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„Das wird ein Gefühlsdurcheinander“

pn; 4. May 2018, 03:00 Uhr
Archivbilder: Michael Kleinjung und Alexander Arnold.
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„Das wird ein Gefühlsdurcheinander“

pn; 4. May 2018, 03:00 Uhr
Nümbrecht - Am Samstag wird Mario Jatzke sein vorerst letztes Südkreisderby erleben - OA sprach mit dem scheidenden Nümbrechter Coach über seine SSV-Vergangenheit und die Zukunft.
Von Peter Notbohm


Mit vier Jahren nahm Mario Jatzke bei den Nümbrechter Minis das erste Mal einen Handball in die Hand. In zwei Wochen endet für den 32-Jährigen eine Nümbrechter Ära, die er als Spieler, Vorstandsmitglied und Trainer aktiv begleitet hat. Oberberg-Aktuell sprach mit dem Nümbrechter Coach über seine Zeit beim SSV Nümbrecht und die kommenden Aufgaben.


OA: 28 Jahre im Nümbrechter Trikot gehen in zwei Wochen zu Ende. Mit welchen Gefühlen werden Sie am Wochenende ins letzte Heimspiel gehen, das ausgerechnet auch noch das prestigeträchtige Südkreisderby ist?


Jatzke: Das wird sicherlich ein Gefühlsdurcheinander werden. Ich erwarte einen sehr emotionalen Tag, auf den ich mich schon sehr lange versuche, vorzubereiten. Das wird nicht einfach werden. Der Verein bedeutet mir sehr viel und wird mir auch immer sehr viel bedeuten. Ich habe dem SSV Nümbrecht viel zu verdanken und hoffe, dass wir dieses Spiel genießen können und anschließend einen schönen Abend haben werden. Gespannt bin ich, wie es nach der Saison werden wird, wenn ich zurückdenken werde.



[Das erste Mal tauchte Mario Jatzke (vordere Reihe, Zweiter von rechts) als B-Jugendlicher in den OA-Archiven auf.]

OA: Sie haben viele Aufstiege und Pokalsiege mit dem Verein gefeiert. Was waren letztlich die Gründe für die Trennung zum Saisonende?


Jatzke: Ich hatte einfach das Gefühl, dem Verein die Chance zu ermöglichen, etwas komplett anderes machen zu können. Ich habe diese Mannschaft über zehn bis zwölf Jahre sehr eng begleitet und diese Zeit mit anderen Spielern geprägt. Im November habe ich mit meinem Co-Trainer Christopher Bitzer, dem ich auch für die loyale und kooperative Zusammenarbeit danken möchte, erste Gespräche geführt und wir fanden Beide, dass der Verein einen frischen Wind benötigt. Das es für mich bei einem neuen Verein weitergehen würde, war zu diesem Zeitpunkt noch nicht klar.


OA: Das große Ziel, sich mit dem Pokal-Triple zu verabschieden ist Ihnen leider nicht gelungen. Wie sehr schmerzte die Endspielniederlage gegen den TV Strombach?


Jatzke: Das war schon sehr bitter, traurig und auch enttäuschend. Ich glaube es war mehr drin. Vor dem Spiel haben wir uns in der Kabine eingeschworen und wollten das Ding unbedingt holen. Vielleicht waren wir dabei etwas zu übermotiviert und haben leichte Fehler gemacht. Das kann aber in so einem Endspiel passieren. So ist der Sport. Wir konnten immer mithalten, obwohl wir nicht unseren besten Handball gespielt haben. Ich kann Strombach aber nur gratulieren, sie haben es besser als wir gemacht. Aber Niederlagen gehören zum Sport und man muss danach nur den Kopf wieder heben und nach vorne blicken.

[Als Spielmacher scheute Jatzke bereits in seiner Debütsaison 2004 im Derby gegen die HSG Bergneustadt/Gummersbach keinen Zweikampf.]

OA: Gab es als Spieler eigentlich jemals ein Angebot zu einem höherklassigen Verein zu gehen, beziehungsweise überhaupt zu wechseln?


