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Minister diskutierte ärztliche Versorgung auf dem Land

fj; 7. Mar 2018, 16:48 Uhr
Bilder: Fenja Jansen --- Die Podiumsdiskussion mit Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (5. v. li.)wurde von Prof. Dr. Wolfgang Goetzke (4. v. li.), Gesundheitsregion KölnBonn, moderiert.
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Minister diskutierte ärztliche Versorgung auf dem Land

fj; 7. Mar 2018, 16:48 Uhr
Morsbach – Im Rahmen einer Podiumsdiskussion mit NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann stellte Bürgermeister Jörg Bukowski seine Pläne für ein Versorgungszentrum in Lichtenberg vor – Minister: „Man ist sehenden Auges in die Krise gegangen“.
Mit einem Versorgungszentrum im Ortsteil Lichtenberg möchte die Gemeinde Morsbach dem Ärztemangel auf dem Land – genauer gesagt im Versorgungsbezirk Morsbach, Waldbröl, Nümbrecht – begegnen. Den heutigen Besuch des nordrhein-westfälischen Gesundheitsministers Karl-Josef Laumann nutzte Morsbachs Bürgermeister Jörg Bukowski dazu, die Pläne für das Versorgungszentrum, das unter dem Motto „Der Mensch im Mittelpunkt“ geplant wird, vorzustellen. „Neben einem Hausarzt wünschen wir uns Fach- und Zahnärzte, Physiotherapie, einen Pflegedienst und eine Tagespflege“ beschrieb Bukowski seine Vision. Damit diese zu einem tatsächlichen Versorgungszentrum wird, möchte der Verwaltungschef auch ein Café und ein Lebensmittelgeschäft ansiedeln.

Um diese Pläne zu realisieren, hat sich die Kommune um eine Förderung der Robert-Bosch-Stiftung bemüht, hier aber kürzlich eine Absage erhalten. „Somit setzen wir umso mehr auf die Unterstützung des Oberbergischen Kreises“, erklärte Bukowski, dass er auf eine Zusammenarbeit im Rahmen des Projekts „INBP – Intersektoral vernetzte Betreuung Pflegebedürftiger im Oberbergischen Kreis“ hofft. Ein Grundstück für das Versorgungszentrum in Lichtenberg sei derweil bereits vorhanden, auch mit Investoren würden Gespräche geführt. Locken will Bukowski die Ärzte auch damit, dass sie nicht als selbstständige, sondern angestellte Ärzte arbeiten.


[Teilnehmer der Podiumsdiskussion (v. li.): Daniela Dahlenkamp (Physiotherapie-Praxis Physis), Birgit Klein-Schlechtingen (Inhaberin der gleichnamigen Krankenpflegepraxis), Dr. Johannes Schlechtingen (Hausarzt, Praxen in Waldbröl und Lichenberg), Ralf Schmallenbach (Gesundheitsdzernent Oberbergischer Kreis), Minister Karl-Josef Laumann und Bürgermeister Jörg Bukowski.]
  
In der sich anschließenden Podiumsdiskussion erläuterte Moderator Prof. Dr. Wolfgang Goetzke vom Verein „Gesundheitsregion KölnBonn“ die Lage: In Morsbach gebe es vier niedergelassene Ärzte, davon seien zwei über 65 Jahre alt und blicken der Rente entgegen. Hausarzt Dr. Johannes Schlechtingen erläuterte, dass die Hausärzte die Versorgung bereits jetzt nur durch zahlreiche Überstunden aufrechterhalten können. „Kein junger Mensch lässt sich als Hausarzt in einer Region nieder, in der Überstunden an der Tagesordnung sind“, so Schlechtingen. Von Nachwuchsproblemen konnten auch Birgit Klein-Schlechtingen, Inhaberin einer Krankenpflegepraxis, und Daniela Dahlenkamp von Physis – Praxis für ganzheitliche Physiotherapie berichten: „Auch die Fachkräfte, die hier ihre Ausbildung absolviert haben, sind nur schwer zu halten. Sie gehen lieber in die Städte“, so Klein-Schlechtingen und Dahlenkamp bestätigte: „Ich kenne keine Praxis in der Region, die nicht noch Mitarbeiter einstellen würde– nur sie zu finden ist schwer.“


[Minister Laumann (li.) trug sich in das Goldene Buch der Gemeinde Morsbach ein.]

Mit sehendem Auge sei man in diese Krise geschritten, warf der Minister der Vorgängerregierung vor. Er begrüßte das Urteil des Bundes- verfassungsgerichts, das im vergangenen Dezember entschied, dass das Auswahlverfahren zum Medizinstudium den grundrechtlichen Anspruch der Studienplatzbewerber auf gleiche Teilhabe am Studienangebot verletzt. „Es gibt genügend junge Leute, die sich eine berufliche Zukunft als Hausarzt auf dem Land vorstellen können – Nur haben diese bislang keinen Studienplatz erhalten“, kritisierte Laumann. Die Landesregierung fordere nun eine Professur für Allgemeinmedizin an allen Fakultäten und plant die Eröffnung einer neuen Fakultät mit dem Schwerpunkt Allgemeinmedizin in Bielefeld. Auch für die Pflege, so Laumann, wolle die Landesregierung mehr tun: „Wir brauchen vor allem eine bessere Refinanzierung, um den Druck zu nehmen. Daneben sollte die schulische Ausbildung genauso kostenlos sein, wie in anderen Berufen“, so der Minister.



Einig waren sich die Teilnehmer der Podiumsdiskussion und der Minister jedoch darüber, dass alle nun eingeleiteten Schritte erst in der Zukunft greifen werden – eine Ausbildung zur Pflegefachkraft oder zum Allgemeinmediziner braucht schließlich ihre Zeit. „Die Vergangenheit kann man nie einholen“, urteilte Laumann, versprach aber auch, die ärztliche Versorgung auf dem Land notfalls dadurch aufrechtzuerhalten, dass die Krankenhäuser für die hausärztliche Versorgung geöffnet werden. Im Anschluss besuchte Minister Laumann die Senioren-Union des Oberbergischen Kreises, um mit deren Mitgliedern im Wiehler Waldhotel das Thema „Pflege – Pflegedienste – Kontrolle“ zu diskutieren.
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