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Wiehl bleibt 'Gewerbesteuer-Paradies'

nh; 12. Dec 2018, 11:50 Uhr
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Wiehl bleibt 'Gewerbesteuer-Paradies'

nh; 12. Dec 2018, 11:50 Uhr
Wiehl - Große Mehrheit im Stadtrat beschließt den Haushaltsplan 2019, der keine Erhöhung der Gewerbesteuer bei einem Defizit von 2,8 Millionen Euro vorzieht - Gebühren für Winter- und Kehrdienst steigen.
Von Nils Hühn

Binnen weniger Wochen wurde die Wiehler Kämmerei über gravierende Verbesserungen für den Haushalt 2019 informiert, sodass das erwartete Defizit im kommenden Jahr statt 4,3 Millionen Euro nur 2,8 Millionen Euro beträgt. Dennoch handelt es sich erneut um ein strukturelles Defizit, das die Ausgleichsrücklage weiter schrumpfen lässt. In den kommenden Jahren plant Kämmerer Axel Brauer ebenfalls mit Verlusten in der Stadtkasse. Von dem Ziel, einen Puffer von acht Millionen Euro Ausgleichsrücklage zu erhalten, hat man sich bei der Stadt offensichtlich verabschiedet. Im kommenden Jahr wird diese Grenze unterschritten und bis 2022 schmilzt die Rücklage auf 2,4 Millionen Euro zusammen.


Grund sind vor allem die großen Investitionen in die Stadtentwicklung. Und diese Investitionen begrüßen die Wiehler Ratsfraktionen, wie bei den Reden zum Haushalt deutlich wurde. „Wir sind handlungsfähig, wir sind gestaltungsfähig und wir sind entscheidungswillig – wir konzentrieren uns auf uns selbst und arbeiten zukunftsorientiert“, erklärte CDU-Fraktionsvorsitzende Larissa Gebser. Es müssten Anziehungspunkte herausgearbeitet werden, damit Wiehl wachsen kann. Nach Vorstellung der CDU sollen bis 2026 30.000 Einwohner in Wiehl leben und 12.000 sozialversicherungspflichtige Arbeitsverhältnisse geschaffen werden. „Uns gefällt die strategische Herangehensweise unseres Bürgermeisters“, lobte Gebser und sagte für ihre Fraktion ein „kreativ-kritisches Einbringen“ zu.

Carlo Riegert freute sich über den „frischen Wind“, der durch die qualitativ sehr hochwertigen Großprojekte „Wiehlpark, Gymnasium und Innenstadt“ durch die Stadt wehe. Weiterhin wünschte sich der SPD-Chef einen Ansprechpartner für Vereine aus dem Bereich Kultur und Sport. Zum Thema „Parkraumkonzept“, das in den kommenden Wochen behandelt werden soll, forderte Riegert kostenloses Parken auf dem Rewe- und Weiherparkplatz. Zu diesem Thema hatte Vorrednerin Gebser die Unterstützung der CDU für ein zusätzliches Parkhaus angekündigt. Ein Dorn im Auge der SPD ist der eingangs erwähnte Abbau der Ausgleichsrücklage. „Die Forderung nach einer Erhöhung der Gewerbesteuer ist sehr unpopulär“, meinte Riegert, und doch müsse man sich mit diesem Thema befassen, um solide Finanzen präsentieren zu können.

Einen Schritt weiter ging die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Sie beantragten, die Gewerbesteuer im Jahr 2019 auf 470 Prozent festzusetzen. In diesem Falle würde die Partei dem Zahlenwerk zustimmen. Ansonsten forderte Sprecher Jürgen Körber, dass die Stadtstrategie vor allem nachhaltig sei, und freute sich, dass die beiden großen Fraktionen ebenfalls diese Absichten verfolgen würden. Ebenso an der Gewerbesteuer drehen möchte die Partei Die Linke. „Wir in Wiehl sind selbstbewusst genug, um kein Gewerbesteuer-Paradies sein zu müssen“, so Fraktionschef Lammerich. Auch seine Partei knüpfte die Zustimmung zum Haushalt 2019 an die Steuererhöhung.

