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Bewährungsstrafe im Drogenprozess

pn; 10. Jul 2018, 16:00 Uhr
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Bewährungsstrafe im Drogenprozess

pn; 10. Jul 2018, 16:00 Uhr
Gummersbach - Das Landgericht Köln hat einen 25-Jährigen Gummersbacher zu einer zweijährigen Bewährungsstrafe verurteilt – Staatsanwaltschaft hatte trotz Asperger-Syndrom Haftstrafe gefordert.
Von Peter Notbohm


Am Ende folgte die 8. Große Strafkammer unter dem Vorsitz von Dr. Stefan Queng dem Antrag der Verteidigung. Die Richter sahen von einer möglichen hohen Strafe gegen Achim R. (Name geändert) ab, sondern verurteilten den 25-Jährigen lediglich zu einer Bewährungsstrafe wegen Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge sowie Beihilfe zum unerlaubten Handel. Bei dem Gummersbacher waren im vergangenen Winter 1,76 Tonnen eines Stoffes gefunden worden, dass zur Herstellung von knapp 14 Kilogramm Dimethyltryptamin (DMT) geeignet gewesen wäre. Die Drogen, die auf dem deutschen Markt bislang eine sehr untergeordnete Rolle spielen, hätten einen Straßenwert von 1,4 Millionen Euro gehabt.


Nach dem Prozessauftakt vergangene Woche sowie den heutigen Aussagen zweier Polizeibeamter, des Hausverwalters der Wohnanlage des Oberbergers, seiner Mutter und der gerichtlich bestellten Psychologin kam die Kammer zu der Auffassung, dass bei dem Verurteilen keine erhöhte kriminelle Energie vorherrsche. „Er ist durch sein Asperger-Syndrom geprägt und nicht in der Lage auf seine Umwelt richtig zu reagieren“, war eine der Begründungen, die Dr. Queng für die vergleichsweise milde Strafe nannte. Die Staatsanwaltschaft hatte aufgrund des hohen Wertes – der Fall gilt als einer der größten Drogenfunde auf deutschem Boden – noch für eine dreijährige abzusitzende Haftstrafe plädiert: "Denn das ist eine echte Hausnummer und dieses Zeug ist wirklich übel!"


Als erwiesen gilt, dass der Gummersbacher eher zufällig in die Kreise des türkisch-nationalistischen Rockerclubs Osmanen-Germania geraten war. Der Präsident dieser Vereinigung hatte die Leichtgläubigkeit des Verurteilten schnell erkannt und ausgenutzt. Auch der 25-Jährige berichtete in seinem verlesenen Geständnis, dass ihm die Einlagerung des vermeintlichen Baumaterials zwar merkwürdig vorgekommen sei, „aber ich war so blöd, es zuzulassen“, hatte er sich aufgrund seiner seelischen Krankheit nicht großartig gewehrt und erst später recherchiert, was in seinem Keller wirklich zwischenlagerte.


Auch die psychologische Gutachterin Dr. med Korte hatte hierauf abgestellt: „Er ist ein sehr intelligenter Mensch, der auch weiß, was man tun darf und was nicht. Der aber auch eine sehr eingeschränkte Fähigkeit hat, sozial zu handeln und damit sehr leicht zu instrumentalisieren ist.“ Er suche sich vielmehr Menschen, die seine sozialen Defizite kompensieren würden.

Neben seiner seelischen Krankheit hielt das Gericht dem Gummersbacher, der kurz nach dem Fund zudem massiv von dem Rockerclub bedroht worden war, zudem zu Gute, dass die Drogen niemals in den Umlauf kamen, er ein spätes Geständnis abgelegt habe und sein Tatbeitrag äußerst gering war. „Sein gesamtes Handeln war eher auf Entdeckung ausgelegt“, sagte Queng und urteilte zudem, dass eine weitergehende Haftstrafe ihn in seiner Krankheit nur weiter gezeichnet hätte. Während die Verteidigung, die bereits in ihrem Plädoyer von einer Opferrolle und von einem großen dummen Zufall gesprochen hatte, auf ihr Rechtsmittel bereits verzichtete, ließ sich die Staatsanwaltschaft diese Option offen.

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