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„Vicis wilde Welt“: Auslandssemester in Göteborg

ks; 30. Jul 2016, 08:00 Uhr
Bilder: privat.
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„Vicis wilde Welt“: Auslandssemester in Göteborg

ks; 30. Jul 2016, 08:00 Uhr
Wiehl - Die 21-jährige Bloggerin Victoria Michel bricht morgen in ihren Traum vom Auslandssemester in Schweden auf - Zuvor sprach sie mit OA über ihre seltene Muskelerkrankung und der in Deutschland rückständigen Inklusion.
Von Katharina Schmitz

Angenommen, Sie möchten den Abend mit Ihren Freunden oder Ihrer Familie in einem Kino verbringen, dann entscheiden Sie sich für einen Film und das jeweilige Lichtspielhaus. Anders ist dies bei der 21-jährigen Victoria Michel. „Wenn ich beispielsweise ins Kino gehen möchte, muss ich mir vorher viel mehr Gedanken machen und mir die Frage stellen, ob ich da überhaupt reinkomme“, erläutert die Wiehlerin die Problematik der mangelnden Barrierefreiheit in Deutschland. Michel, die im Jahr 2013 an dem Städtischen Gymnasium Moltkestraße in Gummersbach ihr Abitur absolvierte, lebt mit einer seltenen Muskelerkrankung. Sie sitzt im Rollstuhl, kann lediglich ihre Arme bewegen und wird momentan von zehn Assistentinnen bei der Gestaltung ihres Alltages unterstützt.


Nach dem Abitur begann Michel, die Interessierte auch über ihren Blog „Vicis wilde Welt“ an ihrem Leben teilhaben lässt, mit einem Studium der Medien- und Sozialwissenschaften an der Ruhr-Universität in Bochum. Nachdem sie ab dem zweiten Semester einen Schwedisch-Kurs belegte, wuchs auch der Wunsch nach einem Auslandsaufenthalt in dem skandinavischen Land. „Die Barrierefreiheit ist in Schweden wesentlich besser als in Deutschland. Dort sind nicht nur die Inhaber aller öffentlichen Gebäude dazu verpflichtet, diese durch Rampen auszubauen, sondern auch die der privaten Gebäude“, erklärt Michel.

[Victoria Michel vor der Poseidon-Statue, dem Wahrzeichen der Stadt Göteborg.]

Anfang Juni reiste die Wahl-Bochumerin bereits für ihre Wohnungssuche nach Göteborg. „Meine Wohnung liegt direkt am Hafen, sodass ich mit dem Boot in die Innenstadt fahren kann - da hatte ich echt Glück!“, freute sie sich. Insgesamt verfügt die Wohnung über drei Zimmer. „Zwei dieser Zimmer werden von meinen Assistentinnen belegt. Sie bleiben für jeweils zwei Wochen und wechseln sich dann mit ihren in Deutschland gebliebenen Kolleginnen ab. Das ist eng getaktet, sodass keine von ihnen krank werden darf“, gibt Michel zu.

Doch nun freut sie sich auf ihr siebtes Semester im Ausland und ergänzt: „Dank meiner Assistentinnen kann ich ein ganz normales Leben führen, so wie die anderen Studenten in meinem Alter auch.“ Sie halte nicht alles für selbstverständlich und wisse möglicherweise vermeintlich simple Dinge wie die Freiheit mehr zu schätzen.

Im Moment sei sie mit ihrem Leben sehr zufrieden. „Aber ich hoffe, dass es in Schweden noch ein bisschen besser wird - denn die Inklusion ist dort ein zentraleres Thema und somit sind die Menschen auch verständnisvoller“, meint Michel und ergänzt: „Das würde ich mir auch für Deutschland wünschen.“ Im Anschluss an ihr Bachelorstudium möchte Michel auch ihren Master machen - ob es sie dann zurück nach Bochum zieht oder sie doch lieber in Schweden bleibt, steht noch in den Sternen.
  
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