Archiv

Gerettet!

pn; 27. May 2018, 15:45 Uhr
Archivbilder: Wie schon im Hinspiel kannte der Jubel nach Spielschluss keine Grenzen.
ARCHIV

Gerettet!

pn; 27. May 2018, 15:45 Uhr
Gummersbach - Der VfL Gummersbach gewinnt sein Endspiel in Hüttenberg - Schroeter und Lichtlein sind die Helden - 'RPP - Ambulantes Therapie- und Reha-Zentrum' und AggerEnergie präsentieren die Berichterstattung über den VfL Gummersbach.
Von Peter Notbohm


Der VfL Gummersbach kann für eine weitere Saison in der ersten Liga planen. In einem hochdramatischen Abstiegsendspiel in Hüttenberg holte sich das Team von Denis Bahtijarevic die wahrscheinlich entscheidenden zwei Zähler im Kampf um den Klassenerhalt. Der heutige Kontrahent ist chancenlos auf drei Punkte distanziert und der TuS Nettelstedt müsste am letzten Spieltag neben zwei Punkten auch über 25 Tore auf den früheren Rekordmeister aufholen, um diesen doch noch in die zweite Liga zu schicken.


TV 05/07 Hüttenberg - VfL Gummersbach 22:23 (10:11).

[Tobias Schroeter erzielte den goldenen Treffer.]

Der Jubel kannte nach Schlusspfiff keine Grenzen. Während Carsten Lichtlein seine elfte und vor allem spielentscheidende Parade bejubelte, schrie Marvin Sommer neben ihm am Boden kniend die gesamte Anspannungen der vergangenen Wochen förmlich heraus. Eines konnte man dem oberbergischen Traditionsverein nicht vorwerfen. Sämtliche psychologischen Hebel, die man ziehen konnte, wurden vor der immens wichtigen Partie umgelegt. Ein Psychologe hatte unter der Woche mit dem Team gearbeitet, die Mannschaft war trotz der vermeintlich kurzen Anreise von 95 Kilometern extra in der Nacht zuvor in Wetzlar in einem Hotel abgestiegen, Sportdirektor Christoph Schindler nahm zudem erstmals in dieser Saison mit auf der Bank Platz und im Publikum saß bekanntlich der frühere VfL-Weltstar Kyung-shin Yoon als Glücksbringer.


Spielerisch war die Begegnung dagegen von beiden Seiten wenig bundesligatauglich, lebte dafür aber umso mehr von seiner Brisanz, dem Kampf und der Spannung im Abstiegskampf. Beide Teams begannen der angespannten Situation entsprechend nervös und fuhren zunächst lange Angriffe. Die erste Führung durch Moritz Preuss konterte Hüttenberg seinerseits mit dem 3:2 (6.). Die Mannschaften egalisierten sich defensiv weitestgehend, haarsträubende Abspielfehler und Stürmerfouls gaben sich in der Anfangsphase die Klinke in die Hand. Bis zum 5:4 (13.) von Jannik Hofmann hatten die Hausherren meist die etwas bessere Antwort, ehe sich Carsten Lichtlein anschickte, seine ersten Paraden auszupacken. Hüttenberg reagierte verunsichert und Gummersbach konnte trotz zweier ganz schwacher Versuche von Marvin Sommer und Stanislav Zhukov zum 5:8 (19.) ein erstes Statement setzen.


[Moritz Preuss war neben Carsten Lichtlein bester Gummersbacher.]

Zeitstrafen gegen Becker und Zhukov durch Deutschlands Topgespann Gepel/Helbig, die im Hüttenberger Hexenkessel einen hervorragenden Job machten, sollten den Aufsteiger aber ebenso schnell wieder in die Partie zurückholen. Vor allem der starke Halblinke Dominik Mappes war für die VfL-Defensive ein ständiger Unruheherd, den man kaum in den Griff bekam. Über 9:9 (25.) sah es zur Pause bereits nach einem Remis aus, ehe Marvin Sommer einen letzten Pass wegfischte und wenige Sekunden vor der Sirene zur knappen Führung einnetzte. Die Euphorie über das späte Tor konnte der VfL allerdings nicht mit in den zweiten Durchgang nehmen – eher im Gegenteil.


