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Frettchen für die Flugsicherheit

lob; 10. Oct 2017, 15:30 Uhr
Bild: Edgar Schoepal --- Der Engelskirchener Ulf Muuß sorgt dafür, dass auf dem Areal des Flughafens Köln/Bonn keine Vögel nisten, die dann den startenden oder landenden Maschinen später gefährlich werden könnten.
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Frettchen für die Flugsicherheit

lob; 10. Oct 2017, 15:30 Uhr
Engelskirchen – Ulf Muuß ist ausgebildeter Jäger und „Bird Controller“ - Sein Revier umfasst 1.000 Hektar, rund um das Rollfeld des Flughafen Köln/Bonn - Gemeinsam mit vier Frettchen und einer Hundedame sorgt er dort für sichere Starts und Landungen.
Von Laura Oberbüscher

Am Flughafen entschleunigen – was paradox klingt, ist Alltag für Ulf Muuß. Der Engelskirchener Berufsjäger sorgt seit mittlerweile sechs Jahren für Sicherheit auf dem Rollfeld des Konrad-Adenauer-Flughafens in Köln – gemeinsam mit seinen Frettchen und Diensthündin Sandy. Die Artenvielfalt auf dem rund 1.000 Hektar großen Gelände zieht ihn jedes Mal aufs Neue in den Bann. Muuß ist Fachkraft für biologische Flugsicherheit, kurz: Bird Control. „Das ist die internationale Bezeichnung“, erklärt Muuß. „Den Beruf gibt es schon lange. In der Intensität, wie ich ihn ausübe, aber erst seit der Notlandung eines Flugzeugs auf dem Hudson River bei New York, 2009.“ Ursache war damals ein Gänseschwarm, der in die Turbinen geriet. Daraufhin wurde beschlossen, verstärkt Bodenpersonal einzusetzen, um das Vogelaufkommen in der unmittelbaren Nähe von Flughäfen zu regulieren.


Jeden Tag verbringt er nun also drei Stunden allein damit, das Außengelände des Flughafens abzufahren und jeden Winkel zu überprüfen. Langweilig wird das nicht, versichert Muuß: „Der Flughafen ist immer für eine Überraschung gut. Man sieht viele seltene Vogelarten und es gibt traumhafte Biotope. Im Moment blüht die Heide wunderschön.“ Die Hauptaufgabe des Berufsjägers ist allerdings, Vogelschläge zu verhindern, „also, dass Vögel in die Triebwerke von Flugzeugen gelangen“, wie Muuß erklärt. Oberste Priorität sei dabei, Vögeln möglichst keine Nahrung und Nistplätze zu bieten. „Die sollen gleich von oben sehen, dass es hier ungemütlich für sie ist“, verrät er lachend.


[Bilder: Ulf Muuß --- "Sandy" ist der erste Vierbeiner, der am Flughafen Köln/Bonn festangestellt ist.]

Um das zu gewährleisten, wird verhindert, dass Sträucher auf dem Gelände wachsen, die Nüsse, Beeren oder Trauben tragen. Außerdem wird die etwa 650 Hektar große Grünfläche nach einem ausgeklügelten Mähplan bewirtschaftet. Die Bewuchshöhe spielt dabei eine wesentliche Rolle. „In hohen Gräsern fühlen Raubvögel sich unwohl, weil sie keinen Überblick haben und Beutetiere nicht gleich erspähen können“, erklärt der Bird-Controller. Zudem wird das Aufkommen an Beutetieren auf dem Gelände von vornherein möglichst geringgehalten. Dabei kommen die Frettchen zum Einsatz. „Kaninchen werden von ihnen aus dem Bau gejagt und im Anschluss lebend gefangen“, erklärt er. „Danach werden sie in Sachsen-Anhalt wieder ausgesetzt - das ist das einzige Bundesland, in dem man das darf“, schmunzelt er über die bisweilen absurden Vorschriften.

Zusätzliche Unterstützung erhält Muuß von der Deutsch-Kurzhaar-Hündin Sandy. Sie ist die erste offiziell festangestellte tierische Mitarbeiterin des Köln/Bonner Flughafens und speziell darauf trainiert Vögel, zu verjagen. „Außerdem“, erklärt Muuß, „wirkt sie auf Tiere, die Wolf, Fuchs oder Luchs als Jäger kennen, einschüchternd.“ Um als Bird-Controller am Flughafen zu arbeiten, musste der gelernte Berufsjäger keine weitere Ausbildung durchlaufen. Allerdings besucht Muuß mindestens zweimal im Jahr Seminare, bei denen über neue technologische Möglichkeiten und verschiedene Aspekte der Flughafen-Ökologie aufgeklärt wird.



Spannender als jedes Seminar sei aber der Informationsaustausch mit Kollegen aus der ganzen Welt, gesteht Muuß und verrät dabei, dass er sich selbst auf privaten Urlaubsreisen am Flughafen immer nach dem zuständigen Bird Controller erkundige. Daraus hätten sich schon oftmals lange Gespräche ergeben. „Es ist immer wahnsinnig interessant zu hören, was andere für Probleme haben - auf Lanzarote kämpfen sie mit Brieftauben, auf Mallorca sind es wieder andere Vögel,“ erklärt Muuß. „Man kann immer was dazulernen, und außerdem verkürzt solche Fachsimpelei die Wartezeit auf den Rückflug“, fügt er lachend hinzu. 
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