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Familienverband statt Konzern-Politik

fj; 15. Apr 2014, 14:27 Uhr
Oberberg Aktuell
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Familienverband statt Konzern-Politik

fj; 15. Apr 2014, 14:27 Uhr
Nümbrecht – Seit die Winterborner Tankstelle 1929 gegründet wurde, ist sie fest mit einer Familie verbunden – Auch nach der Wiedereröffnung wird sie als Familienbetrieb geführt, losgesagt hat man sich aber von den großen Konzernen.
„Mein Mann ist unser technischer Mitarbeiter, mein Sohn leitet die Waschstraße, meine Schwägerin hilft mir im Büro, meine Schwiegertochter ist immer da im Einsatz, wo sie gebraucht wird und mein jüngster Sohn und meine zukünftige Schwiegertochter helfen mir in den Bereichen Organisation und Marketing“, zählt Anette Mortsiefer-Behrendt auf. Sie selbst ist die Inhaberin der Tankstelle Mortsiefer in Nümbrecht-Winterborn und ihr Betrieb ein echtes Familienunternehmen. Und dies nicht erst, seitdem die Tankstelle in der vergangenen Woche wiedereröffnet wurde. Seit der Urgroßvater ihres Mannes, Gustav Koch, die Tankstelle 1929 eröffnete, drehen sich die Geschäfte der Familie um den Kraftstoff.

Im heutigen Büro, wo Mortsiefer-Behrendt die Geschicke des Unternehmens nun fortführt, war ehemals das Wohnzimmer der Familie untergebracht. „Es ist zwar nicht immer leicht, aber es macht jeden Tag aufs neue Spaß, mit der Familie zusammenzuarbeiten“, sagt die heutige Inhaberin. Während die Tankstelle knapp ein Jahr geschlossen war, hat sie den Betrieb neu aufgestellt und dabei auch eine neue Firmenphilosophie formuliert: „Kundennähe und faire, nachvollziehbare Preise“, bringt sie den Grundsatz auf den Punkt, nach dem die Familie heute arbeitet. Die Zugehörigkeit zum Aral-Konzern ist Geschichte, heute wird das Unternehmen als freie Eigentümertankstelle, die keinem großen Konzern angehört, geführt.

„Es war für mich nie nachvollziehbar, warum der gleiche Sprit morgens teurer als abends sein soll. Die Currywurst an der Pommes-Bude wechselt ja auch nicht im Laufe des Tages ihren Preis“, so Mortsiefer-Behrendt. Auf den gekauften Kraftstoff schlägt sie so viel wie nötig, aber so wenig wie möglich auf. Dieser Preis bleibt stabil, bis die Tanks leer sind, neuer Kraftstoff bestellt werden muss und sich der Preis nach dessen Kosten neu berechnet. „So werden wir aller Voraussicht nach mal teurer, mal günstiger als die Mitbewerber sein, aber unsere Preise sind nachvollziehbar.“ Kundennähe wird bei ihr ebenso groß geschrieben wie eine transparente Preispolitik. „Wir sind eine Dorftankstelle, in der die Mitarbeiter die Kunden persönlich kennen. Sie sollen sich hier wohlfühlen.“ Dazu soll auch das Angebot im Laden beitragen, zu dem neben Dingen, die man im Alltag braucht, auch ein stetig wechselndes Angebots-Sortiment gehört. Die persönliche Begrüßung an der Kasse gibt es dann inklusive.

Gut, dass Gustav Koch, der eigentlich Schmied war, die Zeichen der Zeit erkannte und die ersten Liter Sprit gleich neben seiner Schmiede verkaufte. Die Tankstelle gründete er unter der Flagge von Benzol-Vertrieb (BV), Vorgänger des heutigen Aral-Konzerns, an der Landstraße 339. In den 1950er Jahren baute sein Schwiegersohn auf der gegenüberliegenden Straßenseite ein für diese Zeit typisches Wohnhaus mit Garage, Vordach, Zapfsäulen und Glaskabine für den Tankwart. Der Kraftstoff kam mittlerweile von Aral. Später kaufte er eine Maschine zum Einschäumen von Autos und schließlich eine Portal-Waschanlage. 1970 hielten die ersten Säulen zum Selbertanken Einzug in Winterborn, 1974 folgte der Bau einer Waschstraße – damals ein seltener Anblick im Kreissüden. Unter der Regie seines Enkels, Stefan Mortsiefer, entstand 1987 ein Neubau, in dem noch heute Kasse und Tankstellen-Shop untergebracht sind.
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