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Fußball-Talk vor Geisterkulisse

db; 19. Aug 2014, 11:25 Uhr
Bild: Daniel Beer --- Diskutierten über Gewalt im Stadion (v.l.): Journalist Stephan Kaußen, Peter Vollmann, Thilo Danielsmeyer und Thorsten Wingenfelder.
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Fußball-Talk vor Geisterkulisse

db; 19. Aug 2014, 11:25 Uhr
Gummersbach - Die Podiumsdiskussion zur Gewalt im Fußballstadion fand nur in kleinem Kreis statt und musste auf der Gästeliste einen kurzfristigen Ausfall verkraften.
Streit um die Bezahlung von Polizeieinsätzen, Diskussionen um Pyrotechnik, mächtige Ultra-Gruppen und erst am Wochenende Krawallen beim DFB-Pokalspiel in Würzburg: Eigentlich bot der 1. Sporttalk in der Halle 32, präsentiert von der Volksbank Oberberg, gestern Abend genug interessanten Gesprächsstoff. Zuhören wollten dann aber leider nur sehr wenige Fußballfans. Lag es am gleichzeitig stattfindenden Pokal-Knaller zwischen Dynamo Dresden und dem FC Schalke 04? Jedenfalls pfiff Moderator Stephan Kaußen die Talkrunde mit ein wenig Verzögerung an. Dann hatten sich zumindest rund 30 Zuhörer eingefunden, darunter auch die Bundestagsabgeordnete Michaela Engelmeier - in Berlin Sportpolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion und Mitglied im Sportausschuss - und Rolf Müller vom Fußballkreis Berg.


Leider gab es auch noch einen kurzfristigen Wechsel in der Startaufstellung. Der angekündigte Ex-Profi Ansgar Brinkmann hatte kurzfristig abgesagt. Für ihn lief stattdessen Musiker Thorsten Wingenfelder auf, bekannt als Gitarrist von Fury in the Slaughterhouse. Er konnte von einem Vorfall berichten, der zeigte, dass Gewalt nicht nur beim Profi-Fußball stattfindet, sondern auch in ländlicher Idylle. Denn bei einem Bambini-Spiel hatten sich die Eltern geprügelt. Peter Vollmann kommt aus Marienheide und trainiert aktuell den Drittligisten Hansa Rostock. Er berichtete über die Ultra-Szene, die auch insbesondere in der 3. Bundesliga sehr aktiv sei. "Die starten oft tolle Aktionen und sorgen für Stimmung im Stadion", so Vollmann. Doch gerade bei Lokalderbys, wenn verschiedene Ultra-Gruppen aufeinander prallen, kann die Stimmung auch schnell in Gewalt kippen, wie er weiß.

Thilo Danielsmeyer ist Leiter beim Fanprojekt von Borussia Dortmund. Gewalt im Stadion hat er bereits am eigenen Leib erfahren, als er bei einem Auswärtsspiel im ukrainischen Donezk von einer Gruppe Rechtsradikaler zusammengeschlagen wurde. Der Verein Borussia Dortmund hielt sich mit einer Reaktion darauf zunächst zurück, was Danielsmeyer sehr enttäuschte. Inzwischen unterstütze der Verein aber Aktionen gegen rechte Fans. "Die Südtribüne ist ein Spiegelbild der Gesellschaft und natürlich stehen da auch Rechtsradikale. Dem Verein ist das Problem aber bewusst und seit zwei Jahren wird ein Gegenkurs gefahren."

Bei aller Problematik waren sich die Vier aber einig, dass der Fußball nicht gewalttätiger geworden ist. Viel mehr habe die mediale Beachtung der Vorfälle zugenommen, da eben heutzutage auch der Vater mit seinem Sohn und auch Frauen ins Stadion gehen. Stephan Kaußen, seit 25 Jahren regelmäßig im Stadion: "Ich habe heute keine Angst vorm Stadionbesuch, früher hatte ich die sehr wohl."
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