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„Herr der Maden“ im Amtsgericht

vma; 21. Jan 2015, 20:36 Uhr
Bilder: Vera Marzinski --- Lebende Maden hatte Benecke nicht dabei, dafür aber sehr anschauliche, wenn auch abstoßende Bilder. Dazu ausführliche Erklärungen als leichte Kost verpackt.
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„Herr der Maden“ im Amtsgericht

vma; 21. Jan 2015, 20:36 Uhr
Gummersbach – Am Dienstagabend verhandelte man im Gerichtssaal 101 keine Strafsache, dennoch hatte die Veranstaltung kriminellen Bezug - Der Kriminalbiologe Dr. Mark Benecke gab einen teils gruseligen Einblick in seine Arbeit.
Innerhalb von wenigen Stunden an einem Vormittag war die Veranstaltung ausverkauft, so Amtsgerichtsdirektorin Claudia Krieger. Mark Benecke ist vielen bekannt als der „Herr der Maden“. Seit über 20 Jahren ist er international auf dem Gebiet der wissenschaftlichen Forensik aktiv und hat sich insbesondere der Entomologie (Insektenkunde) verschrieben.



Mark Benecke ist öffentlich bestellter, freiberuflicher Sachverständiger. Im Gerichtssaal in Gummersbach zeigte er den Gästen ein paar Fälle, die er bearbeitet hat, per Beamer. „Es gibt keine Nicht-Informationen“, erklärte er gleich zu Beginn und zeigte Bilder, von seiner Fahrt mit der Regionalbahn. Hier hatte er unterwegs Fotos gemacht – beispielsweise von einer unbeklebten Werbewand. Für ihn sind hier dennoch unendlich viele Informationen zu finden. Auch hinter profanen Häuserwänden und schmuddeligen Hinterhöfen sah er beispielsweise autoerotische Delikte, die gerne vertuscht werden. Allerdings fange seine Welt da an, wo es klein sei – wie bei kleinen Krümeln. Oder verpuppten Madenlarven. Die sähen oft aus wie Mäusekot und würden dann falsch oder gar nicht gedeutet. So bei einem älteren Mann, den man schon leicht verwest in seiner Wohnung gefunden hatte. Ein anderes, etwas gruseliges Bild war das von einer Wasserleiche. Es handelte sich um einen Drogentoten, den seine „Kollegen“ nach einer Überdosis entsorgt hatten.

 
[ Dr. Mark Benecke hielt einen sehr anschaulichen und informativen Vortrag.]

Es sei immer gut, wenn er möglichst zeitnah nach dem Fund auf die Leiche gucken könne, die ihn im Grunde nicht interessiere, sondern die Insekten, die sich auf und in der Nähe des Leichnams befinden, erklärte Benecke. Dabei werden vor Ort die Befunde dokumentiert. Zuviel deuten im Vorfeld wäre nicht gut. Bei ihm heißt es „Ärmel hoch und nicht denken“. Nur messbare Spuren werden geprüft. „Zeugenaussagen dagegen sind nicht messbar“, so Benecke. Maden sind für den Nichtexperten nicht leicht zu unterscheiden. Ist es nun eine Larve der Calliphora vomitoria (Schmeißfliege) oder Fannia Canicularis (kleine Stubenfliege)? Als Benecke den Fall eines Baby-Leichen-Fundes erläuterte, warnte er die Gäste im Saal vor: „Sie müssen da nicht hingucken“. Beim Anblick der Fotos kann sich schon mal der Magen umdrehen. Denn er zeigt
 nicht harmlose Bilder, sondern Aufnahmen entstellter Leichen. 
Nur durch detaillierte Nahaufnahmen ließen sich die wirklich interessanten Fragen klären, so Benecke.


[Vollbesetzt war der Gerichtssaal 101 im Amtsgericht Gummersbach.]

Sein Job ist das Leben, das nach dem Tod kommt: Maden, Fliegen und Käfer, die sich über verwesende Leichen hermachen. Weil er auch gerne darüber spricht, ist der Kriminalbiologe Mark Benecke heute in Presse, Funk und Fernsehen als „Madendoktor“ bekannt. In Gummersbach stellten die Besucher der Veranstaltung nach seinem Vortrag noch Fragen zu seinen Erfahrungen in Amerika – er hat da schon fürs FBI gearbeitet – und ob er zu den Tatorten gerufen würde. Das sei früher öfter der Fall gewesen, so Benecke. Heute ist er unter anderem  Ausbilder an deutschen Polizeischulen und trainiert Polizisten, Spuren richtig zu sehen und aufzunehmen. Gute Fotos mit entsprechenden Angaben sind da viel wert. Und auch die Gäste im Gerichtssaal merkten schnell: Dr. Mark Benecke versteht es meisterhaft, dem interessierten Laien sein Fachwissen verständlich zu vermitteln.
  
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