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„Ein Gedicht kann einen ganzen Tag verändern“

bv; 11. Aug 2014, 16:43 Uhr
Bild: Bernd Vorländer --- Die amerikanische Schriftstellerin Rita Dove und ihr Mann Fred Viebahn besuchen derzeit Gummersbach.
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„Ein Gedicht kann einen ganzen Tag verändern“

bv; 11. Aug 2014, 16:43 Uhr
Gummersbach – Pulitzer-Preisträgerin Rita Dove und ihr Mann Fred Viebahn, der aus Gummersbach stammt, besuchen derzeit die Kreisstadt und ihren Freund Hans-Egon Häring.
Von Bernd Vorländer

Rita Dove ist in den USA eine profilierte und bekannte Dichterin und Schriftstellerin. 1987 erhielt sie den weltberühmten Pulitzer-Preis und darüber hinaus sehr viele Auszeichnungen und Ehrungen, so etwa 25 Ehrendoktorwürden. 1979 hatte Dove den deutschen Schriftsteller Fred Viebahn geheiratet, den sie bereits 1976 kennengelernt hatte. Viebahn wurde 1947 in Gummersbach geboren, war nach Abitur und Studium als Schriftsteller und Journalist tätig und erhielt im Anschluss ein Stipendium in den USA. Dove und Viebahn haben eine 31-jährige Tochter.

OA: Mit wie viel Jahren haben Sie festgestellt, dass da mehr vorhanden war, als nur ein wenig Talent zum Schreiben
Dove: Mein Professor an der Universität hat nur einen lapidaren Satz zu meinen ersten Texten gesagt, nämlich: Daraus kann man etwas machen. Das hat meinen Ehrgeiz angestachelt.

OA: Haben sich die Themen Ihrer schriftstellerischen Arbeit mit den Jahren verändert?
Dove: Im Prinzip nicht, Menschen von nebenan stehen nach wie vor im Mittelpunkt, wie sie ihren Platz im Leben finden und mit den täglichen Herausforderungen umgehen, aber ich lasse mich immer noch gerne von jedem neuen Tag inspirieren.

OA: Wie schaffen Sie es, in einer digitalisierten, oft hektischen Zeit, immer noch viele Menschen mit ihren Texten zu begeistern, ja zu fesseln?
Dove: Meine Entwürfe schreibe ich heute noch zum Teil mit Bleistift oder Kugelschreiber, trotz der Modernität eines Laptops. Lyrische Texte sollen die Zeit für einen Moment stoppen, Gelegenheit zum Innehalten und den Menschen die Möglichkeit geben, die Welt mit anderen Augen zu sehen. Und viele Menschen genießen diese Oase, unabhängig davon, ob sie auf eine Zeitungsseite oder das Internet zugreifen. Manchmal kann ein Gedicht einen ganzen Tag verändern – und das freut mich sehr.


OA: Herr Viebahn, wieviel Gummersbach steckt noch in Ihnen drin?
Viebahn: Ich habe sehr viele Erinnerungen an meine Kindheit und einen Teil meiner Jugend in Gummersbach. Die Stadt war und ist häufig Thema in unserer Familie, vor allem bei unserer Tochter, die ein enges emotionales Verhältnis zu Gummersbach besitzt, da sie regelmäßig ihre Großmutter besucht hat.

OA: Sie haben beide Nationalitäten. Fühlen Sie sich eher als Amerikaner oder als Deutscher?
Viebahn: Wenn ich in den USA bin, fühle ich mich als Amerikaner mit deutschen Wurzeln, wenn ich in Deutschland bin als Deutscher mit amerikanischem Pass. Irgendwie bleibt man aber immer Deutscher. Die politischen Verhältnisse und die entsprechenden Entwicklungen verfolge ich täglich. Ich schreibe ja auch noch ab und zu für den deutschen Blog www.achgut.com.

OA: Sie kennen die USA sehr gut. Ist es tatsächlich so, wie es vor einigen Tagen zu lesen war, dass  der ehemalige Weltpolizist müde ist und sich gerne von den Krisen dieser Welt zurückziehen möchte?
Viebahn: Es gibt ein starkes isolationistisches Element in den USA. Das ist auch auf große Fehler der Bush-Regierung zurückzuführen, etwa in den Irak einzumarschieren. Das Gefühl, sich nicht mehr einmischen zu wollen, greift jetzt offenbar auch auf die Obama-Administration über.
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