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„Wahlen sind wichtig, aber nicht alles“

bv; 11. Sep 2013, 17:23 Uhr
Bilder: Bernd Vorländer --- Der Eintrag ins Goldene Buch der Gemeinde Lindlar durfte natürlich nicht fehlen: Bundestagspräsident Norbert Lammert eingerahmt von Lindlars Bürgermeister Dr. Georg Ludwig und dem oberbergischen Budnestagsabgeordneten Klaus Peter Flosbach.
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„Wahlen sind wichtig, aber nicht alles“

bv; 11. Sep 2013, 17:23 Uhr
Lindlar – Bundestagspräsident Dr. Norbert Lammert besucht Lindlar und würdigt vehement das gesellschaftliche Engagement ehrenamtlicher Arbeit.
Von Bernd Vorländer

Dass in Deutschland Wahlkampf herrscht, lässt sich allein schon an der Dichte der Politikertermine erkennen. Die Politprominenz gibt sich im Oberbergischen sozusagen die Klinke in die Hand. Dass allerdings mit Norbert Lammert der Bundestagspräsident und damit der zweithöchste Würdenträger der Bundesrepublik nach Lindlar gekommen war, sticht da schon heraus. Im neuen Pfarrer-Braun-Haus in der Ortsmitte wurde der CDU-Politiker von Lindlars Bürgermeister Dr. Georg Ludwig und dem oberbergischen Bundestagsabgeordneten Klaus Peter Flosbach begrüßt. Allerdings – ein echter Wahlkampftermin war das nicht. Lammert enthielt sich jeder entsprechenden Rhetorik, selbst eine Wahlempfehlung war nicht drin.


[Eigentlich wollte der passionierte Orgelspieler Lammert einige Stücke anspielen, doch dieser orgel ließ sich kein Ton entlocken.]

Stattdessen informierte er sich in dem gerade neu eröffneten Pfarrer-Braun-Haus des „Deutschorden-Wohnstifts Konrad Adenauer“ über den Alltag der Altenpflege, wurde von Geschäftsführer Norbert Frangenberg und Hausleiterin Elisabeth Rückl mit den großen und kleinen Problemen der Altenhilfe vor Ort konfrontiert, sprach mit Bewohnern und diskutierte schließlich ausführlich mit Ehrenamtlern aus Engelskirchen und Lindlar.


Bürgerschaftliches  Engagement ist Lammerts Petitum. Ein moderner Staat benötige nicht nur effektiv arbeitende Parlamente, sondern auch eine engagierte Bürgergesellschaft. „Wahlen sind wichtig aber nicht alles“, so Lammert. Rund 25 Millionen Deutsche engagierten sich für Vereine, Institutionen, in den Kommunen – und zwar immer für ihre Mitmenschen und meist ohne jede Aufwandentschädigung. 50 Milliarden Euro sei dieser Dienst an der Gesellschaft wert, haben kluge Zeitgenossen ausgerechnet. Für Lammert ein Wert an sich, denn gäbe es diese Graswurzel-Demokratie nicht, blieben viele Aufgaben unerledigt. „Was eine Gesellschaft aus sich macht, steht und fällt mit dem Engagement der Menschen“, so der Bundestagspräsident, der die deutsche Stabilität und derzeitige, sich von Nachbarländern abhebende Gesamtsituation auch auf das funktionierende Miteinander zurückführte.


[Der Bundestagspräsident nahm sich auch Zeit für Gespräche mit den Bewohnern des Pfarrer-Braun-Hauses.]

Die Ehrenamtler führten dem Gast aus Berlin allerdings vor Augen, dass es trotz allen Lobs für das große Ganze vor Ort auch Sorgen gebe. Viele junge Menschen könnten für eine ehrenamtliche Aufgabe nicht mehr gewonnen werden, die demografische Entwicklung tue ihr Übriges. Zudem würden die Finanzmittel des Staates ungerecht verteilt, wenn etwa die Gemeinde Lindlar trotz guter wirtschaftlicher Rahmenbedingungen den Haushaltsausgleich nicht schaffe und beispielsweise den Sport in der Kommune nicht mehr so wie vor zehn Jahren unterstützen könne. Lammert hörte geduldig zu, sah, dass noch einiges zu erledigen sei und widmete sich einem „Lieblingsthema“. Er wisse, dass er sich damit nicht unbedingt Freunde mache, aber die immer teurer werdenden Sportrechte sind Lammert ein Dorn im Auge. Er sehe nicht ein, dass öffentlich-rechtliche Sender mit dem Geld des Gebührenzahlers die immer höheren Gehälter von Profisportlern finanzieren müssten. „Wir müssen die Prioritäten neu sortieren. Das wird nicht gemütlich, ist aber unvermeidlich.“  

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