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Den Meister (fast) zur Weißglut getrieben

uk; 16. May 2015, 07:12 Uhr
Kräftemessen am Kreis: Larsson gegen Wienczek --- Bilder: Michael Kleinjung.
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Den Meister (fast) zur Weißglut getrieben

uk; 16. May 2015, 07:12 Uhr
Gummersbach - Nach einem starken Spiel verliert der VfL erst spät gegen den THW - 'RPP - Ambulantes Therapie- und Reha-Zentrum', AggerEnergie und die Sparkasse Gummersbach-Bergneustadt präsentieren die Berichterstattung über den VfL Gummersbach (AKTUALISIERT).



von Uli Klein

VfL Gummersbach - THW Kiel 26:32 (15:13).

Es hat nicht sollen sein: Trotz einer überweite Strecken starken Vorstellung unterlag der VfL Gummersbach in der Handballbundesliga dem THW Kiel mit 26:31 (12:15). Während dem THW der 20. Meistertitel nun kaum noch zu nehmen ist, rangiert der VfL weiter im Mittelfeld der Tabelle.  



[Andreas Schröder war zweimal erfolgreich]

Emir Kurtagic hatte sich alle Mühe gegeben, dass seine Spieler möglichst unbeschwert in das Match mit dem Branchenprimus gehen würden. "Das ist  für uns ein Bonusspiel, in dem wir eigentlich nichts zu verlieren haben", beschrieb der VfL-Coach die Gefühlslage bei den Blau-Weißen vor dem Anwurf. Und tatsächlich präsentierten sich seine Athleten gegen die derzeit wohl stärkste Vereinsmannschaft der Welt lange Zeit ohne jeden Skrupel und boten dem Starensemble von der Küste heftige Gegenwehr, mussten sich dem designierten Meister aber letztendlich mit 26:32 (15:13) geschlagen geben.




[Wieder einmal war Raul Santos bester VfL-Torschütze]

Das klare Endergebnis ließ aber nicht mal ansatzweise erahnen, wie couragiert die Gummersbacher Widerstandskämpfer dem übermächtigen Rivalen Gegenwehr geleistet hatten. Alfred Gislason war nach dem Kräftemessen denn auch gänzlich durchgeschwitzt und rang sich ein ehrliches Geständnis ab: "Mir ist ein riesengroßer Stein vom Herzen gefallen. Wir wussten zwar, dass es hier schwer würde, aber dass es so schwer werden würde, hat uns schon überrascht. Riesenrespekt an den VfL für eine tolle Leistung", lobte der Kieler Coach die blau-weiße Chuzpe.  Damit meinte der Isländer insbesondere die ersten 30 Minuten, in denen die Kurtagic-Jungs  eine tolle Vorstellung ablieferten.

Gestützt auf eine ohnehin schon giftig-aggressive Abwehr wussten die VfLer auch noch einen phantastischen Torwart  hinter sich. Carsten Lichtlein wartete mit einer echten  Weltklasseleistung auf und ließ die Hochkaräter von der Foerde von Minute zu Minute mehr und mehr an den eigenen Fähigkeiten zweifeln. Gislason selbst quittierte die Frechheiten des VfL-Keepers gegenüber seinen edlen Angreifen mal mit süffisantem Abwinken, mal mit fiebrig gerötetem Gesichtsausdruck: "Ich habe tatsächlich geglaubt, im falschen Film zu sein und nur gehofft, dass Lichtlein dieses Niveau nicht würde halten können.


Zumindest im ersten Durchgang  konnte Carsten L. aber seine grandiosen Fähigkeiten immer wieder demonstrieren. Besonders auffällig dabei, dass der VfL-Torhüter mehr als ein halbes Dutzend Ein-gegen-eins Duelle mit den THW-Schützen zu seinen Gunsten entschied.  So kam es, dass der Außenseiter plötzlich  ungeahnte Resourcen freisetzte und die sichtlich verdutzten Zebras über 3:1, 5:3 und 7:5 auf Distanz hielt. Zwar gelang Kiel beim 8:8 (17.) dann zwar mal kurzzeitig der Gleichstand. Doch der VfL ließ sich wenig  beeindrucken und legte bis zur 23. Minute (12:8) wiederum vier Treffer. Was die VfL-Sympathisanten in der ausverkauften Halle (4132 Fans) vor Freunde schäumen, die Kieler Delegation aber vor Wut schäumen ließ. In den verbleibenden Minuten bis zum Gang in die Kabine gelang es dem Topteam zwar -  nicht zuletzt durch einige wohlwollende Schiedsrichterpfiffe - noch bis auf zwei Treffer heranzukommen, "dennoch hat es bei uns in der Kabine ein bisschen gebrummt", gab der THW-Cheftrainer zu.

Und die geräuschvolle Pausenansprache zeigte die gewünschte Wirkung bei den Gästen. Zwar gelang Andreas Schröder noch das schnelle 16:13, aber dann nahm der Kieler-Express gewaltig Fahrt auf. Mit einem 7:0-Lauf wies man den forschen Hallenherren binnen zehn Minuten die Grenzen auf. Bults Siebenmetertreffer zum 17:20 (41.)  beendete zwar die Gummersbacher Torflaute, der weitere Spielfilm war jetzt aber der schon v orher erwartete.


