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FV Wiehl: Kordt muss gehen, Müller kommt

lo; 7. Nov 2018, 15:35 Uhr
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FV Wiehl: Kordt muss gehen, Müller kommt

lo; 7. Nov 2018, 15:35 Uhr
Wiehl - Trainerwechsel beim Landesligisten: Der Verein hat sich von Jan Kordt getrennt, ein alter Bekannter übernimmt - Wolfgang Müller: 'Der FV Wiehl muss aus dieser prekären Siatuation raus' (AKTUALISIERT).
Im Rahmen einer kurzfristig für heute Morgen anberaumten Pressekonferenz hat der Vorstand des FV Wiehl die sofortige Trennung vom Trainer der 1. Mannschaft, Jan Kordt, bekanntgegeben und zugleich dessen Nachfolger vorgestellt: Wolfgang Müller wird das Landesliga-Team ab sofort trainieren. Müller hatte vor einer Dekade den SSV Bergneustadt in die Mittelrheinliga geführt und heuerte zur Winterpause der Saison 2010/2011 schon einmal auf der Eichhardt an. Nach rund zehn Monaten beendete er sein Engagement beim damaligen A-Ligisten vorzeitig.



[Jan Kordt muss seinen Trainerstuhl räumen.]

Die Wiehler waren im bisherigen Verlauf der Spielzeit hinter den eigenen Erwartungen zurückgeblieben und liegen zurzeit mit einer Bilanz von nur einem Sieg, fünf Unentschieden und fünf Niederlagen auf der vorletzten Tabellenposition. „Wenn die Landesliga-Mannschaft, aus vielschichtigen Gründen, einen Abstiegsplatz belegt, ist der Vorstand dazu gezwungen, die Reißlinie zu ziehen“, erklärte der 1. Vorsitzende Manfred Noss, der Kordt gemeinsam mit dem sportlichen Leiter Theo Boxberg über die Entscheidung unterrichtete.

„Es war ein harmonisches Gespräch“, so Noss weiter. „Wir hatten beide den Eindruck, dass wir ihm eine Last von den Schultern genommen haben. Jan sagte uns, dass er den großen Druck selbst gespürt hat“, Boxberg erklärte: „Wir verlieren mit Jan einen tollen Menschen, der Ahnung vom Fußball hat. Die Spieler haben uns bescheinigt, dass er ein gutes Training macht, aber er hat die Mannschaft nicht mehr erreicht. Dann muss ein Verein, der Ambitionen hat, handeln.“        


Die Verpflichtung von Wolfgang Müller darf getrost als Überraschung bezeichnet werden. Einerseits war er zuletzt nicht im Oberbergischen tätig, andererseits ging sein Rücktritt seinerzeit alles andere als geräuschlos über die Bühne. Der erste Kontakt sei am vergangenen Sonntag nach der 1:5-Niederlage in Bad Honnef per Kurznachricht erfolgt. Müller habe sich erkundigt, „was beim FV Wiehl los ist“, erläutert Noss. Wie sich herausstellte, wohnt Müller, dessen letzte Station bis Ende 2016 die SG Wittlich/Lüxem (Bezirksligist aus Rheinland-Pfalz) war, seit längerem in Marienheide. Die hiesige Fußballszene hat er sehr interessiert verfolgt.

„Mir war nicht bekannt, dass er wieder in Oberberg lebt. Am Montag haben wir dann etwas gezielter miteinander gesprochen“, seien die Differenzen von einst ausgeräumt worden, wie auch Geschäftsführer Christian Will bestätigte. „Er war damals zur falschen Zeit am falschen Ort. Der Verein hat inzwischen ganz andere Strukturen. Letztlich geht es darum, was ein Trainer bewegen kann und welche Qualitäten er hat. Aus unserer Sicht ist es legitim, einen zweiten Versuch zu wagen. Wir wollen nicht nachkarten und auf Details rumreiten, die vor sieben Jahren waren.“       

Für Boxberg ist Wolfgang Müller - Kuriosum am Rande: Müller beerbte Boxberg im Dezember 2010 auf dem Trainerposten des FV - der richtige Mann, um die Mannschaft aus dem sportlichen Tal zu führen. „Als ich selber noch Trainer war, habe ich in ihm jemanden gesehen, der etwas kann. Meiner Meinung nach ist er ein ‚Mini-Klopp‘ - authentisch, lautstark und motivierend. Ich finde es aussagekräftig, dass er in seinen 30 Jahren als Trainer 17 Aufstiege gefeiert hat und das in verschiedenen Regionen: Im Bergischen, im Raum Olpe und in der Eifel.“          

Allen Beteiligten ist indes bewusst, dass auch Müller keine Wunderdinge bewirken kann. Die einzige Vorgabe ist der Klassenerhalt. „In unserem Jubiläumsjahr dürfen wir keinesfalls absteigen“, will Noss den 100. Klubgeburtstag als Landesligist feiern. Die Vereinbarung mit Müller gilt zunächst bis zum Saisonende.      

Kordts Assistent Alex Jobi räumt ebenfalls seinen Platz, was jedoch bereits vorher feststand. Er übernimmt die Trainerstelle beim B-Ligisten BV 09 Drabenderhöhe (siehe Bericht).    

Was sagt Jan Kordt zu seiner Entlassung?

