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Drickes erklärt die Welt: Mein innerer Schweinehund

ks; 13. Mar 2010, 10:00 Uhr
Oberberg Aktuell
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Drickes erklärt die Welt: Mein innerer Schweinehund

ks; 13. Mar 2010, 10:00 Uhr
Oberberg - Und wieder redet unser 'Drickes' Klartext. Liebenswürdig, direkt und nachdenklich spießt er den Alltag auf. Heute geht es um den Kampf gegen die Pfunde.
Ich wage es kaum auszusprechen das grauenhafte Wort mit „D“, das Wort, das in jedem von uns zwickende und pieksende Gewissensbisse hervorruft und unser unbekümmertes Leben in Wohlstand, wie eine Seifenblase zerplatzen lässt. Es bedeutet hungern, standhaft bleiben und süßen Versuchungen zu widerstehen. Ach, Sie ahnen schon worauf ich hinaus will? Exakt, die gute, alte Diät. In den ersten Monaten des neuen Jahres ist das Risiko immer am größten, einer dieser gemeingefährlichen, tyrannisierenden Abnehmkuren zu verfallen. Wenn sich die kleinen, süßen, schwammigen Fettpölsterchen bereits mit Vorliebe an Bauch, Hüften und dem Allerwertesten häuslich eingerichtet haben, dann ist es eigentlich bei mir immer an der Zeit alle Spiegel abzuhängen und ausschließlich Jogginghosen zu tragen. Denn mal ganz ehrlich unter uns gesagt, wer blickt schon freiwillig in den Spiegel und lässt sich von der dicken, fetten Weihnachtsgans, die sich nun schon über Monate in der Hüftgegend ihr kleines beschauliches Nest gebaut hat, schon gerne anzwinkern???

Mein Gänseabwehrsystem war errichtet, doch leider hatte ich komplett vergessen die Waage in die Wüste zu schicken (Wie konnte ich nur so nachlässig sein?). Somit musste es so kommen, dass ich mich an einem bisher noch recht alltäglichen Morgen wie gewöhnlich schlaftrunken auf das wahrheitsliebende Orakel der Kilokalorien stelle und erschrocken taumelnd von dem fiesem Ding plumpse, als es mich liebevoll darauf hinweist, ich solle doch bitte nicht mich mit mehreren  Personen zusammen wiegen, da diese Waage nur für eine Person ausgelegt sei. Frechheit! Da soll nochmal jemand sagen die heutige Jugend wird immer dreister. Und was ist mit den modernisierten Waagen? Natürlich wird mit keiner Silbe erwähnt, dass dieser revolutionierende Hightech-Schnickschnack immer genauer wird und sich absolut nicht mehr überlisten lässt.

OK, es führt wohl kein Weg dran vorbei. Ich werde eine strikte, eiserne Diät machen. Wird schon nicht so schwer werden seinen Hunger ein wenig zu zügeln und den inneren Schweinehund zu bekämpfen. Ziemlich schnell stelle ich jedoch leidvoll fest, dass mein innerer Schweinehund doch nicht so leicht über das Ohr zu hauen ist und nachtaktiv ist er zu allem Überfluss auch noch. Über den Tag hinweg gelingt es mir nämlich durchaus gut einen Apfel zu dritteln und auf drei Mahlzeiten zu verteilen und ich öffne jeden Tag das Fenster, da ich mir hab sagen lassen, dass Bewegung an der frischen Luft die Kalorien zum Purzeln bringt.

Also ich finde, mein Plan abzunehmen läuft super, wenn das so weiter geht, dann bin ich in vier Wochen rank und schlank, wie ein „Kürbis“. Ach, wenn da nicht immer diese verfluchten Abende wären, wo man seine Schuhe auszieht sich in den Sessel setzt und sich vom Fernsehprogramm berieseln lässt. Und genau dann wird ER immer wach. Der innere Schweinehund fängt an zu knurren und zu grummeln. Ich ignoriere es gekonnt. Er grummelt lauter…ich ignoriere es immer noch. Das grummeln geht in ein schmerzliches winseln über. Ich ignoriere es immer noch und schalte nervös durch das Programm. Nun fängt die verfluchte Töle an herzzerreißend zu jaulen. Ich bin machtlos und gebe mich meiner Tierliebe hin.