[Youngster-Treffen: Rune Dahmke und Tobias Schroeter erhielten viele Einsatzzeiten]

Während der zuvor rotzfreche Santos nun gleich drei erstklassige Gelegenheiten liegen ließ, ließ der THW nun erbarmungslos die Muskeln spielen. Aber selbst jetzt hielten die Gummersbacher tapfer dagegen und setzen noch einige beifallumrauschte Akzente. So überlistete der junge Tobias Schröter Kiels Goalie Palicka mit einem famosen Heber und Lichtlein arbeitete nach einer schöpferischen Pause wieder an seiner Paradenstatistik. Und als Nachwuchstalent  Maximilian Jaeger seinen Strafwurf  zum 26. VfL-Torwart clever verwandelte, war der Gummersbacher Anhang endgültig versöhnt und verabschiedete die Mannschaft mit viel Applaus. Dem schloss sich auch  Kurtagic an, "obwohl wir am Ende sicher mit zwei der drei Treffern zu hoch verloren haben".   



VfL Gummersbach: Carsten Lichtlein (1. bis 60., 14 Paraden), Matthias Puhle (nur bei einem Siebenmeter); Raul Santos (8/4), Mark Bult (4/1), Tobias Schroeter (3), Julius Kühn, Joakim Larsson, Andreas Schröder, Florian von Gruchalla (je 2), Alexander Becker und Simon Ernst (je 1), Maximilian Jaeger (1/1), Andreas Heyme, Gunnar Stein Jonsson, Magnus Persson (n. e.).

THW Kiel: Andreas Palicka (1. bis 60., 11 Paraden), Kim Sonne-Hansen (nur bei zwei Siebenmetern); Joan Canellas (7/4), Niclas Ekberg (6), Rune Dahmke (5 Filip Jicha und Steffen Weinhold (je 4), Patrick Wienczek (2), Domagoj Duvnjak, Christian Sprenger, Aron Palmarsson und Marko Vujin (je 1), Rasmus Lauge Schmidt und Rene Toft Hansen.


Siebenmeter: 6:5 - 5:4 (Santos wirft über das Tor - Lichtlein hält gegen Vujin)

Zeitstrafen:  6:4 (Bult, Ernst, Kurtagic - Duvnjak, Toft Hansen)

Schiedsrichter: Andreas Pritschow/Marcus Pritschow.

Zuschauer: 4.132 (ausverkauft).

Spielfilm: 2:2 (6.), 5:3 (10.), 7:5 (14.), 8:8 (18.), 12:8 (23.), 12:10 (25.), 13:12 (25.), 15:13 - 16:13 (31.), 16:20 (39.), 18:22 (45.), 19:24 (47.), 21:26 (52.), 25:30 (57.), 26:32.    


[Am Ende standen die Blau-Weißen doch mit leeren Händen da]

Stimmen zum Spiel:

Alfred Gislason (Trainer THW Kiel): „Mir ist heute ein Stein vom Herzen gefallen. Wir wussten, dass uns ein sehr schweres Spiel erwartet. Gummersbach hat Vollgas gegeben und Charakter gezeigt. Ich war froh, dass wir nur mit zwei Toren zurücklagen, denn der VfL war in der ersten Halbzeit klar besser. Sie haben super gedeckt, Lichtlein hat stark gehalten, und wir waren fast immer einen Schritt zu spät. Nach dem Wechsel haben wir uns deutlich gesteigert. Die Deckung stand, Palicka hat sich noch einmal gesteigert und vorne waren wir dann auch erfolgreich. Dennoch denke ich, dass der Sieg etwas zu hoch ausfiel. Kompliment an Emir und seine Mannschaft.“

Emir Kurtagic (Trainer VfL Gummersbach): „Wir können alles in allen sehr zufrieden sein. Wie haben super in dieses Spiel gefunden und alles in die Waagschale geworfen. Wir haben sehr gut und aggressiv verteidigt, Carsten hat super gehalten und die erste Hälfte ging verdient an uns. Nach dem 7:0-Lauf für Kiel war das Spiel dann gedreht und entschieden. Dennoch haben wir weiter gekämpft, uns gut gewehrt und Charakter bewiesen. Am Ende konnte ich sogar noch jungen und länger verletzten Spielern die Einsatzchance bieten. Es war unter dem Strich ein toller Abend.“

Thorsten Storm (Manager THW Kiel): „Natürlich bin ich auch froh, dass wir gewonnen haben. Es war offenbar schwer für die Jungs, eine so lange Zeit kein Spiel zu haben. Vielleicht lag es auch daran in Halbzeit eins. Dennoch wusste ich genau, dass wir nicht zwei so schlechte Halbzeiten spielen werden. Kompliment aber auch von mir an den VfL.“

Frank Flatten (Manager VfL Gummersbach): „Kompliment an Emir und seine Mannschaft und auch ein Riesenkompliment an dieses großartige Publikum. Wir haben eine sehr starke erste Halbzeit gezeigt, ehe dann der THW doch noch seiner Favoritenrolle gerecht wurde. Man hat gesehen, dass diese Mannschaft in einem positiven Entwicklungsprozess steckt und über großes Potenzial verfügt. Wir freuen uns, dass alle Beteiligten und natürlich die Fans diesen Weg mit uns gehen.“




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