Jatzke: Ich hatte zwei Mal die Möglichkeit, habe es aber nie gemacht. Ich bin Nümbrecht immer treu geblieben. Hier passten immer alle Komponenten. Wir hatten stets eine super Truppe und eine tolle Halle. Mich hat es immer weniger gereizt wo anders nur am Erfolg teil zu haben, lieber wollte ich in Nümbrecht Erfolg gestalten. Diesen Schritt habe ich auch nie bereut. Ich konnte auch über Nümbrecht viele Bekanntschaften schließen.


OA: Gibt es rückblickend einen persönlichen schönsten SSV-Moment?


[Das Aufstiegsjahr 2006 gehörte für ihn als Spieler zu den absoluten Highlights.]

Jatzke: Das habe ich in den letzten Wochen selbst schon häufig überlegt. Es gab sicherlich mehr Höhen als Tiefen. Ich durfte ganz viele tolle Momente auf und neben dem Feld genießen. Ein ganz besonderer Moment war der Aufstieg aus der Landesliga in die Verbandsliga, weil wir ihn als junge Garde geprägt haben. Diesen Aufstieg haben wir mit Anfang 20 unheimlich zelebriert. Das Spiel gegen den SC Magdeburg war auch ein echtes Highlight. Dazu aber auch der Aufstieg aus der Verbandsliga zusammen mit Patrick Seebaum an der Linie, dem ich auch sehr dankbar für die gemeinsame Zeit bin.


OA: Und die bitteren Momente?


Dazu gehört sicherlich das diesjährige Pokalendspiel, das ich erst einmal verarbeiten musste. Ich habe mich schon mit Christoph Bitzer darüber ausgetauscht. Das ist der Sport, man kann nicht alles gewinnen. Zu den bitteren Momenten gehört auch der Abstieg aus der Oberliga, wo ich kurz vor Weihnachten das Team von Helge Janeck übernommen hatte. Aber auch da hat Nümbrecht mir gezeigt, dass wir als Verein zusammenhalten. Ich kann mich kaum an bittere Momente erinnern, die schönen überwiegen einfach.


OA: Mit welchem Spieler haben Sie am liebsten gearbeitet oder gespielt? Wer war Ihr härtester Gegner?


Jatzke: Am meisten Spaß gemacht, hat mir insgesamt die Arbeit mit den jungen Burschen, die immer versuchen, meine Anweisungen umzusetzen. Jannik Lang und Johannes Urbach sind dafür gute Beispiele. Unbequem zu spielen war immer Rheinbach mit Mike Ribbe und Dominik Gunkel. Viele Duelle auf Messers Schneide hatten wir zudem mit Weiden um Andreas Havenith und Sven Leonardt.

[Nachdem er seine Karriere in der Landesliga ausklingen lassen wollte, übernahm Jatzke im Dezember 2014 die Nachfolge des zurückgetretenen Helge Janeck auf der SSV-Bank.]

OA: Blicken wir einmal in die Zukunft. Was reizt Sie an Ihrer neuen Aufgabe, der HSG Refrath/Hand?


Jatzke: Das Projekt an sich, das dahinter steckt. Dort ist in den letzten Jahren tolle Arbeit geleistet worden, die ich gerne fortführen möchte. Ich treffe auf eine junge Mannschaft und ein tolles Umfeld. Mir eröffnet sich eine Perspektive, ein neues Umfeld kennenzulernen. Es ist eine Chance, die mir gegeben wird. Die möchte ich nutzen und freue mich auch schon auf die anstehende Saison. Ich bin schon ein wenig gespannt, was mich dort erwartet. Ich werde reifer werden, sowohl in der Persönlichkeit, als auch als Trainer.


OA: Und wie wird es in Nümbrecht ohne Sie weitergehen?


Jatzke: Ich werde dem Verein immer verbunden bleiben. Ich werde weiter Mitglied bleiben und mich immer für diesen Verein interessieren. Es ist auch nicht ausgeschlossen, dass ich irgendwann zurückkomme. Es wird aber auch ohne mich weiter guten ansehnlichen Handball geben, denn der Verein ist sehr gut aufgestellt. Natürlich gibt es Herausforderungen, wie die Nachwuchsarbeit, die auf dem Land immer schwieriger wird, aber ich bin überzeugt, dass es positiv weitergehen wird. Auch wenn mit mir nun eine kleine Ära zu Ende gehen wird, aber das ist auch eine Chance für andere junge Gesichter, um nachzurücken.
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