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Der nächste Nackenschlag im Abstiegskampf

pn; 17. Apr 2017, 19:45 Uhr
Bild: Archiv ---- Niedergeschlagen mussten die Gummersbacher Handballer die Leipziger Arena verlassen.
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Der nächste Nackenschlag im Abstiegskampf

pn; 17. Apr 2017, 19:45 Uhr
Gummersbach - Leipzig verschärft Gummersbacher Abstiegssorgen - Unglaubliche Aufholjagd wird nicht belohnt - RPP - Ambulantes Therapie- und Reha-Zentrum' und die AggerEnergie präsentieren die Berichterstattung über den VfL Gummersbach.

Von Peter Notbohm


Die Luft im Abstiegskampf wird immer dünner. Dieses Osterwochenende werden die Handballprofis des VfL Gummersbach nicht in guter Erinnerung behalten. Während die Konkurrenz im Kampf um den Klassenerhalt teils sensationelle Siege feierte (Bergische Panther gegen Erlangen sowie Lemgo gegen Kiel) und dem früheren oberbergischen Rekordmeister damit weiter auf die Pelle rückt, kassierte das Team von Sead Hasanefendic die nächste bittere Pille in Leipzig. Nach einer dramatischen Partie, in der die Kreisstädter einen Rückstand von sieben Toren aufholten, beträgt der Vorsprung auf die rote Zone nur noch einen mageren Punkt, so dass der VfL nicht nur weiter das schlechteste Team der Rückrunde bleibt, sondern den Atem der Konkurrenz mittlerweile auch mehr als nur im Nacken spürt. Zudem müssen die Oberberger um Julius Kühn bangen, der früh verletzt die Segel streichen musste.




SC DHfK Leipzig – VfL Gummersbach 27:25 (17:12).

Das war kein Spiel für schwache Nerven. Was lange Zeit nach dem nächsten Debakel für den VfL Gummersbach aussah, nahm im zweiten Durchgang aus dem Nichts eine hochdramatische Wendung, wie sie Alfred Hitchcock nicht besser hätte schreiben können. 40 Minuten lang diktierte der SC DHfK Leipzig das Geschehen in der heimischen Arena, ehe Gummersbach erwachte, sich für eine furiose Aufholjagd letztlich aber nicht belohnte. Damit setzte sich allerdings auch im dritten Spiel unter Interimstrainer Sead Hasanefendic der gefährliche Abwärtstrend der Blau-Weißen fort, die heute in schneeweißen Trikots aufliefen.


Ohne den verletzt ausgefallenen Kapitän Christoph Schindler traf Nationalspieler Julius Kühn zunächst noch zum 0:1 (1.), doch fortan bestimmten die Gastgeber aus Sachsen weitestgehend das Geschehen. Der sechsfache DDR-Meister nutzte fast jeden Fehler der Gäste konsequent mit einem Gegenstoß. Beim 4:2 (7.) durch Marvin Sommer hatte das Team vom neuen Nationaltrainer Christian Prokop bereits eine erste Duftmarke gesetzt. Simon Ernst und Evgeni Pevnov sollten zwar noch für den 4:4-Ausgleich (9.) sorgen, doch die Gummersbacher Angriffsbemühungen blieben viel zu ausrechenbar. Leipzig fing viele Bälle ab und schickte den flinken Linksaußen Marvin Sommer immer wieder auf die Reise. Acht Tore sollte der 25-Jährige zur Pause bereits verbucht haben.


Die Schlüsselszene der ersten Hälfte ereignete sich beim 8:5 (14.). Julius Kühn attackierte seinen Nationalmannschaftskollegen Niclas Pieczkowski heftig in der Luft. Während das Leipziger Publikum lautstark eine rote Karte forderte, ließ das Magdeburger Schiedsrichtergespann Schulze/Tönnies die Aktion ungesühnt. Allerdings verletzte sich Kühn in der Situation und konnte bis zum Pausenpfiff nicht mehr eingesetzt werden. Auch nach dem Seitenwechsel wurde der Goalgetter, der sich vermutlich eine Innenbandverletzung zugezogen hat, nur noch vereinzelt in der Defensive gebracht. Hasanefendic musste umdisponieren, agierte weitestgehend mit Andreas Schröder auf der Königsposition, brachte aber auch phasenweise Kevin Schmidt auf der Mitte und ließ Simon Ernst auf Halblinks agieren.


