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Talsperren wurden zum Forschungsobjekt

js; 28. May 2015, 19:18 Uhr
Bilder: Jessica Schöler --- Dr. Christof Homann (v.l.) Herbert Polcyzk, Dr. Antje Goedeking, Prof. Dr. Lothar Scheuer und Rodrigo Vidaurre.
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Talsperren wurden zum Forschungsobjekt

js; 28. May 2015, 19:18 Uhr
Oberberg - Das EU-Förderprojekt „DROP“ hat sich drei Jahre lang mit der Anpassung an Trockenheitsperioden befasst – Der Aggerverband-Vorstand Prof. Dr. Lothar Scheuer fungierte als nationaler Beobachter - Talsperrenbetreiber sollen künftig besser auf Wasserknappheit reagieren können.
Der Oberbergische Kreis gilt mit seinen Talsperren als besonders wasserreich. Die Anlagen werden bekanntlich durch Regenwasser gespeist. Man könnte glauben, dass man sich um regelmäßigen Nachschub keine Sorgen machen muss – Regen fällt in Oberberg schließlich häufig. Dass diese Annahme nicht immer stimmt, hat sich in den vergangenen Jahren herausgestellt. „Wir haben immer wieder Jahre, in denen es Zeiten mit weniger Wasser gibt. Im Frühjahr 2014 war die Wiehltalsperre nur zu 55 Prozent gefüllt. Sonst waren es zur gleichen Zeit 80 Prozent“, berichtet der Vorstand des Aggerverbandes Prof. Dr. Lothar Scheuer. Weil der Wasserpegel so niedrig gewesen sei, habe man schließlich einen Antrag bei der Bezirksregierung gestellt und die Wasserabgabemenge reduziert.



[Dr. Antje Goedeking übergab die Studienergebnisse an den nationalen Beobachter Prof. Dr. Lothar Scheuer.]   


Solche Vorkommnisse könnten in einigen Jahren immer häufiger auftreten. Experten gehen davon aus, dass die Auswirkungen des Klimawandels in Zukunft nicht nur zu stärkeren Niederschlags-ereignissen, sondern auch zu länger anhaltenden Trockenperioden führen werden. Auch in vermeintlich regenreichen Regionen könnte die Versorgungssicherheit dann gefährdet werden. „Unsere Erfahrungen im vergangenen Jahr machen deutlich, dass man sich mit dem Thema befassen muss“, erklärt Scheuer und geht auf das EU-Förderprojekt „Benefit of governance in DROught AdaPtion“, kurz „DROP“ ein. Dabei wurde seit 2012 unter anderem untersucht, wie man die Bewirtschaftungspläne und Steuerungssysteme von Talsperren auf mögliche Trockenheitsphasen anpassen kann.




Fünf europäische Forschungsinstitute haben hierfür mit elf Wasserwirtschaftsunternehmen aus fünf nordwesteuropäischen Ländern zusammengearbeitet. Als Vorsitzender der „Arbeitsgemeinschaft Trinkwassertalsperren“ (ATT) fungierte Scheuer während der Projektlaufzeit als nationaler Beobachter. Die Abschlussergebnisse der Studie wurden ihm heute nach dreijähriger Forschungszeit überreicht. Dr. Antje Goedeking, Dr. Christof Homann und Herbert Polcyzk vom Wasserverband Eifel-Rur und Diplom-Geologe Rodrigo Vidaurre vom Ecologic Institute in Berlin stellten einen Ausschnitt der Erkenntnisse vor.


„Die Betriebspläne für Talsperren sind auf Messwerten der letzten 100 Jahre aufgebaut. In den letzten fünf Jahren konnten wir im Frühjahr unterdurchschnittliche Zuflüsse verzeichnen. Solche Abweichungen kommen sonst nur alle zwei Jahre vor. Wir dürfen nicht mehr nur auf historische Zeitreihen zurückgreifen, sondern müssen auch neue Faktoren einbeziehen, um unsere Pläne zu ändern“, erklärte Homann mit Blick auf den Wasserverband Eifel-Rur. Um künftig schneller auf die Veränderungen reagieren zu können, gibt das Ecologic Institute acht Empfehlungen an die Talsperrenbetreiber weiter. Darin wird unter anderem zu einer erweiterten Wasserbedarfsteuerung geraten, die mit einer neuen Gebührenstrukturierung für die Kunden einhergehen soll. In Spanien richte sich der Wasserpreis bereits nach Angebot und Nachfrage, berichtete Vidaurre.


Ausbaufähig wäre auch die Aufstellung für Krisenmomente. So würden die Planungswerkzeuge für den Ernstfall besser ineinandergreifen. Denkbar wäre außerdem eine beschleunigte Entscheidungsfindung für Änderungen im Bewirtschaftungsplan. Diese hängt bisher von der Zustimmung der Aufsichtsbehörden ab. Die Empfehlungen, die aus den Studienergebnissen und Erfahrungen der teilnehmenden Unternehmen resultieren, sind auch für den Aggerverband interessant. Eine angebotsorientierte Steuerung des Wasserpreises sieht der Verbandschef allerdings kritisch, weil man in Deutschland mit einem verlässlichen Preisniveau vertraut sei. Scheuer möchte die Betriebspläne in den kommenden Jahren dennoch überarbeiten: „Wir werden sehen welche Empfehlungen wir im praktischen Handeln umsetzen können, sollten oder wollen.“


  
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