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„Wipperfürth ist Heimat, hier bin ich verwurzelt“

mm; 19. Jun 2017, 13:08 Uhr
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„Wipperfürth ist Heimat, hier bin ich verwurzelt“

mm; 19. Jun 2017, 13:08 Uhr
Wipperfürth – Er ist in Wipperfürth, aber auch in der gesamten Region eine Institution: Der frühere Bürgermeister und Landrat Hans-Leo Kausemann feierte vor wenigen Tagen seinen 80. Geburtstag.
Von Michael Moll

OA: 80 Jahre, ein Grund zurückzuschauen: Gab es in jungen Jahren ein Berufsziel?
Kausemann: Mein Vater war über 40 Jahre lang Geschäftsführer der Raiffeisenbank Wipperfürth und er wollte, dass ich in seine Fußstapfen trete. Ich habe daraufhin eine Ausbildung zum Bankkaufmann gemacht und bin danach zur Genossenschaft Wipperfürth gegangen. Als mein Vater in Rente ging, war ich 30 Jahre alt, wurde Geschäftsführer der Raiffeisenbank in Wipperfürth und habe dies mit großer Begeisterung gemacht. Das war mein beruflicher Einstieg und alle anderen Dinge haben sich später ergeben. Ich bin von der CDU und der Bauernschaft gefragt worden, ob ich mir vorstellen kann, die Interessen der Landwirtschaft zu vertreten. Das konnte ich und so bin ich 1969 in den Stadtrat von Wipperfürth gekommen.

OA: Sie haben damals sicher nicht darüber nachgedacht, irgendwann Bürgermeister oder Landrat zu werden. Wie hat sich das ergeben?
Kausemann: Ich habe nie nach Ämtern gestrebt. 1975 wurde Walter Leo Schmitz Bürgermeister. Er erkrankte an Leukämie und verstarb leider sehr früh. Ich wurde daraufhin angesprochen, ob ich es mir vorstellen kann, Bürgermeister zu werden und habe dann mehr im Scherz gesagt: ‚Wer will denn nicht mal Bürgermeister sein‘. Meine Familie hat mich dann in dem Entschluss bestärkt und so wurde ich am 6. Juni 1978 zum Rathauschef gewählt. Ich war 21 Jahre Bürgermeister meiner Heimatstadt Wipperfürth und später Mitglied im Kreistag. Landrat Hans Wichelhaus trat nach 20 Jahren in seinem Amt ab. Wieder wurde ich gefragt und bekam von meiner Familie grünes Licht. Doch auch die Wipperfürther wollten mich behalten. Das unmögliche ist dann eingetreten, ich wurde tatsächlich zum Landrat gewählt und war gleichzeitig Bürgermeister der Stadt Wipperfürth. Das habe ich hauptsächlich durch die tolle Unterstützung meiner Frau geschafft, die mir immer den Rücken freigehalten hat.

In all den Jahren hatte ich auch immer faire Wegbegleiter und bin selber immer fair mit allen Menschen umgegangen. Ich war von 1989 bis 1994 ehrenamtlicher Landrat des Oberbergischen Kreises. In der nächsten Wahlperiode wurde ich Vize Landrat, weil sich die Verhältnisse im Kreistag änderten. Danach wurde ich gefragt, ob ich denn noch mal als Landrat kandidieren will, diesmal hauptamtlich. Im September 1999 gewann ich im ersten Wahlgang mit deutlicher Mehrheit. In dieser Zeit musste ich viel lernen und habe dann quasi nochmal die Schulbank gedrückt, um in Polizeirecht und all den Verordnungen fit zu werden.


OA: Gab es nie den Wunsch, sich für Ämter im Land zu empfehlen?
Kausemann: Nein, weil mir meine Heimat sehr wichtig ist. Ich liebe das Bergische und meine gewohnte Umgebung. Ich habe in Gummersbach gerne gearbeitet, muss aber sagen, dass ich abends am liebsten nach Hause gefahren bin zu meiner Frau und meiner Familie. Wipperfürth ist Heimat und hier bin ich verwurzelt, was anderes kann ich mir gar nicht vorstellen, als hier zu leben und auch jetzt im Alter mein Leben hier zu genießen. Es gibt so viele Einladungen zu Festen und Veranstaltungen, dass ich die gar nicht alle wahrnehmen kann.

OA: Reden ist nicht jedem gegeben. Woher stammt bei ihnen diese Gabe?

Kausemann: Ich rede nicht gerne vom Papier. Ich schaue den Menschen in die Augen und ich rede so, wie ich denke und tief aus dem Herzen. Die Sachverhalte kenne ich und ich habe ein gutes Gedächtnis. Ich weiß nicht, ob ich ein guter Redner bin, aber ich meine das, was ich sage, ehrlich und ich denke, das kommt bei den Menschen an. Ich bin vor 13 Jahren aus der Politik ausgeschieden und wenn ich heute unterwegs bin, werde ich immer wieder von Leuten angesprochen. Es freut mich, dass man meine Arbeit und mich nicht vergessen hat. Ich habe in diesen Tagen meinen 80. Geburtstag gefeiert und nicht damit gerechnet, so viel Post zu bekommen.   

OA: Gibt es Planungen für die Zukunft?
Kausemann: Ich musste krankheitsbedingt meine Tätigkeit bei der Eugen-Kersting Stiftung in Wipperfürth aufgeben, die ich seit 2004 ausgeübt hatte. Ich habe in dieser Stiftung seit vielen Jahrzehnten mitgearbeitet, angeregt 1979 durch den damaligen Chef der Firma Radium, Benno Müller. Das war eine tolle Zeit, in der ich vielen älteren Menschen mit Rat und Tat zur Seite stehen konnte. Ich fahre gerne jeden Tag in die Firma meines Sohnes und schaue, ob und wie ich dort gebraucht werde und gehe außerdem gerne einkaufen. Der angenehme Nebeneffekt ist nämlich, dass ich unglaublich viele Menschen dabei treffe, mit denen ich mich mit austauschen kann. Meine Frau und ich nehmen am Leben in Wipperfürth teil und genießen jeden Tag, schließlich sind wir sind seit 55 Jahren miteinander verheiratet – und das glücklich.
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