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Stolpersteine gegen das Vergessen

ls; 25. May 2018, 16:45 Uhr
Bilder: Leif Schmittgen --- Stolpersteine verlegte der Kölner Künstler Gunter Demnig heute an zwei Orten im Waldbröler Stadtzentrum.
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Stolpersteine gegen das Vergessen

ls; 25. May 2018, 16:45 Uhr
Waldbröl - Der Künstler Gunter Demnig verlegte heute Stolperscheine in Waldbröl, um an das Schicksal jüdischer Familien zu erinnern.
Von Leif Schmittgen

Stolpern, im Sinne von Hinfallen, soll niemand über die heute Mittag verlegten Stolpersteine in der Waldbröler Quer- und Hochstraße. „Es soll ein Stolpern im Kopf sein“, sagte der Kölner Künstler Gunter Demnig, der seit 1992 mit seiner Aktion an Opfer des Nationalsozialismus erinnert und damit die Gräueltaten des Dritten Reiches besonders bei der jungen Generation wachhalten möchte. Und eben jene waren es auch, die heute der Familien Elias (Querstraße 9) und Salomon (Hochstraße 30) gedachten. Schüler des Hollenberg-Gymnasiums und der örtlichen Gesamtschule erinnerten an die Deportationen 1941 und spätere Ermordung der vorher fest in Waldbröl verwurzelten Familien.


[Gunter Demnig lobte besonders das Engagement der Schüler.]

Dass so viele Schüler dabei waren, freute besonders den Künstler. „Ich stelle immer wieder fest, dass das Interesse bei Schülern widererwartend sehr hoch ist“, so der 69-Jährige. Oft höre er nämlich im Vorfeld, dass viele junge Menschen des Themas überdrüssig seien. Und der Kölner weiß offensichtlich, wovon er spricht, denn fast 69.000 Steine hat er in den vergangenen Jahren in Deutschland und ganz Europa verlegt. Bewusst habe er seinerzeit Messing als das ideale Material für die Stolpersteine auserkoren, denn „dadurch wird die Erinnerung immer wieder blank poliert“. Jeder, der sich die Mühe mache zu lesen, verneige sich unwillkürlich vor den Opfern, berichtete Demnig von seiner Motivation, Steine in die Erde einzulassen und nicht etwa durch Tafeln an Häusern an die Opfer zu erinnern.

  
Nicht nur die Schüler hielten heute Vormittag inne, auch Vertreter aller fünf Ratsfraktionen und Waldbröls Bürgermeister Peter Köster gedachten der Opfer. „Auch wenn das Einsetzen der Steine für den Künstler vielleicht zur Routine geworden ist, die Aktion ist es sicherlich nicht“, so Köster. Denn hinter jedem Namen stecke ein anderes, individuelles Schicksal. Traurig war der Bürgermeister nicht nur wegen des Anlasses, er hatte auch die Nachricht zu überbringen, dass die Initiatorin des Ganzen, Anette Tillmann, vor wenigen Tagen verstorben ist. Der Vorsitzende der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit, Wolfgang Birkholz, sagte, dass „Steine“ eine ganz besondere Bedeutung in der jüdischen Geschichte hätten, zum Beispiel als Symbol des Anstoßes oder als „Fels Israel".   
 
[Der Künstler hat handwerkliche Routine beim Einsetzen der Steine, jedes Schicksal sei aber individuell zu betrachten.]

Birkholz erinnerte außerdem an die dunkle Geschichte Waldbröls im Zusammenhang mit der Nazidiktatur. Nicht nur die so genannte Hitlermauer sei Zeugnis der Vergangenheit, auch die Pläne von Robert Ley, der aus der Stadt ein Zentrum zwischen Köln und Kassel – unter anderem durch die Errichtung eines Traktorenwerkes - machen wollte, seien traurige Kapitel.  Gebete, sowohl für die Opfer als auch für die Anwesenden, gab es von Vertretern der christlichen Gemeinden in Waldbröl. Für den stimmungsvollen musikalischen Rahmen sorgten Martin Schulte mit Sohn August und Corinna Schenker mit jüdischen Liedern.   
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