Plötzlich stehe ich vor dem Kühlschrank. Ich habe absolut keine Ahnung, wie ich dahin gekommen bin. Naja, wenn ich schon mal hier bin..Behutsam und voller Vorfreude öffne ich die prunkvollen Tore, die geradewegs in das kulinarische Paradies führen. Habe ich gerade Vorfreude gesagt? Kann nicht sein. Auf gar keinen Fall, denn ich halte mich ja streng an meine Diät und habe absolut kein Problem damit nichts zu essen. Ich will bloß mal nachsehen, ob im Kühlschrank alles in bester Ordnung ist. Vorsichtig spähe ich hinein…Oh Gott, was sehe ich denn da?? Ein kleines armes verwaistes Stück Schweizer Käse mit verheulten Augen.

Den kann man da ja nicht hilflos alleine liegen lassen. Schnell hatte ich mich zum selbstlosen Retter bereit erklärt. Doch ein Stück Käse ohne Brot schmeckt gar nicht. Somit entstand ein vierlagiges Sandwich fast annähernd so hoch wie der Eifelturm, von dem ich allerdings die Hälfte des Belags wieder abnehmen musste, da es beim ersten Essversuch eindeutig die Spannweite meines Mundes überbot. Nach so einer kleinen Zwischenmahlzeit, die eigentlich auch nur was für den hohlen Zahn war, brauche ich jetzt aber noch eine klitzekleine Nascherei..aber wirklich nur eine klitzekleine, denn ich will ja nicht meinen mühevoll zusammengestellten Diätplan einfach so über den Haufen werfen. Also schlendere ich unauffällig zum Eisfach und linse noch einmal argwöhnisch über die Schulter, ob ich auch wirklich unbeobachtet bin. Puh, die Luft ist rein. Aber selbst wenn ein lästiges Familienmitglied um die Ecke kommen würde, ich brauche ja kein schlechtes Gewissen zu haben, denn schließlich verstoße ich ja nicht gegen das Abspecken. Lediglich ein kleines Kügelchen Eis wird ja gestattet sein.

Minuten später war die XXL-Vanilleeisbox bis auf den letzten Rest vernichtet und ich rollte wieder hoch zu frieden vor den Fernseher. Kaum war der innere Schweinehund ruhiggestellt und gesättigt, da machten sich DIE auch schon bemerkbar. Kennen Sie DIE etwa nicht?? Ich glaube schon, denn jeder von uns hat schon mehrmals unfreiwillig Bekanntschaft mit denen gemacht. Genau, die zwickenden und pieksenden Gewissensbisse. Sie pieksen und zwicken was das Zeug hält. Es hilft alles nichts. Unter diesen barbarischen Foltermethoden gestand ich mir schließlich ein, dass ich gegen meine Diät ein klein wenig verstoßen hatte und werde meine Diät ab sofort beenden, denn so ganz abgemagert und runtergehungert sieht man ja nun wirklich nicht sonderlich ästhetisch aus.

Außerdem sollte man sich immer fragen, wann bin ich für andere attraktiv? Nämlich nur, wenn ich mich selbst attraktiv finde und mich wohlfühle. Und das wiederum hat nicht ausschließlich etwas mit dem Äußeren zu tun, sondern auch mit dem inneren Wohlbefinden. Für meinen Teil hat sich die Fix-Diät wirklich gelohnt, denn ich habe heraus gefunden, dass ich nie wieder eine Diät machen muss, um bei meinen Mitmenschen auf Bewunderung zu stoßen. Und mein inneres Wohlbefinden ist nach dem Vanilleeis bis zum Anschlag gestiegen. Probiere Sie meine Diät doch aus, sie funktioniert auf jeden Fall.

Pfeifen Sie auf alle Schlankmacher. Leben Sie.

Ihr Drickina

Katharina Stahl
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