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In der Disco gefeiert, im Krankenhaus aufgewacht

fj; 16. Apr 2014, 12:10 Uhr
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In der Disco gefeiert, im Krankenhaus aufgewacht

fj; 16. Apr 2014, 12:10 Uhr
Oberberg – Oberberg-Aktuell sprach mit einer Gummersbacherin, deren Tochter unmittelbar nach einem Discobesuch zusammenbrach – In ihrem Blut wurden Amphetamine gefunden – Polizei warnt vor K.o.-Tropfen.
Was ein unbeschwerter Abend unter Freundinnen in der Engelskirchener Diskothek „Place to be“ werden sollte, endete für eine 18-jährige Gummersbacherin in der Intensivstation. Dass der Schreck bei ihrer Mutter immer noch tief sitzt, ist spürbar, als sie von dieser Nacht berichtet: Am 4. April wollte ihre Tochter mit zwei Freundinnen im „Place to be“ feiern, als es ihr während des Discoaufenthalts jedoch zusehends schlechter ging, machten sich die drei auf den Heimweg.

In der Wohnung der Freundin angekommen, brach die Gummersbacherin zusammen, ihre Begleiterinnen alarmierten den Rettungsdienst. Vom Krankenhaus aus wurde die Mutter angerufen – man hätte Amphetamine im Blut ihrer Tochter gefunden. Zwei Tage verbrachte die junge Frau mit schweren Herz-Rhythmus-Störungen auf der Intensivstation. An den Weg ins Krankenhaus könne sie sich nicht erinnern. Lediglich daran, dass es ihr in der Disco immer schlechter ging bis sie schließlich nicht mehr sprechen konnte und kaum mehr in der Lage war, die Augen offen zu halten.

Ihre Tochter hatte weder zu tief ins Glas geschaut, noch aus freien Stücken Drogen konsumiert, das stand für die erschrockene Mutter fest. Also erstattete sie Anzeige und die Polizei nahm ihren Verdacht ernst: Hinter dem Zusammenbruch könnten sogenannte K.o.-Tropfen stecken. Hinter diesem Begriff können sich verschiedene Substanzen verbergen, deren Besitz allein meist schon strafbar ist. Sie sind farb- und geruchslos und, vermischt in einem Getränk, kann man sie auch nicht schmecken. Dass diese ahnungslosen Personen unfreiwillig verabreicht werden, ist auch im Oberbergischen kein Einzelfall, wie Polizeisprecherin Monika Treutler bestätigt. „Dass uns solche Anzeigen erreichen, ist leider nicht selten“, sagt Treutler, die von einer noch viel höheren Dunkelziffer ausgeht.

„Das Verabreichen von K.o.-Tropfen ist eine Körperverletzung und somit eine Straftat, der wir konsequent nachgehen“, macht die Polizistin deutlich. Das Problem jedoch: Die Substanz ist nur ein paar Stunden im Blut nachweisbar. Wer nach einer Feier oder ähnlichem also feststellt, dass er einen „Filmriss“ hatte, den er sich nicht erklären kann, sollte nicht zögern, die Polizei aufzusuchen, lautet ihr Apell. Werden entsprechende Substanzen im Blut nachgewiesen, wird geprüft, ob eine Vergewaltigung stattgefunden hat. Denn auch zu diesem Zweck werden die Drogen eingesetzt: Um Menschen willenlos und fügsam zu machen, ohne, dass sie sich später an viel erinnern können.



Die 18-jährige Gummersbacherin ist dergleichen glücklicherweise nicht zugestoßen. Ihre Wertsachen fehlten ebenfalls nicht. Auch dies ist kein Einzelfall: „Manchmal ist es nicht nachvollziehbar, warum die Tropfen verabreicht wurden“, weiß Treutler. Das eigene Getränk und das der Freunde immer im Auge behalten – diese Methode biete den wirksamsten Schutz. Auch von Fremden ausgegebene Getränke sollte man ablehnen. Wenn ein Freund über Schwindel oder Übelkeit klagt, sollte man ihn in keinem Fall mehr aus den Augen lassen und nicht zögern, den Krankenwagen zu rufen, sollte sich die Situation verschärfen. Vorsicht ist nicht nur in Discotheken geboten, so Treutler. „Auch auf Schulfeiern, die von den Schülern selbst organisiert werden, kommt so etwas leider immer wieder vor“.

Die Mutter der Gummersbacherin sieht auch die Diskotheken in der Verantwortung. „Wenn man weiß, dass solche Fälle keine Seltenheit sind, müssen auch die Discos ihre Anstrengungen erhöhen“, fordert sie. Sie ist der Meinung, dass durch schärfere Kontrollen oder verstärkter Kameraüberwachung das Schicksal ihrer Tochter hätte vermieden werden können. Peter Piechaczek glaubt nicht, dass dem Problem allein durch Taschenkontrollen beizukommen ist. Er ist der Eigentümer des Gebäudes, in dem die Disco „Place to be“ ansässig ist und betrieb deren Vorgänger, den „Nachtengel“. Auch die Kameras, so Piechaczek, könnten nicht alles festhalten. Trotzdem war er gerne bereit, mit der Mutter gemeinsam die Videos, die in der Nacht von den Überwachungskameras aufgezeichnet wurden, anzusehen. Eindeutige Hinweise brachten diese leider nicht. Auch die Türsteher seien nach dem Vorfall vom Betreiber dazu aufgefordert worden, ihre Achtsamkeit zu erhöhen, so Piechaczek. Hundertprozentige Sicherheit garantiere aber auch das nicht.

Für die Mutter ist dies sicherlich ein schwacher Trost. „Man kann sich ja kaum vorstellen, dass so etwas Schreckliches hier auf dem Land geschieht. Doch jetzt wo ich es weiß, werde ich wohl immer in Sorge sein, wenn meine Kinder ausgehen.“ Ihre Tochter hat sich glücklicherweise gut erholt. Doch die Mutter gibt zum Abschluss zu bedenken: „Stellen Sie sich vor, dass wäre jemanden mit einem Herzfehler oder ähnlichem passiert.“

Auch das Justizministerium informiert über die Gefahren von K.o.-Tropfen. Ein Flyer mit Informationen und entsprechenden Verhaltenstipps kann hier als PDF-Dokument heruntergeladen werden.

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