Jan Kordt wurde am Dienstag darüber informiert, dass er freigestellt ist. Böses Blut habe es bei seinem Abschied nicht gegeben. „Das ist sauber abgelaufen“, so der 37-Jährige. „Ich kann die Entscheidung des Vereins nachvollziehen, aber ich denke, dass ich nicht viel falsch gemacht habe und sehr viel Arbeit investiert habe.“ Allerdings musste auch er sich an den Resultaten messen lassen – und die passten nicht.

„Wir sind in eine Negativspirale reingeraten und ich habe es nicht geschafft, diese Dynamik zu stoppen. Es ist einiges zusammengekommen, wobei die Probleme im Verein, die struktureller und persönlicher Natur sind, bereits vorhanden waren, bevor ich da war.“   Auch sportlich gesehen war das Kalenderjahr 2018 ein Reinfall. Saisonübergreifend verbuchte die Mannschaft in den bisherigen 28 Spielen lediglich 23 Punkte – die Bilanz eines Absteigers.

Durch die Abgänge von Führungsspielern wie Markus Hayer und Sven Wurm im Sommer 2017 oder Dominik Knotte und Christian Prinz vor der laufenden Serie sei „einiges an Qualität und Mentalität“ verlorengegangen. Dennoch glaubt der Inhaber der Elite-Jugendlizenz fest daran, dass der Mannschaft noch die Wende gelingt. „Die Jungs haben das Potenzial für die Klasse und werden es packen - unabhängig davon, wer der Trainer ist.“

Kordt möchte nun erstmal eine Pause einlegen. „Die letzten Jahre haben jede Menge Körner gekostet. Der Druck für mich war groß, weil es immer um Aufstieg oder Abstieg ging. Ich warte ab, was sich ergibt. Vielleicht werde ich auch den A-Schein machen.“ Auf eines verzichtet er trotz seiner Leidenschaft für Fußball gerne: „Das Gerede im Umfeld hat extrem genervt. Wenn du Erfolg hast, klopft dir jeder auf die Schulter. Wenn nicht, wird alles hinterfragt.“  

Kordt wechselte im Sommer 2015 vom BV 09 Drabenderhöhe nach Wiehl, um den Posten des Reservecoaches zu übernehmen. Mit der 2. Mannschaft erreichte er in der ersten Saison den fünften Platz in der Kreisliga A, ehe im darauffolgenden Jahr der Titeltriumph und der Aufstieg in die Bezirksliga folgten. Anfang April 2018 wurde Kordt zum Trainer der Landesliga-Erstvertretung befördert, nachdem Ingo Kippels zurückgetreten war. Der Klassenerhalt wurde am vorletzten Spieltag unter Dach und Fach gebracht.

Wolfgang Müller: "Der FV Wiehl muss aus dieser prekären Situation raus"

FV-Vereinschef Manfred Noss war baff, als ihn nach Jahren der Funkstille eine Textnachricht von Wolfgang Müller erreichte. Gleichzeitig deutete sich an, dass für den bisherigen Coach Jan Kordt die Zeichen auf Abschied stehen. Am Montagabend beschloss der Vorstand, sich von Kordt zu trennen. Einen Tag später wurde Müllers Verpflichtung besiegelt. Im Gespräch mit OA stellt Müller klar, den Kontakt nicht gesucht zu haben, um von einem wackelnden Trainerstuhl zu profitieren. „So etwas gehört sich nicht, da verhalte ich mich absolut kollegial. Die Entwicklung in den letzten Tagen war reiner Zufall.“

Nun ist der 57-Jährige, der seit einem Jahr in Marienheide wohnt, zurück in Wiehl. Das Ziel kann nur der Ligaverbleib sein. „Wer von anderen Dingen träumt, ist fehl am Platz. Der FV Wiehl muss aus dieser prekären Situation raus. Ich werde versuchen, meine Erfahrungen einzubringen und diese zusammen mit der Mannschaft schnellstmöglich umzusetzen“, betont der Coach, der gestern Abend sein erstes Training leitete.

„Ich habe eine intakte Mannschaft vorgefunden. Dass sie hier und da verunsichert ist, hängt mit den Ergebnissen und der Lage in der Tabelle zusammen. Die Spieler sind aber willig, den momentanen Zustand zu verändern.“ Die Vorbereitungszeit auf die Partie am Samstag gegen den FC Hertha Rheidt ist knapp bemessen. Müller will die ausstehenden Einheiten unter anderem dazu nutzen, eine geeignete taktische Marschroute zu finden. Informationen über die Spielweise der Gäste hat er sich eingeholt. „Es wäre jedoch fatal, sich ausschließlich nach dem Gegner zu richten. Es muss uns gelingen, unser eigenes Spiel durchzudrücken.“         

Die Hauptprobleme in dieser Saison waren Konzentrationsmängel in der Defensive, die schwache Chancenverwertung und Defizite beim Verteidigen gegnerischer Standards.   „Grundsätzlich geht es darum, dass wir die Eichhardt wieder zu unserem Wohnzimmer machen und auswärts weniger Gegentreffer kassieren“, schildert Müller, der vom spielenden Co-Trainer Jonathan Noß unterstützt wird. Die Umstände seiner Demission vor sieben Jahren möchte der pensionierte Berufssoldat übrigens nicht mehr kommentieren. Das Thema sei abgehakt.                                        

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