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Unterhalt weg bei Privat-Insolvenz? Neuregelungen ab 1. Juli 2014

Red; 31. May 2014, 10:00 Uhr
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Unterhalt weg bei Privat-Insolvenz? Neuregelungen ab 1. Juli 2014

Red; 31. May 2014, 10:00 Uhr
Oberberg – Oberberg-Aktuell informiert in dieser Rubrik über Rechtsfragen – Der Service wird präsentiert von Fincke Rechtsanwälte Bergneustadt – Heute geht es um das Thema Unterhaltszahlungen.
Von Andreas Günther – Fachanwalt für Familienrecht        

Die Zahlung von Unterhalt für Minderjährige Kinder ist eine Kardinalpflicht. Kommen die Kinder auch immer zu Ihrem Geld?

Die Mutter lässt den Ehemann mit den beiden 12- und 14-jährigen  Söhnen sitzen. Der Vater kümmert sich allein um sie. Auch Unterhalt macht er für die Söhne bei der Mutter  geltend. Obwohl sie gut verdient, zahlt sie nicht einen Euro. Es wird vor Gericht geklagt. Das Verfahren zieht sich in die Länge; hohe Rückstände laufen auf. Endlich fällt das Gericht ein Urteil und der Vater atmet in Erwartung des Geldsegens für die Vergangenheit auf. Für  zweieinhalb Jahre stehen den Kindern zusammen 20.040  Euro zu. Die Mutter wird zur Zahlung aus dem Gerichtsbeschluss aufgefordert. Nichts passiert – nur ein Insolvenzverwalter meldet sich. Plötzlich hat die Mutter Privat-Insolvenz angemeldet – sind jetzt alle Rückstände für immer verloren?

Bislang ja: rückständiger Unterhalt konnte nur als normale Insolvenzforderung angemeldet werden. Vereinfacht ausgedrückt kommen dabei alle Schulden in einen Topf, eine prozentuale Beteiligung wird errechnet und der Schuldner meldet die Forderung zur Restschuldbefreiung an. Bei einer durchaus üblichen Quote von drei Prozent bekämen unsere beiden Söhne  dann nur knapp 600 Euro. Wenn die Mutter dann  die sechs Jahre dauernde Wohlverhaltensphase durchhält, sind die restlichen 19.400 Euro weg!  Ungerecht.

Das hat auch der Gesetzgeber erkannt: Ab dem  1. Juli 2014 treten wichtige Neuerungen im (Privat-)Insolvenzrecht in Kraft. Bereits im letzten Jahr haben Bundestag und Bundesrat die zweite Insolvenzrechtsreform verabschiedet. Gläubiger von Unterhaltsforderungen sind mit dem neuen Recht besser geschützt.

Unterhaltsrückstände fallen nicht mehr automatisch am Ende der Privatinsolvenz weg. Die Ausnahmen bei der Restschuldbefreiung werden deutlich strenger. Hier ist der sogenannte Forderungskatalog erweitert und verschärft worden. Waren bisher lediglich Ansprüche aus vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung sowie Geldstrafen und -bußen etc. von der Restschuldbefreiung ausgenommen, sind nun neu hinzugekommen:

· Unterhaltsrückstände  aus  vom Schuldner pflichtwidrig nicht gewährtem Unterhalt

· Steuerschulden, bei rechtskräftiger Verurteilung des Schuldners wegen einer Steuerstraftat nach §§ 370, 373 oder 374 der AO

Weitere Verschärfungen gibt es bei den Versagungsgründen für die Restschuldbefreiung (dem erklärten Ziel des Privatinsolvenzverfahrens). Auch hier hat der Gläubiger ein neues Druckmittel erhalten.  Nach neuer Rechtslage  kann jederzeit  schon im laufenden Inso-Verfahren ein Gläubiger einen Antrag auf Versagung der Restschuldbefreiung stellen. Etwa – auch gem. § 290 Abs. Ziff. 7 InsO  n.F. – wenn der Schuldner  seine Erwerbsobliegenheiten nach  § 287 b InsO n. F. verletzt. Bislang musste dies im sog. Schlusstermin erfolgen. Sogar noch nach dem Zieleinlauf (= Schlusstermin), wenn der Schuldner schon  dachte, er hätte  den Sieg quasi  in der Tasche, kann die Restschuldbefreiung versagt werden: weil nachträglich ein Versagungsgrund nach § 290 Abs. 1 InsO festgestellt wird. 

In unserem Fall kann die Mutter sich also nicht mehr in die Insolvenz flüchten. Auch nach den sechs Jahren des Insolvenzverfahrens ist sie den Unterhaltsrückstand nicht los.

Übrigens hätte der Vater sich und den Kindern aber auch Zeit und Nerven sparen können: Mit einem gerichtlichen Eilverfahren wäre der Unterhalt vorläufig festgesetzt und vollstreckt worden.


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