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Die blau-weiße Luft wird wieder dünner

uk; 5. Mar 2017, 11:26 Uhr
[Bilder: Michael Kleinjung --- Freude und Enttäuschung lagen eng beieinander - Hinten die feiernden Wetzlarer Spieler, vorne ein frustrierter VfL-Kreisläufer 'Effe' Pevnov.
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Die blau-weiße Luft wird wieder dünner

uk; 5. Mar 2017, 11:26 Uhr
Gummersbach - Einen bitteren Rückschlag mussten die Bundesligahandballer des VfL Gummersbach am Samstagabend einstecken - Gegen die HSG Wetzlar unterlag der VfL 27:28 und muss sich bei nunmehr 15:27 Punkten mit dem Abstiegskampf vertraut machen - RPP - Ambulantes Therapie- und Reha-Zentrum' und die AggerEnergie präsentieren die Berichterstattung über den VfL Gummersbach (AKTUALISIERT).
von Uli Klein

VfL Gummersbach - HSG Wetzlar 27:28 (14:15).

Drei Sekunden vor Ladenschluss ist zumindest die Chance auf das 28:28 und damit auf einen Punkt doch noch da: Kevynn Nyokas visiert den linken oberen Winkel  des Wetzlarer Kastens an, aber ein letztes Mal an diesem Abend gibt Benjamin Buric den Spielverderber: Der Bosnier schnellt in die Höhe und bugsiert die Kugel gekonnt über die Torlatte. Sekunden später wird der 1,96-Meter-Hüne von seinen Kollegen zu Boden gerissen, der Knäuel in Grün und Weiß feiert ekstatisch, während unter den 4.132 Besuchern in der SCHWALBE arena am Samstagabend frostige Moll-Stimmung herrscht, jedenfalls soweit es sich um Sympathisanten des heimischen VfL handelt.


[Hatte gute Szenen währen der 60 Minuten, scheiterte aber Sekunden vor dem Abpfiff am starken Wetzlarer Torhüter.]

Und um es gleich vorweg zu nehmen: Der Erfolg der Hessen war verdient, sogar hochverdient. Während die Gäste über 60 Minuten ein sehenswertes Kombinationsspiel aufzogen suchten die Blau-Weißen Angreifer immer wieder die 1-gegen-1-Duelle und rannten sich nicht nur einmal im Wetzlarer Deckungswall fest. Und dennoch hätten die Hausherren Punkte auf dem heimischen Hof halten können, wenn, ja wenn sie in der Abwehr nicht viel zu behäbig agiert und in der Offensive nicht gleich serienweise Premiumchancen versemmelt hätten.


So kaufte Buric den Gummersbacher Werfern allein in der finalen Viertelstunde drei Doppelchancen ab. Im Klartext: Der 26jährige Keeper parierte nicht nur die jeweiligen Versuche aus der zweiten Reihe, sondern auch die Nachwürfe aus Nahdistanz. Die VfL-Kreisläufer Evgeni Pevnov  oder Alexander Becker dürften angesichts ihrer chronischen Abschlussschwäche jedenfalls nicht gerade selig eingeschlafen sein, hatten sie sich doch beide nachdrücklich um den leicht fragwürdigen Titel "Chancentod" beworben.


[Linkshänder Tobias Schröter konnte sich zweimal in die Torschützenliste eintragen.]

"Wenn man 15, 20 Mal völlig freistehend am gegnerischen Torwart scheitert, kannst du kein Bundesligaspiel gewinnen", übertrieb Emir Kurtagic später zwar ein bisschen bei seiner Analyse, aber grundsätzlich konnte man dem VfL-Trainer nicht wirklich widersprechen. Die Gummersbacher Fehlleistungen vorne und hinten fielen umso mehr ins Gewicht, weil die HSG mit Europameister Jannik Kohlbacher einen gänzlich abgezockten und zielsicheren Kreisläufer in seinen Reihen wusste und damit das zweite Schlüsselduell neben der Keeperfrage klar zu ihren Gunsten entschied. Weil Blau-Weiß aber zumindest von einem frenetischen Publikum unterstützt wurde, konnte man das Geschehen mit den fast trotzigen Fans im Rücken trotz alle  Defizite bis in die Schlussminute offen halten.


