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Menschliche Selbstsucht, grenzenlose Gier

uh; 8. Feb 2015, 09:26 Uhr
Bilder: Martin Hütt.
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Menschliche Selbstsucht, grenzenlose Gier

uh; 8. Feb 2015, 09:26 Uhr
Gummersbach – Im Stadttheater wurde am Freitagabend das Stück „Volpone – der Fuchs von Venedig“ aufgeführt - Rund 500 Gäste bekamen dabei eine ganze Bandbreite unmoralischer Figuren zu Gesicht.
„Volpone – Der Fuchs von Venedig“ ist eine Komödie in drei Akten von Ben Jonson, frei bearbeitet von Stefan Zweig. Sie entstand 1606 und handelt von dem reichen Venezianer Volpone, der mehrere Erbschleicher überlistet. Am Freitagabend wurde das Stück als Gastspiel der Theaterproduktion a-gon München unter der Leitung von Stefan Zimmermann im Stadttheater Gummersbach aufgeführt. Das gut besetzte Ensemble musste allerdings auf Hauptdarsteller Frank-Thomas Mende verzichten, der vom bekannten Fernsehschauspieler Michael Roll ersetzt wurde.

Herr Volpone kränkelt, scheinbar. Er ist dem Tode nahe, denkt man. Aber er hat dennoch eine geniale Geschäftsidee. Derjenige, der ihn beerbt, ist noch nicht bekannt. Daher lässt der reiche Geizhals über seinen Diener Mosca einige habgierige Venezianer wissen, er werde ihnen sein Vermögen hinterlassen, wenn er nur ihrer Freundschaft sicher sei. Eine geldwerte Information für beide Seiten, denn Volpone ist sich der Geschenke der Erbschleicher gewiss. Er spielt also den todkranken und die Einkünfte steigen. Ben Jonson, ein Zeitgenosse Shakespeares, hat diesen Trick zum Kern seiner Komödie gemacht.



Und so treten allerlei Gestalten an den reichen Volpone (der Fuchs) heran, die, ähnlich wie der Scheintote und sein Diener Mosca (die Schmeißfliege), durch ihre Tiernamen typisiert werden. Der Kaufmann Corvno (die Krähe) verkauft seine junge Frau Colomba (die Taube) an Volpone, dem es in den Lenden juckt. Der Wucherer Corbaccio (der Rabe) überschreibt Volpone sein Vermögen, um es als Erbe, vergrößert, wiederzugewinnen, und enterbt dabei seinen Sohn Leone (der Löwe).

Doch Diener Mosca möchte auch ein Wort im wilden Erbschleicherspiel mitreden, klärt Leone auf und gibt dem Geschehen damit eine ganze eigene Dynamik. Gerichtsverfahren, Mosca als Alleinerbe und ein lebender Leichnam sind nur drei Aspekte der folgenden Szenerie. Anständige Menschen sucht man letztlich vergebens, lediglich Leone und Colomba können dieses Attribut für sich beanspruchen.


[Weder Familie noch Freunde in Sicht, und doch dreht sich alles um einen Todkranken.]


Ben Jonson schrieb die Komödie 1606 nach der Fabel vom schlauen Fuchs. Der stellt sich tot, um Aasgeier anzulocken, die er dann frisst. Die Figur des Volpone gleicht der heutiger Finanzhaie, die ihr Geschäftsmodell forciert haben und Gewinnmaximierung anstreben, egal durch welche Methode. 
Ein zynisches Stück über menschliche Niedertracht, Selbstsucht, Geiz und Gier, das auch im 21. Jahrhundert seine Aktualität nicht verliert.
  
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