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Flensburg zu abgezockt für den VfL Gummersbach

pn; 12. Apr 2015, 23:22 Uhr
Bilder: Michael Kleinjung ---- Julius Kühn erlebte einen gebrauchten Tag.
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Flensburg zu abgezockt für den VfL Gummersbach

pn; 12. Apr 2015, 23:22 Uhr
Gummersbach - Die ersatzgeschwächte Kurtagic-Truppe darf lange schnuppern, ist letztlich aber zu unerfahren gegen die SG - 'RPP - Ambulantes Therapie- und Reha-Zentrum', AggerEnergie und die Sparkasse Gummersbach-Bergneustadt präsentieren die Berichterstattung über den VfL Gummersbach.
Von Peter Notbohm

Ohne Defensive und Torhüter gewinnt man keine Spiele. Diese leidvolle Erfahrung musste heute die Mannschaft von Emir Kurtagic machen. Nach der Niederlage gegen die SG Flensburg-Handewitt rangiert der VfL Gummersbach weiter auf einem ordentlichen zehnten Rang, hat aber auch kaum noch Optionen in der Tabelle. Die Gäste aus Norddeutschland verteidigten durch den Erfolg dagegen ihren dritten Rang hinter dem Spitzenduo aus Kiel und Mannheim.

VfL Gummersbach – SG Flensburg-Handewitt 24:32 (13:15).

[Alexander Becker war genau wie Joakim Larsson meist beim Flensburger Mittelblock abgemeldet.]

Noch vor wenigen Wochen gastierte die SG Flensburg-Handewitt bereits im DHB-Pokal beim VfL Gummersbach. Ganz so chancenlos wie beim Viertelfinalaus war die Mannschaft von Emir Kurtagic im Ligaspiel zwar nicht, dennoch gewann man nie das Gefühl, dass die Oberberger die favorisierten Gäste wirklich ärgern könnten. Vielmehr lebten die Gastgeber vor allem von den Fehlern des Tabellendritten. Dabei konnte der VfL auch ohne seine beiden Routiniers Mark Bult und Christoph Schindler die Anfangsphase sogar noch ausgeglichen gestalten. Gerade Bult-Ersatz Magnus Persson hatte in den ersten Minuten seine beste Phase und sorgte mit Raul Santos, der seine Leistung als einziger VfL-Akteur konstant zu bringen wusste, dafür, dass der Altmeister bis zum 4:3 (6.) in Führung lag.

Nun nahmen die Gäste allerdings allmählich das Heft des Handelns in die Hand. Während sich Gummersbach jeden Treffer mühsam erarbeiten musste, nutzen die Gäste mit einfachsten Bewegungen jeden noch so kleinen VfL-Schnitzer in der Defensive gnadenlos aus oder schonten ihre Kräfte mittels der schnellen Mitte mit blitzartigen Überfallangriffen.  Sport1-Experte Daniel Stephan sollte die Defensivbemühungen des VfL nach der Partie als "konfus" charakterisieren. Kapitän Carsten Lichtlein wurde von seinen Vorderleuten gleich reihenweise im Stich gelassen, hatte heute aber auch nicht gerade das Glück auf seiner Seite. Nach einer Viertelstunde räumte der Nationalkeeper ohne jede Parade entnervt seinen Kasten für Mathias Puhle, der aber auch noch bis zur 25. (!) Minute brauchte, ehe endlich ein gehaltener Ball in der Statistik notiert werden durfte.


[Linksaußen Raul Santos lieferte eine solide Partie ab.]

Ein technischer Fehler Perssons und ein schwacher Wurf von Andreas Schröder brachten Flensburg indes in Front. Anders Eggert per Siebenmeter sowie zwei Tore von Drasko Nenadic sorgten für das zwischenzeitliche 5:8 (14.). Erst die erste Überzahlsituation der Partie – Gottfridsson drückte die Strafbank – sorgte dafür, dass Gummersbach nach dem 7:10 (16.) wieder verkürzen konnte. Dabei hatte der VfL allerdings auch Glück, dass Flensburg ausgiebig die Latte auf ihre Standfestigkeit prüfte. Simon Ernst traf stürmerfoulverdächtig zum 9:10 (22.), doch der Ausgleich sollte nicht gelingen. Dabei bettelte Flensburg in der Folge geradezu um das Unentschieden. Doch mit den zahlreichen Geschenken wusste die Kurtagic-Truppe nichts anzufangen, sondern passte den Ball meist schnell dem Gegner zurück.



Auch wenn der Ausgleich verwehrt blieb, konnte man im VfL-Lager mit dem knappen Pausenrückstand vermeintlich gut leben, schließlich bestand großes Steigerungspotential auf fast allen Positionen. Doch der zweite Durchgang begann schnell mit einem Schrittfehler Perssons und Flensburg legte nach dem 17:18 (37.) mit Treffern von Eggert, Svan, Kaufmann und Elahmar trotz Unterzahl einen Zwischenspurt zum 17:21 (41.) hin. Die Partie schien entschieden, zumal nun auch Gunnar Jonsson auf die Strafbank geschickt wurde. Doch Flensburg ließ die Gastgeber noch einmal Morgenluft schnuppern. Nach zwei technischen Fehlern verkürzten Florian von Gruchalla per Siebenmeter und per Gegenstoß sowie sowie Raul Santos urplötzlich zum 20:21 (44.).

