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Rat Waldbröl: Schwarzer Peter macht die Runde

nh; 17. May 2018, 12:45 Uhr
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Rat Waldbröl: Schwarzer Peter macht die Runde

nh; 17. May 2018, 12:45 Uhr
Waldbröl - Statt den Haushalt 2018 und eine mögliche Steuererhöhung zu beschließen, beschuldigen sich Verwaltung und Politik gegenseitig, wer für die zeitliche Verzögerung verantwortlich ist - Verhältnis ist belastet (AKTUALISIERT).
Von Nils Hühn

Eigentlich sollte in der gestrigen Ratssitzung der Haushalt für das laufende Jahr verabschiedet und gleichzeitig eine Satzung mit deutlich höheren Hebesätzen beschlossen werden. Doch dazu kam es nicht, weil sich Verwaltung und Politik gegenseitig den Schwarzen Peter, in diesem Fall nicht CDU-Bürgermeister Peter Koester, zuschoben. SPD, UWG, Grüne und FDP beantragten gemeinsam, die Tagesordnungspunkte, die den Haushalt betreffen, auf die Ratssitzung am 20. Juni zu verschieben. Zuvor hatte Bürgermeister Koester, vor Eintritt in die Tagesordnung, eindringlich an alle Ratsmitglieder appelliert, für den von der Verwaltung eingebrachten Haushaltsentwurf zu stimmen.

In seiner teilweise sehr emotionalen Rede erklärte Koester, dass „Schönrechnereien nicht zielführend“ seien. Dies war eindeutig an die Ratsfraktionen gerichtet, die sich nach der Einbringung des Haushaltplanentwurfs im November 2017 und einem Gespräch mit dem Landrat Ende Februar 2018 in einer eigens eingerichteten Haushalts-Kommission intensiv mit dem Zahlenwerk beschäftigen, um Einsparungen zu finden, und so eine Erhöhung der Hebesteuersätze zu verhindern.


Während die Verwaltung schon für 2018 die Gewerbesteuer auf 575 Prozent anheben und auf diesem Level halten will, schlägt die Politik 550 Prozent bis 2021 vor und 2022 einen Sprung auf 575 Prozent. Bei der Grundsteuer B steigen die Hebesätze bei der Verwaltung von 765 Prozent (2018), 885 Prozent (2019), 895 Prozent (2020 und 2021) auf 965 Prozent im Jahr 2022 an. Der Vorschlag der Politik sieht wie folgt aus: 620 Prozent (2018), 660 Prozent (2019), 680 Prozent (2020), 700 Prozent (2021) und 925 Prozent (2022). Koester erklärte, dass die alternativen Hebesätze der Politik „weit von den Auflagen der Genehmigungsverfügung des Kreises entfernt“ seien. Die Politik verschiebe die Verantwortung für ein haushalterisches Problem in die Zukunft, warf Koester den Stadtverordneten vor.

„Für die Stadt besteht ein dringendes, unabweisbares Haushaltsproblem, das kurzfristig gelöst werden muss“, appellierte er an alle Ratsmitglieder, für den Vorschlag der Verwaltung zustimmen. Welche Folgen für die Stadt drohen könnten, erklärte Koester auch: Möglicherweise erhielte die Stadt keine Kredite mehr. „Können dann noch die Heizkosten in den Schulen bezahlt, die Schüler befördert, Handwerkerrechnungen beglichen oder die Sozialleistungen ausgezahlt werden?“, fragte Koester. Auch drohe der Rückfall in den Nothaushalt, was dazu führen würde, dass das Hallenbad nicht saniert, das Merkurgebäude nicht abgerissen und die Kaiserstraße nicht zur Einbahnstraße umgebaut werden könne.

Der SPD-Fraktionsvorsitzende Bernd Kronenberg antwortete stellvertretend für seine sowie die Fraktionen der UWG, Grünen und FDP. Kronenberg führte aus, wie schwierig es gewesen sei und wie viel Arbeit es bereitet hätte, sich in Haushaltentwurf einzuarbeiten. Eine finale Abstimmung habe aber nicht stattgefundenen, da E-Mails seitens der Verwaltung nicht mehr beantwortet wurden. Auch hätte sich der Bürgermeister ohne Absprache mit der Politik mit der Kommunalaufsicht des Kreises getroffen. Das gesamte Vorgehen zeige deutlich, wie wenig Respekt der Rathauschef den interfraktionellen Absprachen und der monatelangen Arbeit entgegenbringe. „Wir fühlen uns, ich will es mal höflich ausdrücken, auf den Arm genommen“, sagte Kronenberg.

Aus diesen Gründen beantragten die vier Fraktionen die Absetzung der Tagesordnungspunkte, die den Haushalt 2018 betreffen, und eine Verschiebung auf den 20. Juni. Abermals wandte sich Kronenberg an Koester: „Sie haben die Vertrauensbasis zwischen großen Teilen des Rates und Verwaltung erheblich belastet, und das bedauern wir sehr. Wir können uns zurzeit nicht vorstellen, wie sie dieses verloren gegangene Vertrauen zurückgewinnen können.“

Ein Versuch von CDU-Fraktionschef Andre Steiniger, eine Brücke zu schlagen, schlug fehl. Er bot an, dass man, angesichts des Zeitdrucks und der drohenden Folgen, dem Haushalt in seiner jetzigen Form zustimmen sollte, um dann die gesamte Konzentration auf das Zahlenwerk für 2019 zulegen. Nach 25-minütiger Unterbrechung, in der sich die Verwaltungsspitze und alle Fraktionsvorsitzenden zur gemeinsamen Beratung zurückzogen, wurde mit einer Mehrheit von 18 Ja- zu 16 Nein-Stimmen (alle CDU) die Absetzung der entsprechenden Tagesordnungspunkte beschlossen. 

Rat kurz und kompakt

- Der Bürgerantrag zur Verkehrssituation im Bereich Margretenanger wurde einstimmig in den Fachausschuss verwiesen. Anwohner-Sprecher Patrick Nöll forderte eine Verkehrsüberwachung der Tempo 20-Zone, verkehrsberuhigende Maßnahmen oder eine Umwandlung in eine Spielstraße sowie eine Lösung der Parksituation.

- Der FDP-Antrag zur Erstellung einer Machbarkeitsstudie eines Minigolfplatzes im Königsbornpark wurde einstimmig in den Fachausschuss verwiesen.

- Einstimmig wurde die Einführung einer Wettbürosteuer beschlossen. Aktuell gibt es zwar kein Wettbüro im Stadtgebiet, der Verwaltung liegen aber drei Anfragen vor.
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