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Da hilft auch kein Beten: Knöllchen gibt es sogar sonntags

fj; 9. Sep 2014, 11:30 Uhr
Bild: Fenja Jansen --- Vor der katholischen Kirche St. Matthias in der Löhstraße wurde es eng am Sonntag, 31. August.
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Da hilft auch kein Beten: Knöllchen gibt es sogar sonntags

fj; 9. Sep 2014, 11:30 Uhr
Bergneustadt – Am 31. August zogen zwei Gottesdienste ungewöhnlich viele Besucher in die Löhstraße, die nicht alle einen Parkplatz fanden – Die Stadt verteilte Strafzettel, wofür manch Kirchgänger kein Verständnis hat.
Hans-Gerd Klein ist sauer – sauer auf die Stadt Bergneustadt. „Ich bin ja eigentlich ein ruhiger und verträglicher Mensch. Meine Frau ebenfalls. Dass die Stadt Bergneustadt in einer solch finanziellen Notlage steckt, hätten wir jedoch nicht gedacht“, wandte sich der Gummersbacher an die OA-Redaktion. Was war passiert? Am Sonntag, 31. August, wurde der neue Kaplan für die Pfarrereiengemeinschaft Oberberg Mitte, Niccolo Galetti, in der katholischen Kirche St. Matthias im Bergneustädter Stadtteil Hackenberg eingeführt. Klein, der langjähriges Mitglied im Kirchenvorstand in Dieringhausen und im Kirchengemeindeverband Oberberg-Mitte ist, wollte die Einführung „seines“ Kaplans natürlich nicht verpassen.

Also machte er sich mit seiner Frau, mit der er ansonsten die Kirche in Dieringhausen besucht, auf den Weg nach Bergneustadt, genauer in die Löhstraße auf dem Hackenberg. Dort feierte aber auch die Freie-Evangelische Kirchengemeinde ihren Gottesdienst, gleichzeitig zog die Einführung in St. Matthias mehr Besucher an als an normalen Sonntagen. So kam es, dass für die Gläubigen nicht ausreichend Parkplätze zur Verfügung standen und auch Klein sah sich gezwungen, seinen Wagen teilweise auf dem Gehweg zu parken.


„Hier kam dann der Heilige Geist ins Spiel, oder wer mag der Stadtverwaltung Sonntagmorgens geflüstert haben, dass auf dem Hackenberg viele Autos ordnungswidrig geparkt hatten. Hier konnten dann mal schnell ein paar Euro abkassiert werden“, ereifert sich Klein, dass er an diesem Morgen einen Strafzettel kassiert hat. Die Stadt Bergneustadt fordert von ihm ein Verwarnungsgeld. „Bei unserem nächsten Gebet bitten wir für Sie (die Stadt Bergneustadt, Anm. d. Redaktion) um die Gnade der sonntäglichen Erleuchtung, auf dass noch viele Kirchenbesucher ihren Beitrag an die Stadt Bergneustadt abführen, anstatt ihn für caritative Zwecke in der Kirche zu spenden“, ist Kleins ironischer Kommentar zu diesem sonntagmorgendlichen Einsatz des Ordnungsamts.

Dass an diesem Morgen in der Löhstraße insgesamt 18 „Knollen“ verteilt wurden, bestätigt Uwe Binner von der Stadt Bergneustadt auf Nachfrage von OA. Allerdings werden in Bergneustadt nicht standardmäßig Kirchgänger kontrolliert, vielmehr häuften sich bei Veranstaltungen immer wieder die Beschwerden von Anliegern über ordnungswidrig abgestellte Autos, so Binner. Es sind diese Beschwerden, die zu den Kontrollen führen, nicht die Aussichten auf einen schnellen Euro. „Ich habe mir die Fotos, die die Mitarbeiter des Ordnungsamts an besagtem Morgen in der Löhstraße gemacht haben, zeigen lassen. Dort wurde tatsächlich teilweise so geparkt, dass der Gehweg für Fußgänger unpassierbar war“, so Binner. Und genau diese Falschparker haben laut Binner ein Verwarnungsgeld kassiert.

„Die entsprechenden Mitarbeiter haben die Order, gerade bei Veranstaltungen mit Fingerspitzengefühl vorzugehen und auch mal Fünfe gerade sein zu lassen. Einen Strafzettel bekommen nur die, die wirklich so parken, dass sie andere behindern. Schließlich müssen Fußgänger den Gehweg benutzen können – und im Notfall muss auch ein Rettungswagen oder Feuerwehrfahrzeug noch durch die Straße passen“, erklärt Binner. Den Mitarbeitern des Ordnungsamts sei die Zwickmühle, in der sie steckten, dabei durchaus bewusst: Auf der einen Seite Verständnis für die Anwohner, auf der anderen Seite für die Besucher, die keine Parkplätze finden. Fest steht: Die Straßenverkehrsordnung gilt auch am Sonntag. Das hat auch der liebe Gott noch nicht geändert.
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