Für Hans-Peter Stinner von der UWG sieht der Wiehler Haushalt wie ein „toller Wunschzettel“ aus, bei dem man aber nicht wisse, wie man „die Investitionen auf Dauer“ bezahlen soll. Er betonte die vielen positiven Aspekte, wünschte sich aber auch ein „Stopp-Schild“ für den Kämmerer, damit dieser nicht nur mahnende Worte aussprechen kann. Die UWG beantragte, dass sich die Stadt Wiehl so verhalte, als ob sie ein Haushaltssicherungskonzept aufstellen müsste. Fraktionskollege Jürgen Poschner beantragte derweil die Streichung des Bauvorhabens auf der Eichhardt für den FV Wiehl. „Der Haushalt 2019 zeigt einmal mehr, dass wir in Wiehl in die Zukunft investieren und den Standort Wiehl als Gesamtes entwickeln wollen“, lobte Dominik Seitz für die FDP. „Wenn wir jetzt nicht investieren, dann könnte der Zug der nächsten Jahre ohne Wiehl in Richtung Zukunft abfahren.“

Nachdem die Anträge von Grünen, UWG und Linken allesamt mehrheitlich abgelehnt wurden, wurde der Haushalt mit fünf Gegenstimmen von Grünen und Linken mit großer Mehrheit beschlossen. Damit steigt die Grundsteuer B leicht um 13 Prozentpunkte auf 443 Prozent. Grundsteuer A und Gewerbesteuer bleiben hingegen gleich, womit Wiehl weiterhin die geringsten Hebesätze in Kreisgebiet hat.

Eckdaten des Haushaltplans 2019
Ertrag: 63,8 Millionen Euro
Aufwendungen: 66,7 Millionen Euro
Fehbedarf: 2,8 Millionen Euro
Grundsteuer A: 260 Prozentpunkte (+/- 0)
Grundsteuer B: 443 Prozentpunkte (+ 13)
Gewerbesteuer: 430 Prozentpunkte (+/- 0)
Gewerbesteuererträge: 20 Millionen Euro
Gewerbesteueranteil: 14,3 Millionen Euro
Investitionen: 24,4 Millionen Euro
Personalausgaben: 13,6 Millionen Euro
Kreisumlage: 17,2 Millionen Euro  


Rat kurz und kompakt
- Einstimmig wurden die Gebühren für den Winter- und Kehrdienst angehoben. 2017 ist in diesem Bereich ein Defizit in Höhe von 205.000 € entstanden und in diesem Jahr wird mit einem ähnlich großen Verlust gerechnet. Nach Jahren mit geringen Gebührensätzen sei nun eine Anhebung erforderlich. Die Winterdienstgebühr steigt von bisher 0,35 € pro Straßenmeter auf 1,15 €. Und die Kehrdienstgebühr von 0,56 € pro Straßenmeter auf 0,69 €.

- Einstimmig beschloss der Rat, dass die bisher in Wiehl im Einsatz befindlichen Abfallsysteme sowie Einsatzintervalle geeignet sind und beibehalten werden. Das heißt, dass es im Stadtgebiet künftig weiterhin gelbe Säcke und keine gelben Tonnen gibt.

- Einstimmig beschloss der Rat die Gebührensätze für Schmutzwasser, die im Vergleich zum Vorjahr leicht sinken oder gleich bleiben. Ebenfalls sinkt die Gebühr für die Straßen- und Grundstücksentwässerung.

- Mit großer Mehrheit wurde die Verwaltung mit der Veranlassung der erforderlichen Planungs- und Bauleistungen für die Maßnahme Aufwertung Kurpark (1. Bauabschnitt) im Rahmen der Umsetzung des ISEK Wiehl Zentrum beauftragt.

- Einstimmig wurde die Fortführung des Fassaden- und Hofprogramms und des Citymanagements im Sanierungsgebiet Wiehl Zentrum beschlossen.
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