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Der Schuss vor den Bug als Chance

bv; 8. Feb 2017, 13:20 Uhr
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Der Schuss vor den Bug als Chance

bv; 8. Feb 2017, 13:20 Uhr
Marienheide – Nach einer schweren Herzoperation setzt Marienheides Bürgermeister Stefan Meisenberg in seinem neuen Leben andere Akzente und sagt: „Ich habe viel über mich gelernt.“
Von Bernd Vorländer

Der 20. Oktober 2016 war für Stefan Meisenberg ein wichtiger Tag, an dem sich sein Leben stark verändern sollte. Seit Tagen plagte den 56-Jährigen unerklärliche Atemnot, doch an diesem Tag sprach seine Frau ein Machtwort - und schickte ihn zum Arzt. Eigentlich war als Erstmaßnahme nur der Check vorgesehen, doch der Mediziner schickte ihn zum Kardiologen nach Lüdenscheid. Nach den dortigen Untersuchungen ging es im Höchsttempo per Rettungswagen ins Herzzentrum nach Dortmund, wo er noch am selben Tag am Spätnachmittag auf dem OP-Tisch lag. „Da habe ich dann das erste Mal existenzielle Angst bekommen, das ganze Leben rast an einem vorbei.“ Mehr als vier Stunden dauerte die Operation, bei der ihm vier Bypässe eingesetzt wurden. Es folgte ein vierzehntägiger Krankenhausaufenthalt, eine vierwöchige Rehabilitationsmaßnahme in Bad Oeynhausen und ein weiterer Monat der Gesundung in heimischer Umgebung. Seit Beginn des Jahres geht Meisenberg wieder seinen Amtsgeschäften nach.


„Ich habe viel Glück gehabt, aber ich habe noch viel mehr gelernt über mich und das Leben“, sagt der Rathauschef heute. Ihm habe die Reha-Maßnahme mit Sport, eine Ernährungsumstellung und zahlreiche Gespräche mit Therapeuten viel gebracht. Zehn Kilogramm hat er abgenommen, steckt voller Tatendrang und ihm ist die Erkrankung nicht anzumerken. Aber tief innen drin hat sich einiges getan. „Ich treibe Sport, ernähre mich bewusster, kanalisiere beruflichen Stress und weiß jetzt, was wirklich wichtig ist.“ Letzteres ist die entscheidende Veränderung. Zu unterscheiden, was ihm gut tut und was nicht, und was wirklich Spuren in seinem Leben hinterlässt, das habe er erst in den vergangenen Monaten gelernt. Seine Herzproblematik habe ihn neu geerdet, bekennt Meisenberg. Vor allem der Umgang mit der Angst, ob man nach einem Einschlafen auch wieder wach werde, die Erfahrung, „dass ich kein unverwundbarer Supermann bin“, und der rigorosere Umgang mit seinem Zeitbudget, bei dem er heute das Pendel gerne zugunsten seiner Frau ausschlagen lässt, sind Dinge, über die sich Meisenberg Gedanken gemacht hat. Er habe viel zu lange im Hamsterrad gesteckt und den Schuss vor den Bug, der glücklicherweise gut ausgegangen sei, verstanden.

Auch der Blick auf andere Menschen, etwa kranke Mitarbeiter, habe sich verändert. Wenn er früher schon mal gedacht habe, der eine oder andere müsse sich bei Wehwehchen zusammenreißen, denke er heute, dass man sich mit vorschnellen Urteilen zurückhalten müsse. „Die eigene Krankheit sensibilisiert einen für vieles“, bekennt der Marienheider Bürgermeister, der auch viele amüsante Situationen in seiner Genesungszeit erlebt hat. Etwa, als seine Frau ihm persönliche Sachen in einer Sporttasche nach Dortmund brachte, auf dem groß der Name von Meisenbergs Lieblingsverein Bayern München stand. Ein Umstand, der ihm im Dortmunder Krankenhaus manche rollenden Augen und spöttische Bemerkungen einbrachte. „Das hat mir einige nette Bekanntschaften und fußballerische Fachgespräche beschert“, schmunzelt der Rathauschef.     
  
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