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Doppelpaar-Klassiker von Edward Albee

vma; 28. Feb 2015, 10:17 Uhr
Bilder: Vera Marzinski --- Das neuste Stück im Wiehler Theater ist eine nächtliche Schlacht der bittersüßen Siege und vernichtenden Niederlagen.
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Doppelpaar-Klassiker von Edward Albee

vma; 28. Feb 2015, 10:17 Uhr
Wiehl – Mit „Wer hat Angst vor Virginia Woolf?“ ist Regisseur Raimund Binder in einer hochkonzentrierten Premierenaufführung ein großer Theaterabend am Schau-Spiel-Studio Oberberg gelungen.
Von Vera Marzinski

Die Afterparty des in die Jahre gekommenen, frustrierten Paares Martha (Gabi Bülter) und George (Gisbert Möller) mit dem jungen, aufstrebenden Paar Nick (Jörn Wollenweber) und Putzi (Katrin Platzner) entwickelt sich nicht nur zum Saufgelage. Im Mittelpunkt steht ein wenig fröhlicher Kindervers – „Wer hat Angst vorm bösen Wolf?“ – aus dem ein Partywitz durch die Ersetzung des Wolfes mit „Virginia Woolf“ wird. Wer spricht sich damit Mut zu und weshalb? In den zynischen und oft schockierenden Dialogen kommen Frustrationen, Ängste, zerstörte Illusionen, aber auch Hoffnungen zu Tage.

  

Schauplatz des Dramas ist eine Wohnung, in der sich zwei Ehepaare nach einer Party treffen. Man vertreibt sich die Zeit mit Gesellschaftsspielen, die zum Anlass der Selbstentblößung werden. Insbesondere Martha und George fordern sich wie in einem Schachspiel Zug um Zug mehr heraus. Was ist Spiel und was ist Wahrheit? Ungeniert verhöhnt und demütigt Martha ihren Mann, der ihre Ambitionen nicht realisiert hat und es ihr nicht minder brutal heimzahlt. Als Martha ihren Sohn gegenüber den Gästen, für die Kinderlosigkeit und Scheinschwangerschaften auch ein großes Thema sind, erwähnt, beschließt George die Geschichte alleine weiterzuführen und lässt den Sohn in einer Erzählung vor den Gästen tödlich verunglücken.


[Sie geben sich gegenseitig nichts, was der Austausch von Bösartigkeiten betrifft: Martha (Gabi Bülter) und George (Gisbert Möller).]

Der Autor des Schauspiels, Edward Franklin Albee III, wurde kurz nach seiner Geburt 1928 von einem Theater-Unternehmer-Ehepaar adoptiert und so wuchs er in der Theaterwelt auf. Sein erstes Stück „The Zoo Story“ brachte er erst 1958 heraus. Sein gesellschaftskritisches Werk "Wer hat Angst vor Virginia Woolf?", das er 1962 verfasste und von Mike Nicols (mit Liz Taylor und Richard Burton in den Hauprollen) verfilmt wurde, machte ihn zu einem der bekanntesten amerikanischen Dramatiker der Nachkriegszeit. Die damals im Mittelpunkt einer Ehe stehenden Regeln, insbesondere die Machtposition des Mannes stellt er in Frage. Insbesondere die Alliteration der drei K – Kinder, Küche, Kirche -, die die soziale Rolle der Frau nach den konservativen Wertvorstellungen beschreibt. Und es geht um Wahrheit und Illusion. Der Wiehler Regisseur Raimund Binder bringt nun dieses Schauspiel in der Bühnenfassung von Pinkas Braun auf die Bühne.


[Zunächst sind Nick (Jörn Wollenweber) und Putzi (Katrin Platzner) nur Zuschauer im Spiel der Gastgeber - sie werden aber immer mehr in deren Gesellschaftsspiele mit hineingezogen.]

Gisbert Möller ist im Ensemble des Schau-Spiel-Studio Oberberg immer eine sichere Bank für hervorragendes Schauspiel. Es ist ein Leichtes für ihn, andere an die Wand zu spielen. Nicht so im „Wer hat Angst vor Virginia Woolf“. Er ist nicht nur hervorragend – er ist brillant. Er mimt einen selbstbeherrschten George, der seine Wunden mit ätzendem Sarkasmus kaschiert und anderen Geständnisse entlockt, die er erbarmungslos gegen sie einsetzt. Weil George nicht das robuste Durchsetzungsvermögen wir ihr Vater hat, lässt Martha keine Gelegenheit verstreichen, um ihren Mann als Verlierer zu schmähen und zu beschimpfen. Gabi Bülter weiß dies alles meisterhaft zu gestalten und macht aus dieser Partie kein Biest. Sie ist kalt und berechnend, aber auch verletzlich und wieder fordernd und setzt ihre Rolle exzellent um. Jörn Wollenweber gibt den Karrierefixierten Nick als sehr standhaften, beherrschten jungen College-Dozenten, dessen Unsicherheiten und Überheblichkeiten er in hervorragender Weise darstellt. Die etwas prüde, aber auch überdrehte und hysterische Putzi bringt Katrin Platzner sehr gut auf die Bühne. Raimund Binder hat für dieses Stück vier Darsteller ausgewählt, die jeder für sich, die Rolle sehr authentisch umsetzen und das in fesselnder emotionaler Intensität.

Weitere Vorstellungen:
Sa. 28.02. (20 Uhr), So. 01.03. (18 Uhr), Mi. 04.03. u. Fr. 06.03. (20 Uhr), So. 08.03. (18 Uhr) Mi. 11.03./ Fr. 13.03. u. Sa. 14.03. (jeweils 20 Uhr) So. 15.03. (18 Uhr)
Mi. 18.03./ Fr. 20.03. u. Sa. 21.03. (jeweils 20 Uhr) So. 22.03. 18 Uhr
  
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