Während Leipzig weiter wie aus einem Guss agierte, mehrten sich die Gummersbacher Einzelaktionen. Über 13:8 (24.) und 16:10 (28.) deutete zur Pause nur wenig auf eine Überraschung der drittschlechtesten Auswärtsmannschaft der Liga hin. Gefüttert mit neuen Instruktionen keimte nach einem Siebenmetertreffer durch Florian von Gruchalla sowie einem Doppelschlag von Kevynn Nyokas beim 18:15 (36.) aber erstmals Hoffnung auf. Leipzigs Trainer Prokop reagierte seinerseits mit einer Auszeit und fand die richtigen taktischen Mittel. Vier Tore später schwammen beim 22:15 (41.) den Gästen alle Felle wieder davon. Zu häufig scheiterten die Gummersbacher an ihren eigenen Fehlern oder an Torhüter Jens Vortmann, der das Duell mit Carsten Lichtlein bis dahin zu seinen Gunsten gestaltete.


Doch ausgerechnet eine Zeitstrafe gegen Simon Ernst (43.) sollte nun den Kampfeswillen der Gäste wiederbeleben. Zunächst tankte sich Andreas Schröder in Unterzahl durch, ehe auch die Sachsen, in Person von Max Janke, auf die Strafbank mussten. Den Hausherren gelang in den folgenden zwölf Minuten überhaupt nichts mehr, während Lichtlein sich von Parade zu Parade steigerte. Über 23:21 (47.) durch Simon Ernst bröckelte der Rückstand dahin. Gummersbach spielte seine Angriffe nun lange aus und wartete geduldig auf die sich bietenden Chancen, während das Leipziger Publikum seinen Frust an den beiden Schiedsrichtern abzubauen versuchte. Mit seinem fünften Treffer zum 23:24 (53.) sollte Simon Ernst die verrückte Partie schließlich auf den Kopf stellen.


Als Carsten Lichtlein nun auch noch einen Siebenmeter von Andreas Rijewski abwehrte, schienen die Auswärtspunkte fünf und sechs auf dem Silbertablett serviert zu sein. Doch die letzten Wochen sind am oberbergischen Nervenkostüm nicht schadlos vorbei gegangen. Auch der VfL zeigte nun Nerven. Zwei Mal wurde die Chance liegen gelassen, den Vorsprung auszubauen, stattdessen drehten Lucas Krzikalla und Christoph Steinert zum 25:24 (57.) erneut die Partie. Die heiße Schlussphase wurde zum Krimi, mit unglücklichem oberbergischen Ausgang. Nach Steinerts neuerlicher Führung zum 26:25 (59.) leistete sich Kevynn Nyokas 30 Sekunden vor dem Ende ein Stürmerfoul, während Leipzigs letzter Treffer unter dem frenetischen Jubel der 4327 Zuschauer fast unterging.

„Die Mannschaft hat eine tolle Moral gezeigt, zumal wir ja auch die Verletzung von Julius verkraften mussten. Schade, dass sie dafür nicht zumindest mit einem Punkt belohnt wurden“, hofft Manager Frank Flatten, dass seinem Team kommende Woche gegen Hannover im Duell der beiden schlechtesten Rückrundenteams endlich der so dringend benötigte Befreiungsschlag gelingt.


Gummersbach: Simon Ernst, Kevynn Nyokas (je 5), Tobias Schroeter, Evgeni Pevnov (je 4), Florian von Gruchalla (4/3), Julius Kühn (2), Andreas Schröder (1).


Leipzig: Marvin Sommer (9/3), Aivis Jurdzs, Max Janke (je 4), Franz Semper, Lucas Krzikalla, Alen Milosevic (je 2), Christoph Steinert (2/1), Andreas Rojewski (2/2).


Strafen: 6:8 Minuten (2x Roschek, Janke – Ernst, Pevnov, Schmidt, Becker).


Siebenmeter: 7/6 – 3/3 (Lichtlein pariert gegen Rojewski – Florian von Gruchalla sicher).
  
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