[Julius Kühn zeigte sich sicher vom Siebenmeterpunkt, kam aber im Rückraum nicht so stark zur Geltung wie gewohnt.]

Nach einer Halbzeit auf kompletter Augenhöhe (4:4/8. beziehungsweise 8:8/17.  und 12:12/25.)  gelang  es den Jungs von HSG-Coach Kai Wandschneider beim 17:19 (38.) erstmals zwei Treffer vorzulegen und beim 21:24 (48.) schien sich das Team des Taktikfuchses mit engem Bezug zu Gummersbach einen entscheidenden Vorteil herausgearbeitet zu haben. Aber der VfL straffte sich noch einmal und fightete sich  zurück. Kristian Björnsens Strafwurf sollte den Spielfilm aber dann schon drei Minuten vor Ultimo mit einem Happy End für Wetzlar beschließen, weil der kampfstarke, aber unter dem Strich spielerisch limitierte VfL keine Lücke mehr fand und Burics letzte Parade zur Blaupause für das gesamte Match taugte.   


Stimmen

Emir Kurtagic (VfL-Trainer): "Wir hatten uns so viel vorgenommen. Kampf und Leidenschaft waren auch da. Aber unsere Abwehrleistung war katastrophal und vorne haben wir viel zu viele Superchancen ausgelassen. Wir haben Buric zum Helden gemacht, während unsere Keeper nicht die gewohnten Leistungen gezeigt haben."

Kai Wandschneider (Trainer Wetzlar): "Wir hatten eine schwierige Woche mit vielen Turbulenzen. Dass Jannick Kohlbacher uns verlassen wird, war bekannt. Aber der angekündigte Abgang von Philipp Weber hat uns überrascht.   Aber meine Mannschaft hat heute wieder mal bewiesen, dass sie ein großes Herz hat. Wir haben auf viele Fragen  beeindruckende Antworten gegeben."

Frank Flatten (VfL-Manager): "Wir hatten in Balingen vorgelegt und wollten nachlegen. Das ist uns leider nicht gelungen. Heute hat die Mannschaft gewonnen, die einfach mehr wollte. Die Dinge müssen sich möglichst schnell wenden."

Björn Seipp (Manager Wetzlar): "Nach den klaren Niederlagen in Kiel und gegen Magdeburg war das genau die richtige Antwort. Das war ein verdienter Auswärtssieg, diese Mannschaft ist ein tolles Kollektiv."

VfL Gummersbach
Carsten Lichtlein (1. bis 14. und ab 38./4 Paraden, darunter 1 Siebenmeter)
Matthias Puhle (15. bis 38./2 Paraden, darunter 1 Siebenmeter)

Julius Kühn (7/4)
Simon Ernst (5)
Kevynn Nyokas (4)
Evgeni Pevnov (4)
Tobias Schröter (2)
Florian Baumgärtner (1)
Kevin Schmidt (1)
Christoph Schindler (1)
Andreas Schröder (1)
Alexander Becker (1)
Florian von Gruchalla



Wetzlar
Benjamin Buric (1. bis 60./18 Paraden)
Nikolai Weber (nur zu einem Siebenmeter)

Philipp Weber (6)
Stefan Cavor (5)
Jannik Kohlbacher (5)
Kristian Björnsen (4/3)
Kasper Kvist ( 3)
Filip Mirkulovski (1)
Emil Berggren (1)
Anton Lindskog (1)
Stefan Kneer (1)
Philipp Pöter (1)

Schiedsrichter: Lars Geipel/Marcus Helbig (Halle)

Zuschauer: 4.132 (ausverkauft)

Zeitstrafen: 8:6 (Pevnov, Ernst, Schroeder, Schmidt  -  Lindskog, Pöter, Klesniks)

Siebenmeter: 4/4 - 4/6 (Lichtlein hält gegen Björnsen, Puhle hält gegen Pöter)

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