Die Begegnung schien abermals auf Messers Schneide, doch der VfL hatte sein Pulver endgültig verschossen. Zehn Minuten blieb das Kurtagic-Team nun ohne eigenen Treffer, während Flensburg seinen Vorsprung zum 20:27 (54.) ausbaute, ehe Jonsson endlich den Bann zu durchbrechen wusste. Das Spiel war zu diesem Zeitpunkt längst entschieden und die Niederlage letztlich nur noch eine Frage der Höhe. Probleme offenbarten die Oberberger heute vor allem auf der Königsposition, wo Andreas Schröder und Julius Kühn mit ganz schwachen Wurfquoten zu kämpfen hatten. Auf Halbrechts mühte sich Persson zwar redlich, stand gegen die robuste SG-Deckung letztlich aber auf verlorenem Posten und leiste sich neben einigen Fehlwürfen auch mehrere technische Fehler. Fast gänzlich abgemeldet waren hingegen die Außenpositionen. Raul Santos erzielte zwar mehrere Treffer, diese aber meist durch clevere Einlaufsituationen oder per Gegenstoß. Alles in allem einfach zu wenig gegen eine ebenfalls verletzungsgebeutelte, dafür aber deutlich abgezocktere SG Flensburg-Handewitt.


[Carsten Lichtlein stand auf verlorenem Posten. Der Keeper verbuchte lediglich zwei Paraden in 30 Minuten.]

Stimmen

Ljubomir Vranjes (Trainer SG): Zu so einem Traditionsverein kommen wir immer gerne. Gummersbach hat sehr lange gut gespielt. Wir wollten 60 Minuten Druck machen. Mit unserer Abwehr war ich sehr zufrieden in der ersten Halbzeit. Im Angriff haben wir uns nach der Pause einige Fehler zuviel erlaubt, die Gummersbach sofort bestraft hat. Matthias Andersson hat uns mit seinen Paraden nachher Sicherheit gegeben. Das Ergebnis ist am Ende etwas zu hoch ausgefallen.

Dirk Schmächke (Geschäftsführer SG): Ich denke wir haben ein tolles Handballspiel gesehen. Mich hat gefreut, dass man merkte, dass wir nach den schweren Monaten den Spaß am Handball wiedergefunden haben. Wir kämpfen nun bis zum Ende um den dritten Champions League Platz.

Emir Kurtagic (Trainer VfL): Was wir heute über 60 Minuten präsentiert haben, hat nicht gereicht, um der SG gefährlich zu werden. Beim 20:21 in Überzahl verlieren wir diese Phase 0:2 und hatten damit den Knackpunkt der Partie. Flensburg ist bekannt für sein Gegenstoßspiel und die Bestrafung solcher Fehler. Es hätte heute etwas spannender sein können, aber aus Gründen, auf die ich nicht eingehen möchte, fiel es am Ende etwas zu deutlich aus. Wir müssen dieses Spiel nun verarbeiten und uns gut auf Lemgo, die heute deutlich gewonnen haben, vorbereiten.

Frank Flatten (Manager VfL): Glückwunsch zum verdienten Sieg. Es war ein gutes Spiel, mit einem anderen Zustandekommen als im Pokal. Wir haben in der ersten Hälfte an unserer Leistungsgrenze gekratzt. Flensburg hat mit viel Spielwitz gespielt und uns phasenweise überrannt. Das hat schon Spaß gemacht zuzusehen. Was mich etwas ärgert, ohne dass ich den Sieg diskreditieren möchte, war, dass bei einigen Entscheidungen nicht die gleiche Linie an den Tag gelegt wurde, auch wenn das im Handball nicht immer leicht ist.


[Auch Andreas Schröder biss sich an der SG-Deckung die Zähne aus und erzielte seine beiden Treffer erst in den Schlussminuten.]

VfL Gummersbach

Carsten Lichlein (1.-16. Und 45.-60. Minute, zwei Paraden)
Matthias Puhle (16.-45. Minute, vier Paraden)
Tobias Schröter
Simon Ernst (3)
Julius Kühn (1)
Magnus Persson (4)
 Joakim Larsson (1)
Gunnar Stein Jonsson (2)
Florian von Gruchalla (3)
Alexander Becker (2)
Andreas Schröder (2)
Raul Santos (6/1)

SC Magdeburg

Mattias Andersson (1.-60 Minute, zwölf Paraden)
Kevin Moeller (n.e.)
Tobias Karlsson
Drasko Nenadic (3)
Anders Eggert (7/3)
Thomas Mogensen (5)
Lasse Svan (5)
Hampus Wanne (1)
Lars Kaufmann (2)
Anders Zachariassen (5)
Jim Gottfridsson
Ahmed Elahmar (4)

Zuschauer:
4132. (ausverkauft)

Schiedsrichter:
Hans-Peter Brodbeck / Simon Reich.

Siebenmeter
4/2 – 4/3 (Santos scheitert an Andersson und der Latte – Eggert hebt den Ball einmal übers Tor).

Strafen
2:6 Minuten (Jonsson – Gottfridsson, Zachariassen, Karlsson).

Ergebnisse und Tabelle
  
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