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Politik will Gülleunfall „exemplarisch aufarbeiten“

fj; 23. Apr 2015, 11:39 Uhr
Archivbild: Seit dem Unfall gilt das Naturschutzgebiet Neyetalsperre als ökologisch tot.
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Politik will Gülleunfall „exemplarisch aufarbeiten“

fj; 23. Apr 2015, 11:39 Uhr
Oberberg – Gestern beschäftigte sich der NRW-Umweltausschuss mit dem Gülle-Skandal vom vergangenen März – Forderung nach „schärferen Regeln im Rahmen der Düngeverordnung“.
Dem Gülleunfall in Halver (Märkischer Kreis) widmete sich gestern der Umweltausschuss (MKLNUV) im Düsseldorfer Landtag. Der Ausschussvorsitzende Friedhelm Ortgies leitete den Abgeordneten einen Bericht weiter, den Umweltminister Johannes Remmel vorgelegt hatte. Das Ministerium hatte nach dem Vorfall auf dem Hof in Kotten die Bezirksregierungen, den Märkischen Kreis, den Direktor der Landwirtschaftskammer als Landesbeauftragten und das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen (LANUV) aufgefordert, Stellung zu beziehen.

Rund 1.700 Kubikmeter Gülle waren im vergangenen März aus dem Güllebehälter eines landwirtschaftlichen Betriebs in Halver-Kotten ausgetreten und führten zu einer deutlichen Schädigung der Neye sowie der Neyetalsperre. Gestern wurden die Landtagsabgeordneten darüber informiert, dass der Hof schon mehrfach auffällig geworden war: „Anfang November 2014 war es durch den Betrieb bereits zu einer Gewässerverunreinigung gekommen. Davor und danach waren die Untere Wasserbehörde, die Bauaufsichtsbehörde (beide Märkischer Kreis) sowie die Landwirtschaftskammer bei diesem Betrieb schon mehrfach vor Ort“, heißt es im Bericht des Umweltministers.

Nach dem Vorfall im November 2014, bei dem „über die Hofflächen des landwirtschaftlichen Betriebs Gülle und verunreinigtes Niederschlagswasser talabwärts in Richtung des Neyebachs gespült worden sind“, wurde dem Landwirt von der Unteren Wasserbehörde auferlegt, eine Drainage anzulegen. Kontrollen bestätigten, dass er dieser Aufforderung nachkam. Die Bauaufsichtsbehörde war dagegen schon im September 2014 auf den Hof aufmerksam geworden, da „die Gebrauchstauglichkeit des derzeit streitbefangenen Güllebehälters nicht nachgewiesen war“. Der Landwirt habe den Güllebehälter ohne Bauabnahme in Betrieb genommen, unter Zwangsgeldandrohung sei er daher am 1. September dazu aufgefordert worden, den Behälter zu entleeren und nicht wieder zu befüllen, bevor die „Gebrauchstauglichkeit nachgewiesen worden ist“. Dieser Aufforderung kam der Landwirt nicht nach, entleert wurde der Behälter erst, nachdem 1.700 Kubikmeter Gülle ausgelaufen waren.

Fehler im Nähstoffvergleich und fehlende Meldungen zu Gülleimporten aus den Niederlanden wurden bereits im Mai und Juli 2014 von der Landwirtschaftskammer mit Bußgeldern von insgesamt 3.500 € belegt. Früheren Hinweisen, dass Düngemittel, die der Bioabfallverordnung unterliegen, in dem Güllebehälter gelagert worden seien, werde derzeit seitens des Märkischen Kreises nachgegangen, heißt es.


Erklärtes Ziel der Politik sei es laut dem Bericht nun, den Vorfall exemplarisch aufzuarbeiten und Verbesserungspotentiale herauszuarbeiten. Diese sieht man vor allem in der Zusammenarbeit der Behörden, aber auch einer „Verschärfung der gesetzlichen Grundlagen“: Man sehe die Wirtschaftsdüngerimporte aus den Niederlanden „grundsätzlich kritisch“ und setze sich für schärfere Regeln im Rahmen der Düngeverordnung ein. Zudem werde aus dem Vorfall deutlich, dass „Güllebehälter ein Gefährdungspotential für Gewässerverunreinigung von nicht zu unterschätzendem Umfang bilden“. Auch hier sehe man die Notwendigkeit einer intensiveren Überwachung, insbesondere in Hinblick auf die Dichtigkeit der Behälter.

Der Landwirt selbst gehe nach eigenen Aussagen jedoch von einem Sabotageakt aus. Erst auf Anordnung wurde die Ablaufleitung laut Bericht gegen unbefugtes Öffnen gesichert – nachdem die Gülle bereits ausgetreten war. Wie hoch der ökologische Schaden in der Neye-Talsperre sein wird, könne derzeit noch nicht abschließend abgeschätzt werden. Dies hinge auch davon ab, wieviel Gülle noch abgepumpt werden könne.

Der Wupperverband teilte unterdessen mit, dass durch die Behandlung des Gülle-Wasser-Gemischs in der Kläranlage Hückeswagen ein guter Erfolg erzielt werden konnte: „Die Belastung in der Neyetalsperre ist deutlich zurückgegangen. Die Messwerte lassen darauf schließen, dass die Gülleblase mit der hochkonzentrierten Verunreinigung weitestgehend aus der Talsperre entfernt worden ist.“ Die Konzentrationen für Stickstoff und Phosphor seien zwar deutlich gesunken, liegen aber noch über den normalen Werten. Zurzeit sei bereits – trotz dieser Erfolge – eine sehr starke Algenentwicklung in der Talsperre zu verzeichnen. Weitere längerfristige Auswirkungen sind auch nach Angaben des Wupperverbands noch nicht absehbar.

Daher haben die Vertreter der Behörden, der EWR GmbH und des Wupperverbandes über das weitere Vorgehen gesprochen. Der Wupperverband und die EWR streben an, die bewährte Methode der Behandlung in der Kläranlage Hückeswagen fortzusetzen, möglichst in Kombination mit anderen Maßnahmen, über die in den nächsten Wochen noch entschieden wird. Daher wird der Verband vorsorglich einen Verlängerungsantrag für die Mitbehandlung in der Kläranlage stellen. Mit einer Entscheidung, wie die Beteiligten mit dem noch schwach belasteten Wasser auf dem Grund der Neyetalsperre umgehen werden, ist in der kommenden Woche zu rechnen. Die Wasserqualität in den als Badegewässer genutzten Talsperren Bever- und Wupper-Talsperre ist durch den Vorfall an der Neyetalsperre nicht beeinträchtigt.

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