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Die Pfeife bleibt niemals kalt

bv; 2. Nov 2016, 13:45 Uhr
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Die Pfeife bleibt niemals kalt

bv; 2. Nov 2016, 13:45 Uhr
Marienheide – Gerhard Schürholz ist seit mehr als 50 Jahren als Handball-Schiedsrichter aktiv, und der 78-Jährige denkt noch lange nicht ans Aufhören.
Von Bernd Vorländer

Aufhören? Gerhard Schürholz macht ein Gesicht, als habe er in eine saure Zitrone gebissen. Dann registriert er, dass die Frage durchaus ernst gemeint war. Und entschlossen schleudert  er dem Fragesteller ein „Noch nicht, dafür ist es zu früh“ entgegen. Damit wäre dieses Kapitel geschlossen. Schürholz ist mit 78 Jahren im Oberbergischen dienstältester Mann an der Handballpfeife. Als Referee zu fungieren ist für ihn eine Leidenschaft, die ihn mehr als sein halbes Leben lang begleitet hat. Kurz nach dem Zweiten Weltkrieg war es, als der damals Zehnjährige erstmals mit dem Handballsport in Berührung kam. Er durchlief die Jugendmannschaften des SSV Marienheide, spielte anschließend im Seniorenbereich bis zur Oberliga, ehe er 1963 mit dem Pfeifen anfing und mit einem Jahr Pause Anfang der siebziger Jahre diesem Hobby treu geblieben ist.

Handball war im Hause Schürholz eigentlich immer Thema Nummer eins, denn auch Ehefrau Roswitha Schürholz hat nicht nur selbst viele Jahre gespielt, sondern auch zahlreiche Mannschaften trainiert und betreut. Insofern nickt sie nur zustimmend, wenn ihr Gerhard auch heute noch am Wochenende bis zu dreimal loszieht, um als Unparteiischer zu entscheiden, zu vermitteln, zur Not auch zu bestrafen. „Es macht mir immer noch riesigen Spaß, vor allem mit jungen Menschen zusammen zu sein“, sagt der 78-Jährige, der mit seinem Partner Wolfgang Sielaff noch heute sogar Spiele der Verbandsliga im Frauenbereich leitet.


Dabei hat Schürholz in den Jahren eine erhebliche Wandlung hinter sich gebracht. „Ich war als aktiver Spieler ein Heißsporn und bin keiner Auseinandersetzung aus dem Weg gegangen“, schmunzelt Schürholz. Als Schiedsrichter ist er jedoch das glatte Gegenteil, eher gütig und ausgleichend. Das Reden mit den Spielern, die eigenen Erfahrungen und ein wenig Fingerspitzengefühl sorgen auch heute noch dafür, dass er bei allen Teams akzeptiert und respektiert wird. „Uns Älteren werden Fehler eher verziehen“, weiß Schürholz. Die Anforderungen seien allerdings gestiegen. Selbst auf Kreisebene seien die Spiele schneller und körperbetonter, häufige Regeländerungen kämen dazu, sodass man sich als Schiedsrichter nicht auf den Lorbeeren der Vergangenheit ausruhen könne. „Ständige Weiterbildung ist Pflicht“, sagt Schürholz.

Seine besondere Leidenschaft gilt noch heute dem Beach-Handball. Sieben Jahre lang hat er bei den Deutschen Meisterschaften in Cuxhaven gepfiffen, war dort danach als Supervisor und Ansetzer tätig. Als er dort seine Tätigkeit beendete war der Mann, der ansonsten um seine Person wenig Aufhebens macht, doch ganz schön gerührt. Spieler und Schiedsrichter bildeten ein Spalier und vom Deutschen Handballbund gab es eine Auszeichnung. Dass auf dem Spielfeld auch Schiedsrichter gefährlich leben, zeigte sich vor einigen Jahren in der Eugen-Haas-Sporthalle. Ausgerechnet mit einem spielenden Schiedsrichterkollegen prallte Schürholz unsanft auf der Spielfläche zusammen – und musste im Anschluss im Krankenhaus behandelt werden. Eine schmerzhafte Schultereckgelenksprengung war anschließend auszukurieren, doch schon nach zehn Tagen packte ihn schon wieder die Leidenschaft. Und als kurz später der „erlösende“ Anruf kam, ob er nicht vielleicht doch schon wieder einspringen könnte, packte Schürholz gut gelaunt seine Sporttasche.

Gerhard Schürholz, den Mann an der Pfeife, werden die oberbergischen Handballer demnach noch etliche Jährchen zu Gesicht bekommen. Die Gesundheit entscheide darüber, wie lange es noch weitergehe, so der Marienheider. Und viele ganz junge Spieler werden dann künftig noch in den Genuss der pädagogischen  Fähigkeiten des ältesten oberbergischen Handballschiedsrichters kommen. Schürholz unterbricht nämlich ab und an Jugendspiele, erklärt und leitet an, um gerade den Jüngsten den Einstieg bei den Regeln zu erleichtern.Und wenn der Nachwuchs dann verständnisvoll nickt und anschließend entusiastisch dem Ball hinterherjagt, ist Schürholz glücklich. "Handball ist nun mal der schönste Sport der Welt."
  
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