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Blettenberg konnte Regresszahlungen einstellen

fj; 26. Mar 2014, 16:03 Uhr
Bilder: Fenja Jansen --- Dr. Ralph Krolewski, Hausärzteverband Nordrhein, und Dr. Jörg Blettenberg (re.) erläuterten die Konsequenzen aus den Regressverfahren.
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Blettenberg konnte Regresszahlungen einstellen

fj; 26. Mar 2014, 16:03 Uhr
Lindlar – Dr. Jörg Blettenberg wurde von den Krankenkassen ein Vergleich angeboten – Gegen teils existenzbedrohende Regressforderungen wollen er und der Kreisverband des Hausärzteverbands Nordrhein weiter kämpfen.
Die Erleichterung ist spürbar und der Dank kommt von Herzen. Er gilt allen, die sich für ihn eingesetzt und den „Fall Dr. Jörg Blettenberg“ publik gemacht haben. Im Jahr 2008 hat der Lindlarer Hausarzt die ärztliche Betreuung der Patienten im „Haus Tannenberg“ in Gummersbach übernommen. Hier sind 120 psychisch kranke Menschen mit zum Teil schwersten Krankheitsbildern untergebracht. Nach einer Prüfung durch die Kassenärztliche Vereinigung (KV) wurde eine Überschreitung des Budgets für Heilmittel festgestellt, die der Mediziner zurückzahlen sollte (OA berichtete). 2009 hat Blettenberg 86.000€ gezahlt, 2010 bekam er einen weiteren Bescheid über Regressforderungen in Höhe von 116.000 €. Hier wurde die Vollstreckung durch ein Urteil des Sozialgerichts ausgesetzt. Dann flatterte aber der nächste Bescheid der Prüfstelle ins Haus: 190.000€ für Heilmittel und Medikamente 2011.

Es drohten die Schließung der Praxis der private Ruin des vierfachen Vaters. Monatlich trug der Arzt die Regeressforderungen mit 4.000€ ab. Am vergangenen Freitag nun konnten diese Zahlungen eingestellt werden. Die Krankenkassen hatten Blettenbergs Anwalt gesucht darüber informiert, dass man eine individuelle Regelung finden und einen Vergleich schließen könne. Noch weiß der Lindlarer nicht, ob der Vergleich tatsächlich kommt und welchen Betrag er in diesem Fall zu zahlen hätte, doch er hat entschieden, sich auf ihn einzulassen. „Hätte ich keine Familie und keine Angestellten und Patienten, würde ich Russisch Roulette spielen und bis vor die letzte gerichtliche Instanz gehen. Auch ein Vergleich kann teuer werden, ist aber nicht mehr existenzbedrohend“, so Blettenberg.

„Das habe ich Ihnen zu verdanken“, sagte der Azrt in Richtung des Lindlarer Bürgermeisters Dr. Georg Ludwig, der sich gemeinsam mit anderen Politikern eingesetzt hatte, sowie zu den Vertretern des Aktionsbündnisses Wir für Dr. Blettenberg , die in einer Petition bislang rund 4.000 Unterschriften gesammelt haben. Noch sieht er sich dennoch nicht am Ende des Kampfes, den er unter anderem gemeinsam mit dem oberbergischen Kreisverbands des Hausärzteverbands Nordrhein ausficht.



Jedem Hausarzt steht pro Quartal nur ein gewisses Volumen an Heilmitteln und Arzneien zu, die er verschreiben kann. Wird dieses Verordnungsvolumen überschritten, wird von Amtswegen ein Verfahren gegen den Arzt eingeleitet. Dagegen kann er vor dem Beschwerdeausschuss der KV Widerspruch einlegen und Praxisbesonderheiten geltend machen. Werden diese nicht anerkannt, folgen Regressforderungen. Zwar kann der Arzt klagen, ausgesetzt werden die Forderungen vor einem Urteil aber nicht. Wie im Falle Dr. Blettenberg „Unsere Kollegen waren über dieses Vorgehen zutiefst entsetzt und verunsichert“, so Dr. Ralph Krolewski, Vorsitzender des oberbergischen Hausärzteverbandes. Denn die Konsequenz liegt auf der Hand: Folgt ein Arzt seinem Gelöbnis, nachdem die Gesundheit des Patienten oberstes Gebot des Handelns sein soll, läuft er Gefahr, sein Budget zu überschreiten, sich Regressforderungen ausgesetzt zu sehen und sich letztendlich finanziell zu ruinieren.

Deswegen hat der Hausärzteverband klare Forderungen: „Die Krankenkassen und die KV Nordrhein sollen die Wirtschaftlichkeitsprüfung zu Heilmittelverordnungen des Kollegen Blettenbergs erneut durchführen und dabei die Verordnungen für die Bewohner „Haus Tannenberg“ als Praxisbesonderheit anerkennen und herausrechnen. Ein gleiches Vorgehen fordern wir für alle uns nicht bekannten Regressverfahren gegen Kollegen.“

Auch, dass im Beschwerdeausschuss, der über die Anerkennung von Praxisbesonderheiten entscheidet, mehr Nicht-Ärzte als Ärzte sitzen, ist für den Hausärzteverband nicht haltbar. Dem für Blettenberg zuständigen Beschwerdeausschuss stand bislang ein Jurist vor, der die Verfahren gegen die Ärzte mit der Kanzlei, der er angehört, auch direkt durchführte. Zumindest dies wurde nun untersagt. „Für eine generelle Änderung dieser Zustände kann jedoch nur die Politik sorgen“, so Krolewski. Dafür, dass sie handelt, kann jeder einzelne durch sein Aufbegehren etwas tun. „Die unsinnige Bedrohung von Versorgerpraxen durch Regresse, die es so auch nur in Deutschland gibt, bedroht die Versorgung von Versicherten und Patienten“, so Krolewski.
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