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Eine beeindruckende Lebensgeschichte

vma; 5. Sep 2014, 00:23 Uhr
Bilder: Vera Marzinski --- Gabriele Grünebaum und Holger Banse sind die Autoren des Buches mit Erinnerungen von Rachel Grünebaum.
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Eine beeindruckende Lebensgeschichte

vma; 5. Sep 2014, 00:23 Uhr
Wiehl - Ausgewählte Textteile aus dem Buch über das Leben von Rachel Grünebaum hörten die Gäste der Lesung in der Volksbank Oberberg.
„Ein Dokument als Nachweis, was für Untaten Menschen angetan werden können“, so Wilfried Hahn, Vorsitzender der Oberbergischen Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit. "Mein Leben nach Auschwitz" ist mehr als ein Buch über den Holocaust. Das Buch beschreibt auf sehr persönliche Art das Leben einer jüdischen Frau. Aufgewachsen in Sighet/Rumänien und nach Auschwitz deportiert. Sie überlebte das Konzentrationslager und auch anschließend die Zwangsarbeit bei Krupp in Essen sowie eine schwere Typhuserkrankung. Und auch die Zeit nach 1945 – zunächst in Israel und dann in Deutschland – war nicht einfach. Die Gäste im Forum der Volksbank Oberberg in Wiehl erlebten am Donnerstagabend eine besondere Lesung mit einer beeindruckenden und bedrückenden Lebensgeschichte.



Gut besucht war die Lesung und auch der aktuelle Projektkurs „…dass Auschwitz sich nicht wiederhole“ des Dietrich-Bonhoeffer-Gymnasiums, der sich intensiv mit dem Nationalsozialismus auseinandersetzt, kam mit Lehrerin Tanja Schuhen. Gespannt und angespannt verfolgten die Gäste die Lesung. Schauspielerin Lena Sabine Berg trug ausgewählte Textteile vor. 1923 kam Rachel als achtes Kind Von Schifra und Chaim Schnitzler zur Welt. In Sighet lebten 20.000 Menschen, davon 10.000 Juden. Alle wurden generalstabsmäßig nach Auschwitz deportiert. Ein Soldat sortierte die Ankommenden nach rechts oder links. Später fand Rachel heraus: es war Josef Mengele. Er schickte sie nach rechts, die Mutter und einige ihrer Geschwister mit Kindern nach links. Die nach links gehen mussten, erlebten den nächsten Morgen nicht mehr.


[Die Schauspielerin Lena Sabine Berg las aus dem Buch "Mein Leben nach Auschwitz".]

Das Buch „Mein Leben nach Auschwitz“ erzählt von der Kinder- und Jugendzeit vor Auschwitz und natürlich über die Zeit danach, als Rachel zunächst bei Schwester Tisku in Tel Aviv lebte. Dort war sie eine der ersten Soldatinnen des neu gegründeten Staats Israel. Sie lernte Fredi Grünebaum kennen, sie heiraten und er will unbedingt wieder zurück nach Deutschland, nach Köln. Am 11.11.1953 kommen sie dort an – gleich mit einem „Kulturschock“ zum Start der fünften Jahreszeit. Dies und vieles mehr erzählte Rachel Grünebaum Holger Banse. Er besuchte sie, als sie aus Israel zurückkam, wohin sie für acht Jahre nach dem Tod ihres Mannes Fredi ausgewandert war. Was sie erzählte, beeindruckte Banse, der von 1998 bis 2012 Vorsitzender der Oberbergischen Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit war, sehr. „Es gab den einen oder anderen Punkt, der sich von anderen Berichten Holocaust-Überlebender unterschied“, so Banse. So fragte er sie, ob er ihre Geschichte aufschreiben könne – und sie sagte zu.


[Wilfried Hahn (re.) begrüßte die Gäste zum Lesungsabend im Foyer der Volksbank Oberberg.]

An sechs Nachmittagen saßen sie mehrere Stunden zusammen – bis Rachel Grünebaum im März die Krebs-Diagnose bekam. Am 23. Juli 2010 starb sie – ein Jahr später wendete sich Banse an ihre Tochter. Die war erst noch zurückhaltend, doch schließlich überarbeitete sie das Manuskript, fügte einiges hinzu und kümmerte sich um Fotos für das Buch. Auf einem Foto, das Gabriele Grünebaum bei der Recherche entdeckte, war eine Frau bei der Selektion auf der Rampe in Auschwitz zu sehen, die ihrer Mutter sehr ähnlich sah. Dieses Bild zeigte sie bei einem Besuch in Israel der Jugendfreundin ihrer Mutter. Und Zuzi sagte spontan beim Anblick des Bildes: „Das da ist deine Mutter und da hinten bin ich“. Dieses Bild ist auch im Buch abgedruckt. Die Erzählung ist zudem eingebettet in historische und geografische Fakten und wird ergänzt durch den Einblick in die religiöse Tradition einer jüdisch-orthodoxen Familie in Osteuropa und wurde im Kölner emons-Verlag gedruckt.
  
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