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'Der Islam in Deutschland'

vma; 26. Nov 2012, 10:51 Uhr
Bilder: Vera Marzinski.
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'Der Islam in Deutschland'

vma; 26. Nov 2012, 10:51 Uhr
Gummersbach - Die Friedrich-Naumann-Stiftung hatte zu einer hochkarätig besetzten Diskussionsrunde in die Theodor-Heuss-Akademie eingeladen.
Von Vera Marzinski

Trotz sichtbarer Erfolge der Integration bestehen noch immer eine Reihe von Herausforderungen und offener Fragen im Umgang mit dem Islam in Deutschland. Dazu sprachen und diskutierten von Seiten der Politik Sylvia Löhrmann (Bündnis 90/Die Grünen), Ministerin für Schule und Weiterbildung in NRW, und Jörg-Uwe Hahn (FDP), hessischer Minister der Justiz, für Integration und Europa. Beide sind jeweils stellvertretende Ministerpräsidenten in ihrem Bundesland. Der Vorsitzende des Islamrats für die BRD und Sprecher des Koordinationsrates der Muslime, Ali Kizilkaya, sowie der Islamwissenschaftler Yilmaz Kahraman aus der Alevitischen Gemeinde Deutschland zählten ebenfalls zur Diskussionsrunde, die von Promotionsstipendiat Ufuk Olgun geleitet wurde.


[Sylvia Löhrmann.]

2006 fand die erste „Deutsche Islamkonferenz“, initiiert vom früheren deutschen Innenminister Wolfgang Schäuble, statt. Als „Kleine Mini-Islam-Konferenz“ betitelte Ufuk Ogun die Runde in Gummersbach. Hessens Minister Jörg-Uwe Hahn wies darauf hin, dass die Diskussion zum Thema Islam nicht erst mit der „Deutschen Islamkonferenz“ begonnen hätte. Zudem habe sich der Staat aus der Religion herauszuhalten. Ministerin Sylvia Löhrmann sah jedoch die Notwendigkeit institutionelle Wege von Seiten der Politik aufzuweisen.

Bereits 1984 war Sylvia Löhrmann als frischgebackene Lehrerin mit der Problematik konfrontiert. Die Hälfte der Schüler ihrer ersten Klasse stammte aus Familien mit Migrationshintergrund. Das war damals im Studium kein Thema gewesen – mittlerweile hat sie vielfältige Eindrücke aus der praktischen Arbeit hinzugewonnen. In Nordrhein-Westfalen wird seit 1999 im Rahmen eines Modellversuchs Islamkunde-Unterricht erteilt, welcher offiziell jedoch keinen Religionsunterricht darstellt.


Seit Beginn des aktuellen Schuljahres 2012/2013 wird nun an ca. 40 Grundschulen im Land bekenntnisorientierter islamischer Religionsunterricht angeboten. Gleichzeitig wurde in Münster die Ausbildung künftiger islamischer Religionslehrer begonnen. Aber auch in Hessen rückt die Einführung des islamischen Religionsunterrichts näher. Voraussichtlich soll dieser ab Sommer 2013 an 25 Grundschulen beginnen.

Die Islampolitik in Deutschland nimmt Ali Kizilkaya eher als Sicherheitspolitik war. Seit 40 Jahren lebt er in Deutschland und findet, dass der deutsche Staat keine durchdachte Integrationspolitik mache. Der Islam-Unterricht an den Schulen sei eine reine Informationsveranstaltung. Islamwissenschaftler Yilmaz Kahraman forderte, dass kritisch mit der eigenen Identität und den eigenen Strukturen umgegangen werden müsse. Dabei unterstrich er die Aussage von Löhrmann, dass man selbstbewusster sein und aus der Opferrolle heraus müsse.



Löhrmann forderte, nicht mit Schwarz-Weiß-Denken an die Sache heranzugehen. Insbesondere die Kommunen seien als Orte wichtig, in denen Integration gelebt werden könne. Es komme darauf an, Schritte institutionalisiert in die richtige Richtung zu lenken. So wurde bereits unter Johannes Rau ein Landeszentrum für Integration eingeführt. Der ehemalige Landesvater hatte sich allgemein stark für die Integration und Toleranz seiner Mitmenschen eingesetzt.

Auch Jörg-Uwe Hahn thematisierte die im Grundgesetz verankerte Unantastbarkeit der  Würde des Menschen. In Gummersbach wurde angedacht, was der Staat die Organisationen beitragen können. Die Diskussion um Islam in Deutschland – angefangen von der  Frage nach islamischem Religionsunterricht, dem Umgang mit islamischen Feiertagen oder dem rechtlichen Status der Glaubensgemeinschaften – ist noch lange nicht abgeschlossen. Herausforderung und offene Fragen bleiben.
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