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Von der Rolle: VfL bleibt Liebling der Kellerkinder

pn; 22. Mar 2015, 00:04 Uhr
Bilder: Michael Kleinjung ----
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Von der Rolle: VfL bleibt Liebling der Kellerkinder

pn; 22. Mar 2015, 00:04 Uhr
Gummersbach – Mit einer weitestgehend desolaten zweiten Hälfte wirft die Mannschaft von Emir Kurtagic das Spiel gegen Minden weg - 'RPP - Ambulantes Therapie- und Reha-Zentrum', AggerEnergie und die Sparkasse Gummersbach-Bergneustadt präsentieren die Berichterstattung über den VfL Gummersbach.
Von Peter Notbohm

Die letzten Europapokalträume der VfL-Fans dürften spätestens seit heute Abend ausgeträumt sein. Durch die Heimniederlage gegen GWD Minden stagnieren die Oberberger auf dem achten Rang, während die Ostwestfalen wichtige Punkte im Kampf um den Abstieg sammelten. Überhaupt entwickelt sich der VfL Gummersbach mehr und mehr zum Lieblingsgegner der Kellerkinder, die mittlerweile in schöner Regelmäßigkeit gegen das Team von Emir Kurtagic punkten können. Bislang allerdings meist auswärts. Mit Minden gelang es erstmals einem Abstiegskandidaten in der Schwalbe Arena, die Punkte zu entführen.



VfL Gummersbach – TSV GWD Minden 27:32 (13:15).

[Alexander Becker scheiterte mehfach freistehend.]

„Dafür gibt es keine Ausreden“, suchte Kurtagic nach dem Schlusspfiff gar nicht erst nach Entschuldigungen für eine mehr als uninspirierte Leistung seiner Mannschaft, der die einwöchige Pause alles andere als gut getan hat. Dem VfL fehlte es gegen das Team von Frank Carstens an allen Ecken und Enden. Spielerisch fiel dem Rückraum kaum etwas gegen keineswegs überragende Gäste ein. Kämpferisch hielten auch die wenigsten VfL-Recken wirklich dagegen und in der Defensive wurde zwar gearbeitet, das allerdings meist ohne Körperkontakt zum Gegner. „Minden bekommt mindestens 20 Mal passiv angezeigt und wirft gefühlt trotzdem 20 Tore aus diesen Angriffen, weil wir sie nicht anpacken“, haderte Kurtagic mit der körperlosen Deckung seines Teams, das auch nur eine einzige Zeitstrafe kassierte.

Dabei lief die Partie eigentlich ganz nach dem Geschmack des Gummersbacher Handballlehrers an. Trotz fahrigen Anfangsminuten auf beiden Seiten erwischten die Hausherren den besseren Start und Mark Bult setzt mit einem Unterhandknaller eine erste Duftmarke – dies sollte allerdings auch einer der ganz wenigen Lichtblicke des Halbrechten bleiben. Über 3:1 (4.)  war dennoch beim 5:2  (6.) durch den heute fast gänzlich abgemeldeten Raul Santos der Start geglückt. In der Folge häuften sich aber auch schnell die heutigen Defizite, so dass GWD beim 5:5 (10.) bereits wieder im Spiel war.

[Die Enttäuschung stand der Mannschaft nach dem Abpfiff ins Gesicht geschrieben.]

Von nun an waren es die Gäste, die den biederen Takt vorgaben. Ohne spielerische Eleganz trugen die Ostwestfalen ihre Angriffe vor und wurden häufig erst durch den Arm der Schiedsrichter zum Torabschluss gezwungen, dies allerdings meist mit Erfolg. Gerade Arne Niemeyer und Dalibor Doder zeigten ihre ganze Routine. „Das ist auch eine Qualität“, hätte Kurtagic solche Effizienz gerne auch bei seinem Team gesehen. Über 6:9 (15.) gelang dem eingewechselten Julius Kühn zwar der nötige Impuls zum 9:9-Ausgleich (18.), dennoch kam nie das Gefühl auf, die Blau-Weißen würden nun das Kommando übernehmen. Über 13:13 (27.) blieb die Partie ausgeglichen, ehe zunächst Kühn an GWD-Keeper Eijlers scheiterte, Magnus Persson den Pfosten prüfte und Alexander Becker mit der Halbzeitsirene völlig freistechend die Nerven versagten. Summa summarum ein völlig unnötiger Halbzeitrückstand.

Dennoch vertraute Emir Kurtagic seiner Sieben und wechselte lediglich Matthias Puhle ins Gummersbacher Gehäuse ein. Der Ersatzkeeper führte sich zwar direkt mit einer Parade ein, musste dann aber ebenfalls hilflos die konfusen Offensivbemühungen seiner Vorderleute mitansehen. Blieb der Rückstand bis zum 15:17 (37.) noch konstant, läutete eine Zeitstrafe gegen Julius Kühn die mit Abstand schwächste VfL-Phase ein. Während die Defensive ihren Keeper völlig im Stich ließ, spielte der Angriff Harakiri und lud Minden mittels Fehlpässen geradezu ein. Beim 16:22 (43.) zog Kurtagic auch erst recht spät die Reißleine. Und selbst dann dauerte es noch drei weitere Minuten, bis die Gummersbacher Flügelzange Santos / von Gruchalla den Bann zum 18:23 (47.) endlich brechen konnte.

