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Wenn's ganz dicke kommt

db,nh; 21. Apr 2013, 01:10 Uhr
Bilder: Michael Kleinjung --- Wasser kam nicht zum Einsatz.
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Wenn's ganz dicke kommt

db,nh; 21. Apr 2013, 01:10 Uhr
Gummersbach – Tagelanger Stromausfall in Teilen des Oberbergischen und ein Feuer im Krankenhaus waren das Szenario der großen Katastrophenschutzübung von Kreis und Rettungskräften.
Von Daniel Beer und Nils Hühn

Das Kreisgebiet wird von einem schweren Unwetter heimgesucht. Feuerwehren und Rettungsdienste haben alle Hände voll zu tun. Als das Schlimmste schon überstanden scheint, sorgt ein Schaden in einem Umspannwerk für einen zweiwöchigen Stromausfall im Kreis-Süden. Und dann bricht auch noch ein Feuer im Kreiskrankenhaus Gummersbach aus - ein Horrorszenario. Zum Glück alles nur eine Übung.

Genau mit diesem Szenario probte der Oberbergische Kreis bei einer zweitägigen Katastrophenschutzübung gemeinsam mit Feuerwehr, Polizei, Rettungsdienst und weiteren Hilfsorganisationen den Ernstfall.


[Die Einsatzleitung bespricht das genaue Vorgehen.]

Am Samstagmorgen mussten sich die Retter beim Einsatz am Krankenhaus in Gummersbach beweisen. Gegen 9 Uhr wurde Feuer auf einer Station gemeldet. Sofort setzten sich die Löschgruppen Gummersbach, Strombach, Windhagen und Lobscheid in Bewegung. Zwar waren die Wehrmänner über die Übung informiert, nicht aber über die Situation, die sie vorfinden würden. Die sah wie folgt aus: 20 Patienten sind noch auf der verqualmten Station, darunter zwei Menschen, die künstlich beatmet werden müssen. Nach einer ersten Begehung der Einsatzstelle rückte die Feuerwehr zum fiktiven Löschen vor. Um die schlechte Sicht durch Qualm zu simulieren, trugen die Männer OP-Masken über ihren Atemschutzgeräten.


Das Feuer wurde in den Räumlichkeiten der Krankenpflegeschule simuliert. Die befindet sich in der Realität im Erdgeschoss, im Szenario aber im zweiten Stock. Eine Rettung der Patienten über die Fenster war also nicht möglich, auch wenn es eine Gruppe Feuerwehrmänner zu Beginn dennoch praktizierte. Feuerwehr-Chef Detlef Hayer musste kurz einschreiten: „Patient sofort wieder zurück!“ Im Laufe des Einsatzes wurden verschiedene Rettungswege ausprobiert.  

Die Patienten spielten Mitglieder des Bundeswehr-Kreisverbindungskommandos, das die Übung erarbeitet hat. Die echten Patienten, Mitarbeiter und Anwohner wurden aus Rücksicht im Vorfeld mehrfach informiert.

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Zur schnellen Evakuierung wurden die Patienten auf Matratzen aus dem Gebäude gezogen. Dort übernahmen dann die Rettungskräfte mehrerer Hilfsorganisationen. Im Ernstfall werden die Geretteten je nach Erkrankung oder Verletzung auf die umliegenden Krankenhäuser verteilt. Die Krankenwagen-Besatzung bekommt einen Zettel mit allen wichtigen Informationen über den Patienten.

Bei einem echten Stromausfall kann sich das Krankenhaus theoretisch unbegrenzt lange selbstständig mit Strom versorgen – solange Diesel für die Notstromaggregate vorhanden ist. Rund 250 Einsatzkräfte waren im Einsatz. Um die Verpflegung kümmerte sich das DRK-Oberberg, das seine Versorgungszelte auf dem Gelände der AggerEnergie aufgeschlagen hatte.



Bei einer sogenannten Großschadenslage übernimmt der Oberbergische Kreis als Katastrophenschutzbehörde die Leitung und Koordination der Einsatzkräfte. Krisenstab und Technische Einsatzleitung nehmen dann ihre Arbeit auf. „Wir müssen regelmäßig üben, um unsere Schlagkraft zu zeigen“, sagte Kreisdirektor Jochen Hagt, der im Rahmen der Übung Leiter des Stabs war. Für die schnelle Information der Menschen gehört auch die BuMa (Bevölkerungs- und Medienarbeit) zum Krisenstab. Auf der Internetseite des Kreises wird in Katastrophenfällen sofort eine Sonderseite geschaltet, die erste Informationen enthält und stetig aktualisiert wird.

Bereits am Freitag übte der Krisenstab im Notfallzentrum in Kotthausen, wie die Reaktionen auf den großen Blackout aussehen würden. 18 Mitglieder saßen zusammen mit Stabsleiter Hagt. Um 13 Uhr erfuhr die Führungsriege, welche Tragweite die Katastrophe im Umspannwerk hat. Tagelange Stromausfälle in Teilen des Südens Oberbergs. „Da stößt man schnell an seine Grenzen", so Hagt. Der Krisenstab muss den Überblick im Chaos behalten und eine Prioritätenliste schaffen. Natürlich bräuchten Krankenhäuser und Altenheime Strom, „aber auch landwirtschaftliche Betriebe", so Hagt.


[Links: Der leitende Notarzt Dr. Carsten Eisberg im Gespräch mit der Feuerwehr.]

Der Krisenstab besteht aus den Fachamtsleitern des Kreises, der Polizei und Feuerwehr. Auch ein Vertreter des Aggerverbands und des Energieversorgers ist anwesend. Klaus-Dieter Neumann sticht in seiner Bundeswehruniform aus der Masse hervor. Er ist der stellvertretende Leiter des Kreisverbindungskommandos und die Schnittstelle zwischen dem Kreis und der Bundeswehr, die bei solchen Katastrophen angefordert werden kann.

Als Beobachter hat der Kreis einen Experten der Akademie für Krisenmanagement, Notfallplanung und Zivilschutz angefordert. Die detaillierte Auswertung der  Katastrophenschutzübung wird voraussichtlich einige Wochen dauern. Erst dann soll ein Fazit gezogen werden. „Wir sind zum Lernen hier", betont Hagt.  
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