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„Geld, das wir tagsüber verdienen, verbrennen wir nachts“

fj; 20. Nov 2014, 15:38 Uhr
Bild: Fenja Jansen --- (v. li.) Die Taxiunternehmer Christopher Thelen, Roger Lang und Markus Grossmann sowie (hintere Reihe) Fahrer Horst Steffens.
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„Geld, das wir tagsüber verdienen, verbrennen wir nachts“

fj; 20. Nov 2014, 15:38 Uhr
Oberberg – Taxiunternehmen fordern eine Tariferhöhung, um trotz Einführung des Mindestlohns wirtschaftlich arbeiten zu können – Roger Lang von Taxi Lang: 'Besonderheiten des ländlichen Raums machen es uns auch jetzt schon schwer.'
Freunde für eine Preiserhöhung zu finden, ist nicht die leichteste Aufgabe. Genau dieser stellen sich aber oberbergische Taxiunternehmen, die heute ihre Zahlen offenlegten. Zum Hintergrund: Ab Januar gilt auch für Taxifahrer der Mindestlohn von 8,50 €. „Und den sind wir gerne bereit, unseren Mitarbeitern zu zahlen“, stellt Roger Lang, Geschäftsführer von Taxi Lang, direkt zu Anfang fest. „Aber die Rahmenbedingungen müssen stimmen.“ Diese schafft der Kreis durch die Festsetzung der Tarifordnung.

Daher hatten oberbergische Taxiunternehmen beim Kreis eine Preiserhöhung von rund 30 Prozent beantragt, um trotz der steigenden Lohnkosten wirtschaftlich arbeiten zu können. Die Kreisverwaltung stellte Berechnungen an und schlug eine moderatere Preiserhöhung vor (OA berichtete). Dass dies für die betroffenen Unternehmen zu wenig ist, rechnete Lang gemeinsam mit seinen Kollegen Christopher Thelen von Taxi Thelen und Markus Gossmann von Taxi Köster Markus Gossmann heute vor.


[Taxifahrer Horst Steffens: "Wenn mein Arbeitgeber nichts verdient, verdiene ich bald auch nichts mehr."]

53 Prozent aller Kilometer, die Wagen von Taxi Lang zurücklegen, sind Freikilometer bei denen kein Fahrgast an Bord ist. Dies bedeutet, dass das Unternehmen bei über der Hälfte der gefahrenen Kilometer überhaupt nichts einnimmt. Dies ist unter anderem damit zu begründen, dass das Oberbergische als Flächengebiet sehr anfahrtsintensiv ist, da es weniger Taxistände gibt als beispielsweise in Städten. Steigt dann ein Gast ein, sind es vor allem Kurzfahrten zwischen drei und fünf Kilometer (54 Prozent), die zurückgelegt werden. „Eine typische Fahrt sieht also so aus: Ein Taxi fährt leer von Waldbröl nach Denklingen, um dort einen Gast aufzunehmen. Der lässt sich drei Kilometer fahren, dann macht sich der Fahrer mit leerem Taxi wieder auf den Rückweg“, erklärt Lang.


Leerfahrten und lange Standzeiten von bis zu zwei Stunden sind besonders nachts ein Problem. Um dies zu verdeutlichen, wertete Lang drei Nachtschichten an einem Wochenende aus. Die Kosten, die er in drei Nächten in Personal und Fahrzeuge investieren musste, belaufen sich auf rund 945 €. Eingenommen hat er rund 450 €. Das macht ein sattes Minus von etwa 496 € in nur drei Nächten – wohlgemerkt ohne Mindestlohn. „Geld, das wir tagsüber verdienen, verbrennen wir nachts“, fasst Gossmann zusammen. Über Nacht zu schließen, ist dabei keine Option für die Taxiunternehmen. Sie unterliegen der Betriebspflicht und müssen rund um die Uhr Wagen vorhalten. „Seit Jahren halten wir uns irgendwie über Wasser und kämpfen um schwarze Zahlen“, so Lang.

Horst Steffens fährt seit 16 Jahren für Taxi Lang. Er verdient 8 € pro Stunde, andere Fahrer haben da mit 6 bis 7 € pro Stunde noch deutlich weniger auf dem Konto. „Grundsätzlich freue ich mich über die Einführung des Mindestlohns“, so Steffens, „aber ich sehe auch die Problematik, die auf das Unternehmen zukommt. Und wenn das Unternehmen nichts mehr verdient, verdiene ich auch nichts, so einfach ist die Rechnung.“ Steffens hofft nun genau wie seine Kollegen und deren Arbeitgeber darauf, dass die Kunden bereits sind, mehr zu zahlen, damit auch sie ein angemessenes Gehalt bekommen, das auf der anderen Seite aber nicht gleich den Arbeitgeber ruiniert. Um dieses Verständnis wollen die Taxifahrer mit einer Demo vor dem Kreishaus am 27. November um 15:30 Uhr werben. Zu dieser Zeit wird der Kreisausschuss über die neuen Tarife beraten.
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