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Der Spagat zwischen Goldmarie und Aschenputtel

bv; 28. Jan 2015, 10:41 Uhr
Bilder: Bernd Vorländer --- Groß war das Interesse an der gestrigen Innenstadtkonferenz in der Halle 32.
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Der Spagat zwischen Goldmarie und Aschenputtel

bv; 28. Jan 2015, 10:41 Uhr
Gummersbach - Die Kreisstadt will ihrer Innenstadt ein neues Gesicht geben und setzt auf die Unterstützung von Handel und Immobilen-Eigentümern - Innenstadtkonferenz in der Halle 32.
Von Bernd Vorländer

Die derzeitige Situation in der Gummersbacher Innenstadt ist Auftrag und Herausforderung zugleich. Auf der einen Seite ein neues Einkaufszentrum, das Forum Gummersbach, das den modernen Eingang zum Steinmüllergelände symbolisiert. Das ehemalige Industrie-Areal ist der neue Mittelpunkt der Kreisstadt. Hier liegen die Fachhochschule, weitere Bildungseinrichtungen, die SCHWALBE arena, bedeutende Unternehmen und im Herbst der Einkaufspalast dicht an dicht.


[Stadtplaner Rolf Junker sah in Gummersbach einiges an Verbesserungsbedarf.]

Da verblasst auf der anderen Seite ein wenig der frühere Gummersbacher Mittelpunkt, die Innenstadt. Je weiter man sich vom Forum Gummersbach entfernt, umso schwieriger wird es für Geschäfte und Händler, Interesse zu wecken. Hier also ein Goldmarie-Image, dort Aschenputtel? Jedenfalls deuten die Leerstände etwa in der Wilhelmstraße darauf hin, dass Gummersbach Probleme hat.  Mancher Händler ist skeptisch, obwohl die meisten auch Chancen sehen. Und auch Gummersbachs Bürgermeister Frank Helmenstein sagt: "Es gibt Dinge, die man besser machen kann. Wir brauchen eine neue Professionalität bei der Vermarktung der Innenstadt." Nach vielen goldenen Jahren mit der Entwicklung des Steinmüllergeländes sieht sich die Stadtspitze jetzt wieder mit echten Problemen konfrontiert. Da sind drohende Leerstände von Immobilien, wenn Amtsgericht und Polizei in neue Dienstgebäude umziehen und man die alten Dienstgebäude nicht entsprechend umnutzen und neuen Interessenten anbieten kann.


Und da sind die Eigentümer der Gebäude in der Kern-Innenstadt, wo die Verwaltung offenbar nur begrenzte Einflussmöglichkeiten besitzt und der eine oder andere Gesprächsfaden abgerissen erscheint - wie etwa bei der Innenstadtgemeinschaft. Um zu Änderungen im Erscheinungsbild zu kommen braucht es neben Kreativität eben auch Investitionsbereitschaft. "Innenstadtveränderung ist eine Gemeinschaftsaufgabe", sagt Gummersbachs Erster Beigeordneter Ulrich Stücker.


[Auf Zetteln konnten die Besucher Lob und Kritik loswerden.]

Um die Kommunikation zu befördern und Ideen zu entwickeln hatte die Stadt nun zur Innenstadtkonferenz in die Halle 32 geladen. Etwa 250 Eigentümer, Einzelhändler und Politiker waren gekommen, um sich einbinden zu lassen in einen Prozess, der bis zur Eröffnung des Forums Gummersbach abgeschlossen sein soll. Gestern Abend durften die Teilnehmer loben und kritisieren. Auf entsprechenden Zetteln und auf Tafeln konnte man niederschreiben, was Gummersbach ausmacht und was es zu verbessern gilt. Am Ende richtete man eine Arbeitsgruppe ein, in der Eigentümer in den kommenden Monaten über Immobilien, Profil der Innenstadt, Identitäten, Branchenmix und adäquate Nutzung diskutieren und Lösungen finden sollen. Nichts weniger als die Zukunftsfähigkeit der Innenstadt stehe auf dem Spiel, meinte Elke Frauns, die seit 20 Jahren im Bereich strategische Stadtentwicklung tätig ist und den Prozess in Gummersbach begleiten soll.


[Die schriftlichen Äußerungen der Gäste werden in der Arbeitsgruppe behandelt.]

Auch Stadtplaner Rolf Junker, der seit vielen Jahren die Entwicklung in der Kreisstadt mitgestaltet, wird sich beim Finden von Lösungen beteiligen. Er hielt der Stadt den Spiegel vor. Das Erscheinungsbild des EKZ "Bergischer Hof" und der "Alten Post" sei "nicht so prickelnd" und "nicht zeitgemäß". Es gebe einen Investitionsstau in der Stadt, Nebenlagen würden zu wenig beachtet. Er plädierte dafür, Wilhelms- und Moltkestraße als Einkaufsmöglichkeiten zu erhalten und den Bismarckplatz "als Kleinod" in die Konzeption einzubeziehen.

Mindestens viermal will sich die neue Arbeitsgruppe, die sich Innenstadtlabor nennt, 2015 treffen und im Herbst Ergebnisse präsentieren. Entscheidend wird sein, ob dann den zu Papier gebrachten Lösungsvorschlägen auch die praktische Umsetzung folgt. Oder anders ausgedrückt: Es braucht private Investitionen und öffentliche Fördermittel, um das umzusetzen, was Bürgermeister Helmenstein einforderte: "Wir müssen uns als Innenstadt neu erfinden."
  
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