Über 22:27 (52.) ließ sich Minden aber keineswegs die Butter vom Brot nehmen. Da halfen auch einige Treffer des eingewechselten Magnus Persson nicht mehr. Spätestens als Raul Santos per Heber einen Siebenmeter vollstrecken wollte, GWD-Keeper Jens Vortmann den Braten aber roch und den Ball genüsslich fing (55.) war die Partie entschieden. Da tat dann auch ein weiterer völlig freier Fehlwurf von Alexander Becker nicht mehr weh. Die Schlussminuten plätscherten nur noch vor sich hin, ohne dass die Gastgeber noch einmal nennenswert verkürzen konnten. „Wir kassieren 32 Gegentore zu Hause. Das ist viel zu viel und bisher auch nur wenigen Gegnern gelungen“, ärgerte sich Kurtagic noch einmal abschließend über die lasche Einstellung seiner Defensive.
 
[Arne Niemeyer durfte gegen Mark Bult meist nach Belieben werfen.]

Stimmen:

Frank Carstens (Trainer GWD Minden): Natürlich sind wir sehr erleichtert, dass wir dieses Spiel gewinnen konnten. Wir haben viele tolle Sachen gemacht, aber auch Phasen gehabt, die typisch für ein Team sind, das im Keller steht. Wir hatten heute gute Antworten. Wir haben geantwortet auf die starke Anfangsphase des VfL, ihr druckvolles Angriffsspiel und die nicht von uns erwartete Deckungsvariante. Das wird eine schöne Rückfahrt, denn so oft gewinnt man als Kellerkind nicht auswärts.

Emir Kurtagic: Glückwunsch an Minden zu zwei Punkten. Wir haben heute einen sehr müden Eindruck hinterlassen. Über 60 Minuten haben wir schwach beziehungsweise unglücklich verteidigt. Es war etwa 20 Mal Passiv gegen Minden angezeigt und wir kassieren gefühlt 20 Gegentore. Es waren Kleinigkeiten, die uns weh getan haben. Minden ist eine unheimlich erfahrene Mannschaft. Sie haben stets die Geduld behalten. Das ist eine Qualität. Bei uns fehlte die Aggressivität. Wir haben viele Zweikämpfe nicht gewonnen. Das war unsere schwächste Leistung diese Saison vor eigenem Publikum.

Frank Flatten: Wir sind heute logischerweise sehr enttäuscht, denn wir hatten uns mehr versprochen. Das war nicht das Spiel, das wir kennen. Wir dürfen aber auch nicht vergessen, was wir für eine gute Saison spielen. So weit oben hat uns niemand erwartet. Wir müssen unseren Weg weitergehen. Heute war es eine Niederlage, aber es werden auch wieder Siege kommen.


[Mit Christoph Schindler fehlte in der Offensive jemand, der sich auch einmal die Deckung hineinschmeißt - Die VfL-Fans standen mit Ausnahme einzelner Pfiffe trotz der schwachen Leistung hinter ihrem Team.]

VfL Gummersbach

Carsten Lichlein (1.-30. Minute, 6 Paraden)
Matthias Puhle (30.-60. Minute, 7 Paraden)
Simon Ernst (1)
Tobias Schröter (n.e.)
Julius Kühn (2)
Magnus Persson (4)
 Joakim Larsson
Armand Aaron Civil (n.e.)
Gunnar Stein Jonsson (1)
Florian von Gruchalla (5)
Mark Bult (3)
Alexander Becker (1)
Andreas Schröder (5)
Raul Santos (5/2)

TSV GWD Minden

Jens Vortmann (1.-23. Minute, 3 Paraden, darunter ein Siebenmeter)
Gerrie Eijlers (30.-60. Minute,10 Paraden)
Moritz Schäpsmeier (1)
Miladin Kozlina
Christoffer Rambo
Christoph Steinert (2)
Yves Kunkel (3)
Magnus Jernemyr
Arne Niemeyer (8)
Aljoscha Schmidt (1/1)
Aleksandar Svitlica (5)
Marco Anton Oneto Zuniga (2)
Dalibor Doder (7)
Nenad Bilbija (3)
 
Zuschauer:
3920.

Schiedsrichter:
Florian Gerhard / Tobias Küster.

Siebenmeter
2/3 – 1/1 (Santos scheitert an Vortmann).

Strafen
2:6 Minuten (Kühn - 2x Schäpsmeier, Svitlica).
  
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