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Inklusion auf dem Rücken der Kleinsten?

gre; 10. Jul 2014, 10:45 Uhr
Archivbild --- Die Einrichtungsleitung der integrativen Kindertagesstätte „Linder Kinder“ sieht durch die Neuregelung viele Nachteile auf die kleinen Besucher und ihre Eltern zukommen.
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Inklusion auf dem Rücken der Kleinsten?

gre; 10. Jul 2014, 10:45 Uhr
Lindlar - Durch einen Beschluss des LVR wird sich der Alltag in Integrativkindergärten bald verändern – Lindlarer Eltern befürchten Nachteile für Kindergartenkinder mit Behinderung und wehren sich mit einer Online-Petition.
Von Michelle Grebe

Eltern, die ein Kind mit Behinderung haben, konnten ihr Kind bislang auf eigenen Wunsch in einen Integrativkindergarten geben, der ebenso Regelkinder aufnimmt. In diesem erhalten Kinder spezielle Förderungen, beispielsweise durch Logopäden (Sprachtherapie) und Physiotherapeuten (Bewegungstherapie). Ab dem 1. August dieses Jahres soll der Alltag in Integrativkindergärten anders aussehen: Pro Kind, welches eine Behinderung hat oder von einer Behinderung bedroht ist, werden zusätzlich 5.000€ an die jeweilige Einrichtung gezahlt.

Die Förderung ist nicht mehr daran gebunden, ob es sich um einen speziellen Kindergarten mit speziell ausgebildetem Personal, also einen Integrativkindergarten, handelt. Dadurch soll im Zuge der Inklusion gewährleistet werden, dass Kinder mit Behinderungen in einen Regelkindergarten gehen können. Quasi über Nacht werden Regelkindergärten zu Integrativkindergärten und umgekehrt. Die Eltern der jetzt ungewollt betroffenen Kinder haben sich jedoch explizit für einen Integrativkindergarten mit seinem speziellen Förderangebot entschieden.

Damit Therapeuten in den Kindergarten kommen können und dort die speziellen Förderungen durchführen, sind spezielle Anforderungen nötig - und zumeist nicht umsetzbar. Vor dieser Umstellung stehen zurzeit fast alle Integrativkindergärten und Kindergärten mit integrativen Gruppen im Kreis. „Die bisherige Möglichkeit, freie Therapeuten auf Honorarbasis zu beschäftigen, wurde den Integrativkindergärten genommen. Die Verwendung der 5.000€ Kinderpauschale kann nur anteilig für vor 2010 festangestelltes therapeutisches Personal verwendet werden. Dadurch kommt es teilweise zu einem völligen Wegfall der Therapien, welche auch nicht durch die Erzieher ersetzt werden können, da diese nicht ausreichend qualifiziert sind", ergab ein Elterngespräch mit der Einrichtungsleitung der Kindertagesstätte „Elterninitiative Linder Kinder“ in Linde.



Der Beschluss hat damit zufolge, dass die für Kinder notwendigen speziellen Förderung außerhalb des Kindergartens stattfinden müssen, so dass zu befürchten steht, dass die Kinder nach einem langen Kindergartentag nicht mehr mit voller Konzentration bei der Sache sind und dies zudem eine zusätzliche Belastung für die Eltern darstellt. Vor allem finanziell sind Eltern mit Integrativkindern schon mehr belastet als Eltern von Regelkindern und ab dem 1. August wird der Elternbeitrag durch die Kinderpauschale von 5.000€ nicht mehr vom LVR übernommen, was eine zusätzliche monatliche Zahlung von bis zu 319€ für Eltern bedeuten kann.

Der Inklusionsgedanke, nach dem bald Kinder mit und ohne Behinderung zusammen zur Schule gehen sollen, wird nun zum Leidwesen der Kinder mit Behinderung auf Kindergärten übertragen. Denn besonders in jungen Jahren sind die speziellen Förderungen für Kinder mit Behinderung sehr wichtig. Zudem werden in den Integrativkindergärten zumeist auch Regelkinder aufgenommen, um das Miteinander zu fördern. Viele Eltern wünschen sich die alte Regelung zurück, um ihren Kindern die frühkindliche Förderung zu erleichtern.

Mitglieder der „Elterninitiative Linder Kinder“ haben nun eine Online-Petition gegen die neue Regelung gestartet, denn Eltern sollten weiterhin die Wahl haben, ihr Kind „zu den alten Bedingungen" in einen Integrativkindergarten zu geben, oder den Zuschuss von 5.000€ für die Einrichtung zu beantragen, sollte man sich für einen Regelkindergarten entscheiden.

Weiterführende Informationen und Links gibt es unter: www.openpetition.de/petition/online/gegen-die-benachteiligung-von-kindern-auf-integrativplaetzen-und-mehrbelastungen-fuer-die-eltern.
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