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Soziales Gleichgewicht muss wiederhergestellt werden

ch; 11. Sep 2009, 00:45 Uhr
Bilder: Christian Herse --- Gestenreich verdeutlichte Ministerpräsident Jürgen Rüttgers bei seinem Auftritt in Gummersbach seine Meinung.
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Soziales Gleichgewicht muss wiederhergestellt werden

ch; 11. Sep 2009, 00:45 Uhr
Gummersbach – In einer kämpferischen Rede schwor Ministerpräsident Jürgen Rüttgers am Abend die Christdemokraten auf die Bundestagswahl ein. Soziale Ungleichheit und eigensinnige Kapitalmärkte lagen im Fokus.
Von Christian Herse

[Noch vor der Veranstaltung sprach Jürgen Rüttgers mit den Landwirten.]

Als Ministerpräsident Jürgen Rüttgers gestern Abend auf den Parkplatz der Gummersbacher Stadthalle rollte, hatte er sicherlich mit einem freundlichem Empfang seiner Christdemokraten gerechnet. Stattdessen waren rund 30 Bauern mit ihren Traktoren vorgefahren und verlangten eine Aussprache mit dem Landeschef. Rund zehn Minuten nahm sich Rüttgers für die Landwirte Zeit, ging auf das Preisdumping der Lebensmitteldiscounter und die Vormachtstellung einzelner Ketten im Supermarktsektor ein. „Die Europäische Union hat die Problematik erkannt und wird in nächster Zeit auch handeln,“ verwies er auf geplante Aktionen. „Wir brauchen keine Reden, denn Landwirtschaftsminister Uhlenberg hatte den Eindruck vermittelt, als hätte er damals schon alles verstanden. Passiert ist aber nichts“, kam es aus den aufgebrachten Reihen zurück, als sich Rüttgers in den Saal verabschiedete.

Dort erwartete ihn eine andere Stimmung, die ihm sichtlich besser gefiel und auch lag. Mit stehenden Ovationen begrüßten ihn rund 300 Christdemokraten, während er sich gemeinsam mit Landrat Hagen Jobi und Bürgermeister Frank Helmenstein den Weg zur Bühne bahnte. Bundestagsabgeordneter Klaus-Peter Flosbach betrat zügig das Rednerpult, um kämpferisch und zielstrebig den Abend zu eröffnen.


„Der Termin der Bundestagswahl rückt immer näher und somit auch die Frage nach den möglichen Koalitionen. Wir sind hier, um ein Zeichen gegen Rot-Rot-Grün zu setzen, wo selbst 49 Prozent der eigenen Anhänger nicht mehr an die Aussagen ihrer Parteispitze glauben, keine Vereinbarung mit den Linken eingehen zu wollen.“ 

[In seiner Rede gab sich der Ministerpräsident kämpferisch.]

Die CDU habe es geschafft, die Neuverschuldung auf ein Nullniveau zu senken und sei nur durch die Wirtschaftskrise in ihrem Unterfangen gestoppt worden. „19.000 Kurzarbeiter zeigen, wie schlimm es Oberberg erwischt hat. Umso wichtiger ist es zu betonen, dass für die CDU die soziale Marktwirtschaft das zentrale Thema ist“, sprach Flosbach. Es sei in der aktuellen Zeit unabdingbar, die Kreditklemme zu lösen und der Bankenwirtschaft wieder die Aufgabe zu verdeutlichen, wofür sie geschaffen wurde. In eine ähnliche Kerbe schlug auch Rüttgers, der sich explizit gegen den Trend aussprach, dass Bankinstitute, die von Steuergeldern gestützt wurden, nun horrende Prämien auszahlen konnen. „Das ist ein Skandal sondergleichen, gegen den unvermittelt vorgegangen werden muss.“

Die Marschrichtung des Abends war bei Rüttgers klar ausgelegt. Mit gelassenen Worten wollte er nicht den Wahlkämpfer spielen, der für alles die universelle Antwort parat hat und alles andere schlecht redet: Offenheit und Ehrlichkeit lautete die Devise. „Ich bin nicht nach Gummersbach gekommen, um Ihnen zu sagen, wen Sie wählen sollen“, wandte er sich an die Zuhörer. „Aber wenn ich Sie wäre, würde ich mich für Klaus-Peter Flosbach entscheiden“, fügte er augenzwinkernd hinzu. Gemeinsam würden sie für ein Deutschland mit einer guten Zukunft kämpfen, das auch die nötige wirtschaftliche Stabilität besitze. Dafür gehören wirtschaftliche Vernunft und soziale Marktwirtschaft eindeutig zusammen.

[Klaus-Peter Flosbach warnte vor noch mehr Eigensinnigkeit der Banken.]

Die hohen Kurzarbeiterzahlen seien aber auch ein Beleg für die zahlreichen mittelständischen Unternehmen in der Region, die Rüttgers ausdrücklich lobte: „Das industrielle Herz von NRW schlägt in Südwestfalen und Oberberg“, war er sich sicher. Doch wer arbeiten will, benötige auch die richtigen Voraussetzungen, die im Kindesalter anfangen: „Im kommenden Jahr 2009/2010 sollen 220 neue Kita-Plätze im Oberbergischen geschaffen werden. Das ist eine hervorragende Leistung, die anderen ein Vorbild sein sollte.“ Strittiger stellt sich für ihn die Forderung nach der Einheitsschule dar, weil man eben nicht alle anderen Formen sofort „plattmachen könne“. Er sei sich bewusst, dass jeder seine Chance bekommen müsse und sieht NRW auf dem richtigen Weg, was er an den niedrigsten Durchfallquoten beim Abitur 2009 festmachte.

Zum Schluss seiner rund 45-minütigen Ansprache machte er gemeinsam mit Flosbach auf die Wichtigkeit der Wahl deutlich. „Wir haben es hier mit einer Richtungswahl zu tun, weswegen ich Sie wirklich inständig bitte: Gehen Sie wählen“, appellierte Rüttgers an den Saal. Die Menschen sollen informiert werden, weswegen man mit ihnen sprechen müsse. Nur so sei der demokratische Grundgedanke erfüllt und eine legitimierte Regierung für ein starkes Deutschland nach dem 27. September möglich.

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