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Vom BVB zur Nationalmannschaft

nh; 26. Jan 2016, 14:20 Uhr
Bild: Borussia Dortmund --- Stella Kramer ist Leistungsträgerin beim Dortmunder Bundesligisten. Ihre guten Leistungen führten zur Nominierung für einen Lehrgang der Nationalmannschaft.
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Vom BVB zur Nationalmannschaft

nh; 26. Jan 2016, 14:20 Uhr
Marienheide - Die 26-jährige Handballerin Stella Kramer wurde kurzfristig zum Lehrgang der Nationalmannschaft eingeladen - „Das ist wirklich unglaublich“, freut sich die Marienheiderin und absolvierte bereits die erste Einheit.
Von Nils Hühn

Und plötzlich rief der Bundestrainer an. „Das war ganz spontan“, kam die Nachnominierung zum Lehrgang der Frauen-Nationalmannschaft in Kamen-Kaiserau für Stella Kramer wie aus dem Nichts. „Das ist wirklich unglaublich.“ Bei ihrer Arbeitsstelle, der BVB-Geschäftsstelle, bekam sie kurzfristig Urlaub und wurde für das Training mit der deutschen Auswahl freigestellt. „Die Kollegen dachten, dass ich Urlaub wegen meiner Master-Arbeit hätte“, berichtete die 26-Jährige, dass aber schnell die Glückwünsche zur überraschenden Nominierung kamen.

Zeit hat sie diese Woche eigentlich nicht, aber wenn die Chance besteht, mit den besten Handballerinnen Deutschlands zu trainieren, dann muss man ein wenig improvisieren. Gestern Abend nahm sie beim ersten Training teil und überzeugte Bundestrainer Jakob Vestergaard, der am vergangenen Sonntag mit Kramers Trainerin Ildiko Barna gesprochen hatte. „Sie hält große Stücke auf mich“, freut sich die Linkshänderin über das Vertrauen und die lobenden Worte, die Barna über ihre Rechtsaußen-Spielerin abgegeben hatte, die letztlich zur Nachnominierung führten.


Das Krafttraining am heutigen Vormittag durfte Kramer „schwänzen“ und stattdessen an ihrer Master-Arbeit feilen, die sie bereits kommende Woche abgeben muss. Heute Abend wird sie wieder mit der Mannschaft trainieren. „Nach dem Ende des Lehrgangs am Mittwoch wird sich der Bundestrainer melden. Dann werden wir sehen, wie es weitergeht.“ Sechs Nationalspiele mit den Junioren stehen bereits in ihre Vita. Vielleicht kommt auch bald das erste Spiel mit der A-Nationalmannschaft hinzu.

Kramer spielt seit 2009 bei Borussia Dortmund Handball. In der vergangenen Saison glückte der Aufstieg in die 1. Bundesliga. „Der Druck war enorm, aber es war mein größter Erfolg“, so die Linkshänderin. Mit Clara Woltering, Nadja Nadgornaja und Anne Müller verstärkte sich der BVB prominent. „Clara ist ein wahnsinniger Rückhalt. Sie nimmt uns viel Druck“, lobt Kramer ihre Mannschaftskollegin, die ebenfalls am Lehrgang in Kamen teilnimmt.

Aufmerksam gemacht hat Kramer Bundestrainer Vestergaard mit ihren konstant guten Leistungen. Bis auf eine Partie spielte die 26-Jährige alle Bundesligapartien auf Rechtsaußen durch. „Sie gehört in der Liga sicher zu den richtig Guten auf der Rechtsaußen-Position“, sagte Ildiko Barna der WAZ. „Sie ist in den letzten eineinhalb Jahren sehr gereift, spielt abgeklärt, hat von uns viel Vertrauen bekommen und viel Verantwortung übernommen.“ Die Saison, derzeit steht der BVB auf dem sechsten Platz, geht aber auch am Konditions-Wunder nicht ohne Spuren vorbei: „Jedes Spiel 60 Minuten zu spielen, schlaucht ganz schön“, ist Kramer froh, wenn sie kommende Woche ihre Studium beendet hat und damit eine Baustelle wegfällt.

Wenn sie nicht auf der Platte steht, arbeitet sie an drei Tagen der Woche in der Geschäftsstelle des BVB und betreut vor allen Dingen die Fußball-Camps. „Wir haben 50 Trainer und 80 Partnervereine. Ich bin oft im Ausland“, beschreibt sie ihren Beruf, bei dem sie auch ab und an mit den Fußball-Profis Kontakt hat, was aber eher die Ausnahme ist. Da die Trainingsstätten der Fußballer und Handballer ebenfalls nicht nah beieinanderliegen, gibt es hier wenig Überschneidungen, was Kramer aber nicht stört.

Trotz der zuletzt knüppelharten Monate hat sie auch Zeit für die Familie in Marienheide. Auf Bitten ihrer jüngsten Schwester Ylva hatte sie sich überreden lassen, noch einmal in das Turn-Outfit zu schlüpfen. Mit ihrer anderen Schwester Regine und zwei weiteren Frauen nahm das Quintett als einziges oberberigsches Damen-Team für den TV Rodt-Müllenbach am Landesfinale des Rheinischen Turnerbundes teil. „Die Übungen kann ich noch im Schlaf“, berichtete Kramer beiläufig. Ohne jegliches Training erreichte das Team Platz drei und sicherte sich die Bronzemedaille. Aber dieser Ausflug soll eine Ausnahme gewesen sein. „Jetzt konzentriere ich mich nur auf den Handball“, erklärte die Linkshänderin. Vielleicht dann nicht mehr „nur“ im Trikot des BVB, sondern bald auch im Dress der Nationalmannschaft.
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