huba und Co. auf Gegenwind und mussten sich teilweise mit aufgebrachten Zuhörern auseinandersetzen. Neben dem Bau des Windparks kritisierte man auch, dass die Fragen nicht persönlich vorgetragen werden durften, sondern im Laufe der Veranstaltung per Zettel eingereicht werden sollten. Wütende Zwischenrufe aus den Publikumsreihen unterbrachen die Stellungsnahmen der Experten, die zu Beginn vor allem Anfragen zu den Auswirkungen auf die jeweiligen Ortsteile von Morsbach beantworten mussten.


Die Fragesteller richteten ihr Augenmerk vor allem auf die Tierwelt. Sorgen um Zugvögel, Wild, Rotmilane und Fledermäuse wurden geäußert. „Die Schlagopferzahlen geben keinen Beleg für eine Störung der Kraniche“, bezog Dr. Huba Stellung. Die Beobachtungen zu Fledermäusen und Rotmilanen seien belegbar untersucht worden. Die Anpassung von Wild, beispielsweise Rehen, an die neuen Gegebenheiten geschehe schnell, so der Altus-Firmenvertreter weiter. Ein Fledermaus-Monotoring, bei dem die Ultraschallrufe der Tiere registriert werden, gehöre zur Ausstattung der Windkraftanlagen, die bei Bedarf abgeschaltet oder zurückgefahren werden könnten.


Die Anwesenden wollten zudem wissen, was im Falle einer Firmen-Insolvenz mit den Anlagen geschieht. Vor dem Bau müsse eine Rückbaubürgschaft hinterlegt werden, versicherte Dr. Huba. Die Fragesteller wollten außerdem über die Rodungsflächen informiert werden, die für den Aufbau und Betrieb der Windräder vonnöten sind. Dr. Franz Straubinger, Geschäftsführung der Hatzfeldt-Wildenburgsche Verwaltung, berichtete, dass während der Standzeit ungefähr 2.000 bis 4.000 Quadratmeter Grünfläche für die Bewirtschaftung angelegt werden müssen. „Um Rodungsfläche einzusparen, nutzen wir hauptsächlich bestehende Wege und Rückgassen. Wir werden nicht asphaltieren, sondern schottern“, fügte Thomas Held von der Altus AG hinzu.   
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