Archiv

Die Opernhäuser der Welt gefüllt

jh; 8. Nov 2017, 10:00 Uhr
Bild: privat --- Willy Decker ist Opernregisseur, Intendant und Buddhist.
ARCHIV

Die Opernhäuser der Welt gefüllt

jh; 8. Nov 2017, 10:00 Uhr
Reichshof – Gerade aus Hamburg zurückgekehrt, muss bereits der Koffer für die Reise nach Wien gepackt werden: Opernintendant Willy Decker wohnt zwar in Reichshof, ist aber auf der ganzen Welt unterwegs.
Von Julian Heppe

OA: Herr Decker, Sie sind Opernregisseur und Intendant. Was sind Ihre Aufgaben und worin besteht der Unterschied zwischen Regisseur und Intendanten?

Willy Decker: Alles was ich in einer Oper sehe, ist die Arbeit des Regisseurs. Vom Licht über die Kostüme bis zum Bühnenbild. Der Intendant muss ebenfalls künstlerisch denken, jedoch nicht im Detail, sondern in leitender Funktion. Er ist auch für das Organisatorische verantwortlich, zum Beispiel dafür, welche Stücke in der Oper aufgeführt werden. Als ich Intendant der Ruhrtriennale war, musste ich in wenigen Monaten hunderte Veranstaltungen planen und mich gleichzeitig mit Politikern und Sponsoren treffen.

OA: Sie haben Musik in Köln studiert, Ihre berufliche Richtung scheint somit früh klar gewesen zu sein.

Willy Decker: Ein Beruf, der nichts mit Musik zu tun hat, stand für mich nie zur Debatte. In der Schule habe ich mich aber auch sehr für Literatur interessiert. So entstand ein innerlicher Konflikt. Im Rahmen meines Studiums kam ich dann an eine Opernschule. Der damalige Leiter, ein bedeutender Opernregisseur, erkannte meine Fähigkeiten und lud mich zum Hospitieren ein. Ab diesem Zeitpunkt wusste ich, dass sich die beiden Seelen Musik und Literatur durch diesen Beruf miteinander versöhnen können.

OA: Welche Voraussetzungen sollte man für den Beruf mitbringen?

Willy Decker: Naja, es wäre nicht schlecht, wenn man Noten lesen könnte (lacht). Das Entscheidende ist aber definitiv die Kreativität.



OA: Woran arbeiten Sie momentan?

Willy Decker: Ich habe kürzlich das Stück „Il Ritorno d'Ulisse in Patria“ von Claudio Monteverdi an der Hamburgischen Staatsoper inszeniert. Ab Ende dieser Woche arbeite ich dann an der Wiener Staatsoper an „Lulu“ von Alban Berg. Im nächsten Jahr kommt noch einiges dazu. Dann muss ich beispielsweise nach Tokyo. Zusätzlich lehre ich drei Mal im Jahr für jeweils sieben bis zehn Tage an der Hochschule für Musik und Theater Hamburg.

OA: Ihr Beruf ist also mit zahlreichen Umzügen verbunden?

Willy Decker: Das stimmt. Ich bin wirklich viel unterwegs und trotz Verständnis meiner Mitmenschen, leiden die Beziehungen natürlich sehr darunter. Für mich ist es auch schwer zu sagen, wo mein Zuhause ist. Auf dem Papier ist mein Zuhause hier in Reichshof, ich bin aber ständig an anderen Orten. Dort, wo ich mich gerade aufhalte, muss ich mir ein Zuhause schaffen. Das Team, mit dem ich an einer Oper arbeite, wird für diese Zeit meine Familie.

OA: Gab es überraschende Momente in Ihrer Karriere?

Willy Decker: Das Werk „Parsifal“ von Richard Wagner war früher wie eine Droge für mich. Als ich noch ein Kind war, habe ich es rauf und runter gehört, doch als über 40 Jahre später das Angebot kam, dass ich genau dieses Stück inszenieren darf, beschäftige ich mich genauer damit. Ich merkte schnell, dass es mir im Detail überhaupt nicht zusagt und so lehnte ich die Anfrage ab. Das Ganze funktioniert aber auch andersherum. Opern, die ich anfangs nicht leiden konnte, wurden bei genauerem Hinsehen zu einem Meisterwerk.

OA: Katholisch aufgewachsen, bekennen Sie sich heute zum Zen-Buddhismus. Wie kam es dazu?

Willy Decker: Ich war immer suchend und gelangte so irgendwann zu Yoga. Der ausschlaggebende Punkt war allerdings folgender: 2006 sollte ich in Wien das Mozartjahr eröffnen und geriet in eine Krise, man könnte es auch als Burnout bezeichnen. Ich wohnte damals in der Eifel und lernte dort einen Zen-Meister kennen, der mir dabei half, mit dieser Situation umzugehen. Seitdem ist der Zen-Buddhismus ein wichtiger Bestandteil meines Lebens. Jeden Morgen meditiere ich ein bis zwei Stunden.

OA: Hat der Zen-Buddhismus einen Einfluss auf Ihre Arbeit?

Willy Decker: Auf jeden Fall. Als Künstler entwickelt man eine eigene Sprache, die sich später in den Werken widerspiegelt. Zen ist eine derart tiefgründige und intensive Praxis, dass meine Seele und somit auch meine künstlerische Arbeit davon beeinflusst wird.

OA: Was erfüllt Sie an Ihrer Arbeit am meisten?

Willy Decker: Die sehr intensive Arbeit mit Sängern und Darstellern, aber auch mit meinen Studenten. Meine Arbeit hat viel mit der Psyche zu tun und das gefällt mir sehr.
WERBUNG