Ein Stürmerfoul von Pujol, zwei Notwürfe aus viel zu großer Distanz von Zhukov und Baumgärtner und eine abermals wilde zweite Welle von Marko Matric ließen das Momentum wieder zu Gunsten der Hessen kippen. Erst ein verwandelter Siebenmeter durch Florian von Gruchalla und zwei Willensleistungen des bärenstarken Moritz Preuss brachten Gummersbach zum 14:14 (41.) wieder zurück auf das Parkett. Das nervenzerfetzende Spiel nahm weiter seinen Lauf. Selbst der emotional erneut höchst engagierte Kapitän Simon Ernst konnte sich auf der Bank kaum zurückhalten und wurde mit einer gelben Karte belegt.


Ein wunderschöner Kempatrick durch Mappes und ein erneut grotesker Gegenstoß durch Matic ließen nach dem 17:15 (44.) von Daniel Wernig Hüttenbergs Träume vom Klassenerhalt wachsen. Was nun aber folgte, sollte Bahtijarevic nach dem Schlusspfiff als „kühlen Kopf behalten“ bezeichnen. Nach dem Anschlusstreffer durch den solide agierende Baumgärtner sowie dem Ausgleichstor durch Tobias Schroeter aus einem Null-Winkel ließ Zhukov das 17:18 (49.) per Kracher aus der zweiten Reihe folgen. In der Gießener Arena hielt es die Zuschauer kaum noch auf ihren Plätzen und der VfL packte plötzlich ungeahnte taktische Finessen aus der Trickkiste aus. Becker mit einer starke Finte sowie Baumgärtner mit dem rechten(!) Arm sorgten dafür, dass Gummersbach über 19:20 (54.) in Front blieb. Auch Köpp, der zuvor genauso wie von Gruchalla einmal vom Siebenmeterpunkt gescheitert war, zeigte nun stoische Nerven beim Strafwurf zum 21:22 (58.).


Zwar konterte Hüttenberg immer wieder mit dem Ausgleich, der umjubelte Siegtreffer 61 Sekunden vor Schluss blieb aber ausgerechnet Eigengewächs Tobias Schroeter vorbehalten. Die Schlussminute mutierte zum nervenaufreibenden Abnutzungskampf, den die VfL-Defensive clever und schadlos überstand. „Ich habe vor dem Spiel gesagt, dass wir gewinnen werden, wenn wir im Körper heiß und im Kopf kühl bleiben“, analysierte ein sichtlich erleichterter VfL-Coach nach der Partie. Der Druck sei zwar unglaublich gewesen, Bahtijarevic wollte seinem Team aber seine Philosophie auf der Bank vorleben: „Beide Teams haben hart gekämpft, aber ich wusste, wenn ich stabil bin, sind es meine Spieler auch. Die Mannschaft hat an meinen Weg geglaubt und ist ihn mitgegangen. Wir haben das geschafft!“


Gummersbach: Moritz Preuss (5), Stanislav Zhukov (4), Florian Baumgärtner, Tobias Schroeter (je 3), Eirik Köpp (3/3), Marvin Sommer (je 2), Alexander Becker, Josef Pujol (je 1), Florian von Gruchalla (1/1).


Hüttenberg: Dominik Mappes (8), Daniel Wernig (7/3), Tomas Sklenak (2), Christian Rompf, Moritz Zörb, Mario Fernandes, Ragnar Johsannson. Jannik Hofmann (je 1).


Strafen
6:10 Minuten (Hofmann, Sklenak, Hahn – 2x Becker, Feuchtmann, Zhukov, Matic).


Siebenmeter
3/4 – 4/6 (Wernig scheitert an Lichtlein – Köpp scheitert an Schomburg, von Gruchalla an Ritschel).
  
Zuschauer
2600.

Ergebnisse und Tabelle
WERBUNG